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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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VI. Entstehung und Endigung. §. 27. Anwendung der Schutzfristen.
Civilrechtes, welche in den verschiedenen Rechtsgebieten über-
einstimmend dahin gehen, dass

1. der Tag als untheilbare Zeiteinheit betrachtet wird,

2. bei Fristen, deren Ablauf den Verlust eines Rechtes
bedingt, der Zeitraum überschritten sein muss, so dass erst
der Tag nach demjenigen, in welchen der Anfangsmoment fällt,
als der erste Tag der Schutzfrist gerechnet wird 1).

Wichtiger als die hier und da über die Zählung der Tage
bestehenden Controversen, denen für den vorliegenden Fall
kaum eine practische Bedeutung zugeschrieben werden kann,
ist die in verschiedenen Gesetzgebungen enthaltene Abweichung,
dass bei der Berechnung der Schutzfristen des geistigen Eigen-
thumes nach Kalenderjahren gezählt werden soll. Wo
solche Vorschriften bestehen, gilt das Kalenderjahr, ebenso wie
anderwärts der Tag als untheilbare Zeiteinheit, so dass die
Frist erst mit dem Kalenderjahre, welches auf den Anfangs-
moment (den Todestag oder den Tag der Publication oder der
Anmeldung) folgt, zu laufen beginnt.

Die Berechnung nach Kalenderjahren ist in den Beschlüs-
sen des ehemaligen Deutschen Bundes über den Schutz der
literarischen und artistischen Erzeugnisse nur ausnahmsweise
für den Fall anerkannt, dass die Schutzfrist von dem Erschei-
nen des Werkes an gerechnet würde. Sowohl in dem Beschlusse
vom 9. November 1837 Art. 2, als auch in dem Beschlusse vom
19. Juni 1845 ist festgesetzt, dass die Schutzfrist vom Jahre
des Erscheinens an gerechnet werden soll und es ist unstreitig,
dass dabei das Jahr des Erscheinens nicht in die Zahl der in der
Schutzfrist begriffenen Jahre eingerechnet wird, sondern dass
dem Autor nach Ablauf des Erscheinungsjahres das ausschliess-
liche Recht der Vervielfältigung noch volle dreissig (früher
zehn) Kalenderjahre gewahrt bleiben soll.

Die Bundesbeschlüsse haben indess die Berechnung der
Schutzfrist nach Kalenderjahren nicht allgemein angenommen.

1) Vergl. L. 101 Dig. de regul. jur. (50. 17). Ubi lex duorum
mensium facit mentionem, et qui sexagesimo et primo die venerit au-
diendus est, ita enim et imperator Antoninus cum divo patre suo re-
scripsit.
Die Frist von zwei Monaten umfasst nämlich nach der Berech-
nung der Pandecten sechszig Tage. L. 40 Dig. de reb. cred. (12. 1) L. 11
§. 6 L. 29 §. 5 ad leg. Jul. de adult. (48. 5).

VI. Entstehung und Endigung. §. 27. Anwendung der Schutzfristen.
Civilrechtes, welche in den verschiedenen Rechtsgebieten über-
einstimmend dahin gehen, dass

1. der Tag als untheilbare Zeiteinheit betrachtet wird,

2. bei Fristen, deren Ablauf den Verlust eines Rechtes
bedingt, der Zeitraum überschritten sein muss, so dass erst
der Tag nach demjenigen, in welchen der Anfangsmoment fällt,
als der erste Tag der Schutzfrist gerechnet wird 1).

Wichtiger als die hier und da über die Zählung der Tage
bestehenden Controversen, denen für den vorliegenden Fall
kaum eine practische Bedeutung zugeschrieben werden kann,
ist die in verschiedenen Gesetzgebungen enthaltene Abweichung,
dass bei der Berechnung der Schutzfristen des geistigen Eigen-
thumes nach Kalenderjahren gezählt werden soll. Wo
solche Vorschriften bestehen, gilt das Kalenderjahr, ebenso wie
anderwärts der Tag als untheilbare Zeiteinheit, so dass die
Frist erst mit dem Kalenderjahre, welches auf den Anfangs-
moment (den Todestag oder den Tag der Publication oder der
Anmeldung) folgt, zu laufen beginnt.

Die Berechnung nach Kalenderjahren ist in den Beschlüs-
sen des ehemaligen Deutschen Bundes über den Schutz der
literarischen und artistischen Erzeugnisse nur ausnahmsweise
für den Fall anerkannt, dass die Schutzfrist von dem Erschei-
nen des Werkes an gerechnet würde. Sowohl in dem Beschlusse
vom 9. November 1837 Art. 2, als auch in dem Beschlusse vom
19. Juni 1845 ist festgesetzt, dass die Schutzfrist vom Jahre
des Erscheinens an gerechnet werden soll und es ist unstreitig,
dass dabei das Jahr des Erscheinens nicht in die Zahl der in der
Schutzfrist begriffenen Jahre eingerechnet wird, sondern dass
dem Autor nach Ablauf des Erscheinungsjahres das ausschliess-
liche Recht der Vervielfältigung noch volle dreissig (früher
zehn) Kalenderjahre gewahrt bleiben soll.

Die Bundesbeschlüsse haben indess die Berechnung der
Schutzfrist nach Kalenderjahren nicht allgemein angenommen.

1) Vergl. L. 101 Dig. de regul. jur. (50. 17). Ubi lex duorum
mensium facit mentionem, et qui sexagesimo et primo die venerit au-
diendus est, ita enim et imperator Antoninus cum divo patre suo re-
scripsit.
Die Frist von zwei Monaten umfasst nämlich nach der Berech-
nung der Pandecten sechszig Tage. L. 40 Dig. de reb. cred. (12. 1) L. 11
§. 6 L. 29 §. 5 ad leg. Jul. de adult. (48. 5).
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[282/0298] VI. Entstehung und Endigung. §. 27. Anwendung der Schutzfristen. Civilrechtes, welche in den verschiedenen Rechtsgebieten über- einstimmend dahin gehen, dass 1. der Tag als untheilbare Zeiteinheit betrachtet wird, 2. bei Fristen, deren Ablauf den Verlust eines Rechtes bedingt, der Zeitraum überschritten sein muss, so dass erst der Tag nach demjenigen, in welchen der Anfangsmoment fällt, als der erste Tag der Schutzfrist gerechnet wird 1). Wichtiger als die hier und da über die Zählung der Tage bestehenden Controversen, denen für den vorliegenden Fall kaum eine practische Bedeutung zugeschrieben werden kann, ist die in verschiedenen Gesetzgebungen enthaltene Abweichung, dass bei der Berechnung der Schutzfristen des geistigen Eigen- thumes nach Kalenderjahren gezählt werden soll. Wo solche Vorschriften bestehen, gilt das Kalenderjahr, ebenso wie anderwärts der Tag als untheilbare Zeiteinheit, so dass die Frist erst mit dem Kalenderjahre, welches auf den Anfangs- moment (den Todestag oder den Tag der Publication oder der Anmeldung) folgt, zu laufen beginnt. Die Berechnung nach Kalenderjahren ist in den Beschlüs- sen des ehemaligen Deutschen Bundes über den Schutz der literarischen und artistischen Erzeugnisse nur ausnahmsweise für den Fall anerkannt, dass die Schutzfrist von dem Erschei- nen des Werkes an gerechnet würde. Sowohl in dem Beschlusse vom 9. November 1837 Art. 2, als auch in dem Beschlusse vom 19. Juni 1845 ist festgesetzt, dass die Schutzfrist vom Jahre des Erscheinens an gerechnet werden soll und es ist unstreitig, dass dabei das Jahr des Erscheinens nicht in die Zahl der in der Schutzfrist begriffenen Jahre eingerechnet wird, sondern dass dem Autor nach Ablauf des Erscheinungsjahres das ausschliess- liche Recht der Vervielfältigung noch volle dreissig (früher zehn) Kalenderjahre gewahrt bleiben soll. Die Bundesbeschlüsse haben indess die Berechnung der Schutzfrist nach Kalenderjahren nicht allgemein angenommen. 1) Vergl. L. 101 Dig. de regul. jur. (50. 17). Ubi lex duorum mensium facit mentionem, et qui sexagesimo et primo die venerit au- diendus est, ita enim et imperator Antoninus cum divo patre suo re- scripsit. Die Frist von zwei Monaten umfasst nämlich nach der Berech- nung der Pandecten sechszig Tage. L. 40 Dig. de reb. cred. (12. 1) L. 11 §. 6 L. 29 §. 5 ad leg. Jul. de adult. (48. 5).

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/298>, abgerufen am 29.03.2024.