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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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VI. Entstehung und Endigung. §. 27. Anwendung der Schutzfristen
artistischen Eigenthumes nach den deutschen Gesetzgebungen
ein, welche bei der Berechnung der Schutzfristen zwischen den
bei Lebzeiten des Autors unter seinem Namen erschienenen und
den posthumen, anonymen und pseudonymen Werken unter-
scheiden.

Zu den posthumen Werken sind nicht zu zählen Ge-
sammtausgaben der bei Lebzeiten des Autors einzeln erschie-
nenen Werke. Doch gewährt die Hamburgische Verordnung
vom 29. November 1847 im Art. 6 singulärer Weise den Erben
des Autors für eine solche binnen zwei Jahren nach seinem
Tode begonnene Gesammtausgabe eine besondere Schutzfrist
von dreissig Jahren, welche von der Ausgabe des ersten Hef-
tes beginnt. Die Herausgabe eines posthumen Werkes hat der
richtigen Meinung nach, nur wenn sie binnen dreissig Jahren
nach dem Tode des Autors erfolgt, auf den dreissigjährigen
Schutz gegen Nachdruck Anspruch. Sobald nach dem Tode
des Verfassers dreissig Jahre verstrichen sind, ist das an dem
ungedruckten Werke bestandene geistige Eigenthum erloschen
und das Werk ist Gemeingut geworden. Erfolgt die Heraus-
gabe dagegen im dreissigsten Jahre nach dem Tode, so wird
nun das geistige Eigenthum novirt und auf eine neue Frist
von dreissig Jahren erstreckt 1).

Den anonymen Werken werden in dem Bundesbeschlusse
vom 19. Juni 1845 Art. 2, sowie in den deutschen Landesge-
setzgebungen 2), die unter dem Namen von Akademien und an-
deren Corporationen erschienenen Schriften gleichgestellt und
dies versteht sich, sofern nicht der Name des wirklichen Ur-
hebers genannt ist, eigentlich von selbst. Soweit indess jene
Vorschriften zugleich eine Ausdehnung der für gewöhnliche
anonyme Werke geltenden Schutzfrist enthalten, wie dies ur-
sprünglich in Preussen der Fall war (§. 8 cit. im Vergleich mit
§. 7) und in Oesterreich noch jetzt der Fall ist, haben dieselben

1) Vergl. oben S. 239. Anderer Meinung ist Wächter, Das Ver-
lagsrecht Th. I S. 443. Die Verordnung für Sachsen-Meiningen vom
7. Mai 1829 beschränkt im §. 7 den Schutz der posthumen Werke auf
die binnen zwanzig Jahren nach dem Tode des Verfassers veröffent-
lichten Schriften.
2) Preuss. Gesetz v. 11. Juni 1837 §. 8.
Oesterreich. Gesetz v. 19. October 1846 §. 15 (mit Ausdehnung
der Schutzfrist auf fünfzig Jahre).

VI. Entstehung und Endigung. §. 27. Anwendung der Schutzfristen
artistischen Eigenthumes nach den deutschen Gesetzgebungen
ein, welche bei der Berechnung der Schutzfristen zwischen den
bei Lebzeiten des Autors unter seinem Namen erschienenen und
den posthumen, anonymen und pseudonymen Werken unter-
scheiden.

Zu den posthumen Werken sind nicht zu zählen Ge-
sammtausgaben der bei Lebzeiten des Autors einzeln erschie-
nenen Werke. Doch gewährt die Hamburgische Verordnung
vom 29. November 1847 im Art. 6 singulärer Weise den Erben
des Autors für eine solche binnen zwei Jahren nach seinem
Tode begonnene Gesammtausgabe eine besondere Schutzfrist
von dreissig Jahren, welche von der Ausgabe des ersten Hef-
tes beginnt. Die Herausgabe eines posthumen Werkes hat der
richtigen Meinung nach, nur wenn sie binnen dreissig Jahren
nach dem Tode des Autors erfolgt, auf den dreissigjährigen
Schutz gegen Nachdruck Anspruch. Sobald nach dem Tode
des Verfassers dreissig Jahre verstrichen sind, ist das an dem
ungedruckten Werke bestandene geistige Eigenthum erloschen
und das Werk ist Gemeingut geworden. Erfolgt die Heraus-
gabe dagegen im dreissigsten Jahre nach dem Tode, so wird
nun das geistige Eigenthum novirt und auf eine neue Frist
von dreissig Jahren erstreckt 1).

Den anonymen Werken werden in dem Bundesbeschlusse
vom 19. Juni 1845 Art. 2, sowie in den deutschen Landesge-
setzgebungen 2), die unter dem Namen von Akademien und an-
deren Corporationen erschienenen Schriften gleichgestellt und
dies versteht sich, sofern nicht der Name des wirklichen Ur-
hebers genannt ist, eigentlich von selbst. Soweit indess jene
Vorschriften zugleich eine Ausdehnung der für gewöhnliche
anonyme Werke geltenden Schutzfrist enthalten, wie dies ur-
sprünglich in Preussen der Fall war (§. 8 cit. im Vergleich mit
§. 7) und in Oesterreich noch jetzt der Fall ist, haben dieselben

1) Vergl. oben S. 239. Anderer Meinung ist Wächter, Das Ver-
lagsrecht Th. I S. 443. Die Verordnung für Sachsen-Meiningen vom
7. Mai 1829 beschränkt im §. 7 den Schutz der posthumen Werke auf
die binnen zwanzig Jahren nach dem Tode des Verfassers veröffent-
lichten Schriften.
2) Preuss. Gesetz v. 11. Juni 1837 §. 8.
Oesterreich. Gesetz v. 19. October 1846 §. 15 (mit Ausdehnung
der Schutzfrist auf fünfzig Jahre).
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[288/0304] VI. Entstehung und Endigung. §. 27. Anwendung der Schutzfristen artistischen Eigenthumes nach den deutschen Gesetzgebungen ein, welche bei der Berechnung der Schutzfristen zwischen den bei Lebzeiten des Autors unter seinem Namen erschienenen und den posthumen, anonymen und pseudonymen Werken unter- scheiden. Zu den posthumen Werken sind nicht zu zählen Ge- sammtausgaben der bei Lebzeiten des Autors einzeln erschie- nenen Werke. Doch gewährt die Hamburgische Verordnung vom 29. November 1847 im Art. 6 singulärer Weise den Erben des Autors für eine solche binnen zwei Jahren nach seinem Tode begonnene Gesammtausgabe eine besondere Schutzfrist von dreissig Jahren, welche von der Ausgabe des ersten Hef- tes beginnt. Die Herausgabe eines posthumen Werkes hat der richtigen Meinung nach, nur wenn sie binnen dreissig Jahren nach dem Tode des Autors erfolgt, auf den dreissigjährigen Schutz gegen Nachdruck Anspruch. Sobald nach dem Tode des Verfassers dreissig Jahre verstrichen sind, ist das an dem ungedruckten Werke bestandene geistige Eigenthum erloschen und das Werk ist Gemeingut geworden. Erfolgt die Heraus- gabe dagegen im dreissigsten Jahre nach dem Tode, so wird nun das geistige Eigenthum novirt und auf eine neue Frist von dreissig Jahren erstreckt 1). Den anonymen Werken werden in dem Bundesbeschlusse vom 19. Juni 1845 Art. 2, sowie in den deutschen Landesge- setzgebungen 2), die unter dem Namen von Akademien und an- deren Corporationen erschienenen Schriften gleichgestellt und dies versteht sich, sofern nicht der Name des wirklichen Ur- hebers genannt ist, eigentlich von selbst. Soweit indess jene Vorschriften zugleich eine Ausdehnung der für gewöhnliche anonyme Werke geltenden Schutzfrist enthalten, wie dies ur- sprünglich in Preussen der Fall war (§. 8 cit. im Vergleich mit §. 7) und in Oesterreich noch jetzt der Fall ist, haben dieselben 1) Vergl. oben S. 239. Anderer Meinung ist Wächter, Das Ver- lagsrecht Th. I S. 443. Die Verordnung für Sachsen-Meiningen vom 7. Mai 1829 beschränkt im §. 7 den Schutz der posthumen Werke auf die binnen zwanzig Jahren nach dem Tode des Verfassers veröffent- lichten Schriften. 2) Preuss. Gesetz v. 11. Juni 1837 §. 8. Oesterreich. Gesetz v. 19. October 1846 §. 15 (mit Ausdehnung der Schutzfrist auf fünfzig Jahre).

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/304>, abgerufen am 29.03.2024.