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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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VII. Der Verlagsvertrag. §. 30. Subjecte: 1. Der Autor.

Gleichwohl begegnet man nicht selten der irrigen Auffas-
sung, als ob auch der Finder eines fremden Manuscriptes ein
ausschliessliches Recht der Vervielfältigung in Anspruch neh-
men könne.

Bald nach Peter v. Cornelius Tode (im März 1867) wurden
in der Kölner Zeitung Briefe desselben an einen Jugendfreund
veröffentlicht, welche ein Nachkomme des Adressaten nach
mehr als sechszig Jahren als verlassenes Gut auf dem Haus-
boden gefunden hatte. Diese Briefe zeugten ebensosehr von
der reichen geistigen Bildung, die der damals erst zwanzigjäh-
rige Künstler sich ausserhalb der gebahnten Wege der Schule
zu erwerben gewusst hatte, als auch von dem Mangel einer
zunftmässigen Schulbildung, der sich in einer ganz regellosen
Orthographie offenbarte. Diese Regellosigkeit der Schreibweise
des jugendlichen Künstlers hatte der ebenso jugendliche Her-
ausgeber mit diplomatischer Treue wiedergegeben, und damit
angezeigt, dass er sich jeder Bearbeitung enthalten habe, die
für ihn als Herausgeber ein Recht der ausschliesslichen Ver-
vielfältigung begründen könnte. Wenn gleichwohl die Veröf-

forme, en faveur de celui qui l'invoque, une grave presomption qui
impose a ceux qui la contestent l'obligation de prouver que la pos-
session dont on excipe contre eux est irreguliere ou illegitime;
"Attendu que les heritiers Broussais ne font pas cette preuve; que
le droit de Montegre a la propriete du manuscrit est justifie d'ail-
leurs suffisamment par sa position aupres de Broussais, par la bien-
veillance que celui-ci lui temoignait et l'intimite qui regnait entre
eux; que la fraude ne se presume pas; que cependant denier a Mon-
tegre la propriete du manuscrit qu'il a publie, ce serait supposer
qu'il s'en est empare ou qu'il l'a retenu par un abus de confiance[,]
allegation qui n'est pas manifeste et que repousseraient d'ailleurs sa
position est son caractere ... etc."

Nach der Praxis der Englischen Gerichte wird die Erwerbung
des Manuscriptes ohne schriftliche Uebertragung des Rechtes der
Vervielfältigung mit Rücksicht auf die oben (S. 315 Note 1) angeführten
Gesetze zur Uebertragung des geistigen Eigenthumes nicht für ausrei-
chend erachtet, auch wenn kein Zweifel darüber besteht, dass die Ver-
äusserung zum Zweck der Veröffentlichung erfolgt war. Doch wurde
in einem Falle von dem Mangel der schriftlichen Uebertragung abge-
sehen, weil der wegen Nachdrucks belangte Verklagte selbst das Ver-
lagsrecht mündlich veräussert und das Honorar empfangen hatte. --
Godson, A Treatise etc. p. 429.
VII. Der Verlagsvertrag. §. 30. Subjecte: 1. Der Autor.

Gleichwohl begegnet man nicht selten der irrigen Auffas-
sung, als ob auch der Finder eines fremden Manuscriptes ein
ausschliessliches Recht der Vervielfältigung in Anspruch neh-
men könne.

Bald nach Peter v. Cornelius Tode (im März 1867) wurden
in der Kölner Zeitung Briefe desselben an einen Jugendfreund
veröffentlicht, welche ein Nachkomme des Adressaten nach
mehr als sechszig Jahren als verlassenes Gut auf dem Haus-
boden gefunden hatte. Diese Briefe zeugten ebensosehr von
der reichen geistigen Bildung, die der damals erst zwanzigjäh-
rige Künstler sich ausserhalb der gebahnten Wege der Schule
zu erwerben gewusst hatte, als auch von dem Mangel einer
zunftmässigen Schulbildung, der sich in einer ganz regellosen
Orthographie offenbarte. Diese Regellosigkeit der Schreibweise
des jugendlichen Künstlers hatte der ebenso jugendliche Her-
ausgeber mit diplomatischer Treue wiedergegeben, und damit
angezeigt, dass er sich jeder Bearbeitung enthalten habe, die
für ihn als Herausgeber ein Recht der ausschliesslichen Ver-
vielfältigung begründen könnte. Wenn gleichwohl die Veröf-

forme, en faveur de celui qui l’invoque, une grave présomption qui
impose à ceux qui la contestent l’obligation de prouver que la pos-
session dont on excipe contre eux est irrégulière ou illégitime;
»Attendu que les héritiers Broussais ne font pas cette preuve; que
le droit de Montègre à la propriété du manuscrit est justifié d’ail-
leurs suffisamment par sa position auprès de Broussais, par la bien-
veillance que celui-ci lui témoignait et l’intimité qui régnait entre
eux; que la fraude ne se présume pas; que cependant dénier à Mon-
tègre la propriété du manuscrit qu’il a publié, ce serait supposer
qu’il s’en est emparé ou qu’il l’a retenu par un abus de confiance[,]
allégation qui n’est pas manifeste et que repousseraient d’ailleurs sa
position est son caractère ... etc.«

Nach der Praxis der Englischen Gerichte wird die Erwerbung
des Manuscriptes ohne schriftliche Uebertragung des Rechtes der
Vervielfältigung mit Rücksicht auf die oben (S. 315 Note 1) angeführten
Gesetze zur Uebertragung des geistigen Eigenthumes nicht für ausrei-
chend erachtet, auch wenn kein Zweifel darüber besteht, dass die Ver-
äusserung zum Zweck der Veröffentlichung erfolgt war. Doch wurde
in einem Falle von dem Mangel der schriftlichen Uebertragung abge-
sehen, weil der wegen Nachdrucks belangte Verklagte selbst das Ver-
lagsrecht mündlich veräussert und das Honorar empfangen hatte. —
Godson, A Treatise etc. p. 429.
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[326/0342] VII. Der Verlagsvertrag. §. 30. Subjecte: 1. Der Autor. Gleichwohl begegnet man nicht selten der irrigen Auffas- sung, als ob auch der Finder eines fremden Manuscriptes ein ausschliessliches Recht der Vervielfältigung in Anspruch neh- men könne. Bald nach Peter v. Cornelius Tode (im März 1867) wurden in der Kölner Zeitung Briefe desselben an einen Jugendfreund veröffentlicht, welche ein Nachkomme des Adressaten nach mehr als sechszig Jahren als verlassenes Gut auf dem Haus- boden gefunden hatte. Diese Briefe zeugten ebensosehr von der reichen geistigen Bildung, die der damals erst zwanzigjäh- rige Künstler sich ausserhalb der gebahnten Wege der Schule zu erwerben gewusst hatte, als auch von dem Mangel einer zunftmässigen Schulbildung, der sich in einer ganz regellosen Orthographie offenbarte. Diese Regellosigkeit der Schreibweise des jugendlichen Künstlers hatte der ebenso jugendliche Her- ausgeber mit diplomatischer Treue wiedergegeben, und damit angezeigt, dass er sich jeder Bearbeitung enthalten habe, die für ihn als Herausgeber ein Recht der ausschliesslichen Ver- vielfältigung begründen könnte. Wenn gleichwohl die Veröf- 3) 3) forme, en faveur de celui qui l’invoque, une grave présomption qui impose à ceux qui la contestent l’obligation de prouver que la pos- session dont on excipe contre eux est irrégulière ou illégitime; »Attendu que les héritiers Broussais ne font pas cette preuve; que le droit de Montègre à la propriété du manuscrit est justifié d’ail- leurs suffisamment par sa position auprès de Broussais, par la bien- veillance que celui-ci lui témoignait et l’intimité qui régnait entre eux; que la fraude ne se présume pas; que cependant dénier à Mon- tègre la propriété du manuscrit qu’il a publié, ce serait supposer qu’il s’en est emparé ou qu’il l’a retenu par un abus de confiance, allégation qui n’est pas manifeste et que repousseraient d’ailleurs sa position est son caractère ... etc.« Nach der Praxis der Englischen Gerichte wird die Erwerbung des Manuscriptes ohne schriftliche Uebertragung des Rechtes der Vervielfältigung mit Rücksicht auf die oben (S. 315 Note 1) angeführten Gesetze zur Uebertragung des geistigen Eigenthumes nicht für ausrei- chend erachtet, auch wenn kein Zweifel darüber besteht, dass die Ver- äusserung zum Zweck der Veröffentlichung erfolgt war. Doch wurde in einem Falle von dem Mangel der schriftlichen Uebertragung abge- sehen, weil der wegen Nachdrucks belangte Verklagte selbst das Ver- lagsrecht mündlich veräussert und das Honorar empfangen hatte. — Godson, A Treatise etc. p. 429.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/342>, abgerufen am 28.03.2024.