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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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VII. Der Verlagsvertrag. §. 29. Begriff und Form.
Römischen Rechtes eine gewisse Berechtigung, wenn man dar-
auf verzichtet, ihr eine practische Geltung für das heutige
Recht beizulegen. Die Unterscheidung der sogenannten Inno-
minatcontracte beruht nur auf der im früheren Römischen Rechte
hergebrachten beschränkten Klagbarkeit der Rechtsgeschäfte.
Neben den einzelnen benannten Verträgen, welchen die Klag-
barkeit nach dem Civilrechte zustand, hatte das prätorische
Recht den andern unbenannten Verträgen, welchen als solchen
(als nuda pacta) kein Klagrecht zustand, die actio praescriptis
verbis
unter der Voraussetzung gegeben, dass die Leistung
bereits erfolgt war. Die unbenannten Verträge, welche als
blosse Consensualcontracte nicht klagbar waren, erlangten also
durch die Erfüllung von einer Seite die Klagbarkeit als Real-
contracte und diese Klagbarkeit war durch das sogenannte ius
poenitendi
eigenthümlich modifizirt, indem dem erfüllenden
Theile die Wahl zwischen der Forderung der Gegenleistung
und der Rückforderung des Geleisteten (zwischen der actio
praescriptis verbis
und der condictio causa data causa non secuta)
gelassen wurde.

Bestände diese Unterscheidung und die beschränkte Klag-
barkeit der Verträge noch nach dem heutigen gemeinen Rechte,
so würde allerdings keine andere Wahl übrig bleiben, als den
Verlagsvertrag nach der Regel der Innominatcontracte zu be-
handeln 1). Der Verlagsvertrag würde dann erst durch die
Leistung von einer Seite klagbar werden. Der Autor würde
erst nach erfolgter Hingabe des Manuscriptes auf die Veröf-
fentlichung und auf das etwa bedungene Honorar klagen kön-
nen. Ebenso könnte der Verleger erst nach erfolgter Veröf-
fentlichung auf den etwa bedungenen Kostenbeitrag klagen. Da-
gegen fände eine Klage auf Lieferung des zur Veröffentlichung
bestimmten Werkes überhaupt nicht statt. Dem Autor wie
dem Verleger würde ferner das ius poenitendi zustehen, so dass

1) Es sei denn, dass das wissenschaftliche Recht den Verlags-
vertrag zur Geltung eines benannten Vertrages erhöbe, indem es den-
selben etwa nach dem oben (S. 309) Gesagten als eine Abänderung des
Mandatsvertrages auffasste. Dies würde vielleicht geschehen sein, wenn
die Römischen Juristen unsern Verlagsvertrag gekannt hätten. Nach
dem heutigen gemeinen Rechte ist eine solche analoge Ausdehnung
der Regeln des Mandates nicht mehr zulässig und nicht mehr nothwendig.

VII. Der Verlagsvertrag. §. 29. Begriff und Form.
Römischen Rechtes eine gewisse Berechtigung, wenn man dar-
auf verzichtet, ihr eine practische Geltung für das heutige
Recht beizulegen. Die Unterscheidung der sogenannten Inno-
minatcontracte beruht nur auf der im früheren Römischen Rechte
hergebrachten beschränkten Klagbarkeit der Rechtsgeschäfte.
Neben den einzelnen benannten Verträgen, welchen die Klag-
barkeit nach dem Civilrechte zustand, hatte das prätorische
Recht den andern unbenannten Verträgen, welchen als solchen
(als nuda pacta) kein Klagrecht zustand, die actio praescriptis
verbis
unter der Voraussetzung gegeben, dass die Leistung
bereits erfolgt war. Die unbenannten Verträge, welche als
blosse Consensualcontracte nicht klagbar waren, erlangten also
durch die Erfüllung von einer Seite die Klagbarkeit als Real-
contracte und diese Klagbarkeit war durch das sogenannte ius
poenitendi
eigenthümlich modifizirt, indem dem erfüllenden
Theile die Wahl zwischen der Forderung der Gegenleistung
und der Rückforderung des Geleisteten (zwischen der actio
praescriptis verbis
und der condictio causa data causa non secuta)
gelassen wurde.

Bestände diese Unterscheidung und die beschränkte Klag-
barkeit der Verträge noch nach dem heutigen gemeinen Rechte,
so würde allerdings keine andere Wahl übrig bleiben, als den
Verlagsvertrag nach der Regel der Innominatcontracte zu be-
handeln 1). Der Verlagsvertrag würde dann erst durch die
Leistung von einer Seite klagbar werden. Der Autor würde
erst nach erfolgter Hingabe des Manuscriptes auf die Veröf-
fentlichung und auf das etwa bedungene Honorar klagen kön-
nen. Ebenso könnte der Verleger erst nach erfolgter Veröf-
fentlichung auf den etwa bedungenen Kostenbeitrag klagen. Da-
gegen fände eine Klage auf Lieferung des zur Veröffentlichung
bestimmten Werkes überhaupt nicht statt. Dem Autor wie
dem Verleger würde ferner das ius poenitendi zustehen, so dass

1) Es sei denn, dass das wissenschaftliche Recht den Verlags-
vertrag zur Geltung eines benannten Vertrages erhöbe, indem es den-
selben etwa nach dem oben (S. 309) Gesagten als eine Abänderung des
Mandatsvertrages auffasste. Dies würde vielleicht geschehen sein, wenn
die Römischen Juristen unsern Verlagsvertrag gekannt hätten. Nach
dem heutigen gemeinen Rechte ist eine solche analoge Ausdehnung
der Regeln des Mandates nicht mehr zulässig und nicht mehr nothwendig.
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[310/0326] VII. Der Verlagsvertrag. §. 29. Begriff und Form. Römischen Rechtes eine gewisse Berechtigung, wenn man dar- auf verzichtet, ihr eine practische Geltung für das heutige Recht beizulegen. Die Unterscheidung der sogenannten Inno- minatcontracte beruht nur auf der im früheren Römischen Rechte hergebrachten beschränkten Klagbarkeit der Rechtsgeschäfte. Neben den einzelnen benannten Verträgen, welchen die Klag- barkeit nach dem Civilrechte zustand, hatte das prätorische Recht den andern unbenannten Verträgen, welchen als solchen (als nuda pacta) kein Klagrecht zustand, die actio praescriptis verbis unter der Voraussetzung gegeben, dass die Leistung bereits erfolgt war. Die unbenannten Verträge, welche als blosse Consensualcontracte nicht klagbar waren, erlangten also durch die Erfüllung von einer Seite die Klagbarkeit als Real- contracte und diese Klagbarkeit war durch das sogenannte ius poenitendi eigenthümlich modifizirt, indem dem erfüllenden Theile die Wahl zwischen der Forderung der Gegenleistung und der Rückforderung des Geleisteten (zwischen der actio praescriptis verbis und der condictio causa data causa non secuta) gelassen wurde. Bestände diese Unterscheidung und die beschränkte Klag- barkeit der Verträge noch nach dem heutigen gemeinen Rechte, so würde allerdings keine andere Wahl übrig bleiben, als den Verlagsvertrag nach der Regel der Innominatcontracte zu be- handeln 1). Der Verlagsvertrag würde dann erst durch die Leistung von einer Seite klagbar werden. Der Autor würde erst nach erfolgter Hingabe des Manuscriptes auf die Veröf- fentlichung und auf das etwa bedungene Honorar klagen kön- nen. Ebenso könnte der Verleger erst nach erfolgter Veröf- fentlichung auf den etwa bedungenen Kostenbeitrag klagen. Da- gegen fände eine Klage auf Lieferung des zur Veröffentlichung bestimmten Werkes überhaupt nicht statt. Dem Autor wie dem Verleger würde ferner das ius poenitendi zustehen, so dass 1) Es sei denn, dass das wissenschaftliche Recht den Verlags- vertrag zur Geltung eines benannten Vertrages erhöbe, indem es den- selben etwa nach dem oben (S. 309) Gesagten als eine Abänderung des Mandatsvertrages auffasste. Dies würde vielleicht geschehen sein, wenn die Römischen Juristen unsern Verlagsvertrag gekannt hätten. Nach dem heutigen gemeinen Rechte ist eine solche analoge Ausdehnung der Regeln des Mandates nicht mehr zulässig und nicht mehr nothwendig.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/326>, abgerufen am 19.04.2024.