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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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VI. Entstehung und Endigung. §. 26. Dauer der Schutzfristen.
wendung finden, wenn der Autor das geistige Eigenthum in
seinen Lebzeiten veräussert hat. Diese Frage muss indess mit
Wächter (Das Verlagsrecht Th. II S. 745) bejaht werden, da
das Decret vom 5. Februar 1810 bestimmt:

Art. 40. Les auteurs soit nationaux, soit etrangers de tout
ouvrage imprime ou grave, peuvent ceder leur droit a un
imprimeur ou libraire ou a toute autre personne, qui est
alors substituee en leur lieu et place pour eux
et leurs ayants cause comme il est dit a l'article
precedant
.

Diese Vorschrift legt dem Autor ausdrücklich das Recht bei,
das geistige Eigenthum nicht bloss für seine Lebenszeit, son-
dern auch für die seiner Wittwe und für die zu Gunsten seiner
Descendenten bestimmte Schutzfrist zu veräussern. Wenn die
letztere Frist demnächst durch das Gesetz vom 5. April 1854
unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Decret vom 5. Fe-
bruar 1810 auf dreissig Jahre erweitert ist, so ist dadurch an
der Regel des Art. 40 cit. nichts geändert.

Die entgegenstehende Ansicht von Pataille und Huguet
(Code international p. 42) geht dahin, dass die Verlängerung
der Schutzfrist für die Descendenten von zwanzig Jahren (nach
dem Decrete vom 5. Februar 1810) auf dreissig Jahre ausschliess-
lich im besonderen Interesse der Descendenten getroffen sei
und dem Rechte des Cessionars nichts zulegen könne. Daraus
würde folgen, dass die totale Veräusserung des geistigen Eigen-
thumes bei Lebzeiten des Autors die Anwendung der zu Gun-
sten der Descendenten bestimmten Schutzfristen ganz ausschlösse.
Pataille und Huguet nehmen dagegen offenbar ohne Grund
an, dass das ohne Einschränkung veräusserte Eigenthum nach
Ablauf von zehn Jahren nach dem Tode des Autors an dessen
berechtigte Wittwe oder die Descendenten zurückkehre. Diese
Annahme widerspricht überdies dem Wortlaute des oben ange-
führten Art. 40 des Decrets vom 5. Februar 1810, welcher den
Autor ermächtigt, das geistige Eigenthum in voller Wirkung
für sich und seine im Art. 39 bezeichneten Rechtsnachfolger zu
übertragen.

Für posthume Werke bestehen dieselben nach der Lebens-
dauer des Autors und seiner Wittwe berechneten Schutzfristen 1).

1) Decret du 1 germinal an 13 (22 mars 1805) Art. 7. Les pro-

VI. Entstehung und Endigung. §. 26. Dauer der Schutzfristen.
wendung finden, wenn der Autor das geistige Eigenthum in
seinen Lebzeiten veräussert hat. Diese Frage muss indess mit
Wächter (Das Verlagsrecht Th. II S. 745) bejaht werden, da
das Decret vom 5. Februar 1810 bestimmt:

Art. 40. Les auteurs soit nationaux, soit étrangers de tout
ouvrage imprimé ou gravé, peuvent céder leur droit à un
imprimeur ou libraire ou à toute autre personne, qui est
alors substituée en leur lieu et place pour eux
et leurs ayants cause comme il est dit à l’article
précédant
.

Diese Vorschrift legt dem Autor ausdrücklich das Recht bei,
das geistige Eigenthum nicht bloss für seine Lebenszeit, son-
dern auch für die seiner Wittwe und für die zu Gunsten seiner
Descendenten bestimmte Schutzfrist zu veräussern. Wenn die
letztere Frist demnächst durch das Gesetz vom 5. April 1854
unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Decret vom 5. Fe-
bruar 1810 auf dreissig Jahre erweitert ist, so ist dadurch an
der Regel des Art. 40 cit. nichts geändert.

Die entgegenstehende Ansicht von Pataille und Huguet
(Code international p. 42) geht dahin, dass die Verlängerung
der Schutzfrist für die Descendenten von zwanzig Jahren (nach
dem Decrete vom 5. Februar 1810) auf dreissig Jahre ausschliess-
lich im besonderen Interesse der Descendenten getroffen sei
und dem Rechte des Cessionars nichts zulegen könne. Daraus
würde folgen, dass die totale Veräusserung des geistigen Eigen-
thumes bei Lebzeiten des Autors die Anwendung der zu Gun-
sten der Descendenten bestimmten Schutzfristen ganz ausschlösse.
Pataille und Huguet nehmen dagegen offenbar ohne Grund
an, dass das ohne Einschränkung veräusserte Eigenthum nach
Ablauf von zehn Jahren nach dem Tode des Autors an dessen
berechtigte Wittwe oder die Descendenten zurückkehre. Diese
Annahme widerspricht überdies dem Wortlaute des oben ange-
führten Art. 40 des Decrets vom 5. Februar 1810, welcher den
Autor ermächtigt, das geistige Eigenthum in voller Wirkung
für sich und seine im Art. 39 bezeichneten Rechtsnachfolger zu
übertragen.

Für posthume Werke bestehen dieselben nach der Lebens-
dauer des Autors und seiner Wittwe berechneten Schutzfristen 1).

1) Décret du 1 germinal an 13 (22 mars 1805) Art. 7. Les pro-
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[274/0290] VI. Entstehung und Endigung. §. 26. Dauer der Schutzfristen. wendung finden, wenn der Autor das geistige Eigenthum in seinen Lebzeiten veräussert hat. Diese Frage muss indess mit Wächter (Das Verlagsrecht Th. II S. 745) bejaht werden, da das Decret vom 5. Februar 1810 bestimmt: Art. 40. Les auteurs soit nationaux, soit étrangers de tout ouvrage imprimé ou gravé, peuvent céder leur droit à un imprimeur ou libraire ou à toute autre personne, qui est alors substituée en leur lieu et place pour eux et leurs ayants cause comme il est dit à l’article précédant. Diese Vorschrift legt dem Autor ausdrücklich das Recht bei, das geistige Eigenthum nicht bloss für seine Lebenszeit, son- dern auch für die seiner Wittwe und für die zu Gunsten seiner Descendenten bestimmte Schutzfrist zu veräussern. Wenn die letztere Frist demnächst durch das Gesetz vom 5. April 1854 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Decret vom 5. Fe- bruar 1810 auf dreissig Jahre erweitert ist, so ist dadurch an der Regel des Art. 40 cit. nichts geändert. Die entgegenstehende Ansicht von Pataille und Huguet (Code international p. 42) geht dahin, dass die Verlängerung der Schutzfrist für die Descendenten von zwanzig Jahren (nach dem Decrete vom 5. Februar 1810) auf dreissig Jahre ausschliess- lich im besonderen Interesse der Descendenten getroffen sei und dem Rechte des Cessionars nichts zulegen könne. Daraus würde folgen, dass die totale Veräusserung des geistigen Eigen- thumes bei Lebzeiten des Autors die Anwendung der zu Gun- sten der Descendenten bestimmten Schutzfristen ganz ausschlösse. Pataille und Huguet nehmen dagegen offenbar ohne Grund an, dass das ohne Einschränkung veräusserte Eigenthum nach Ablauf von zehn Jahren nach dem Tode des Autors an dessen berechtigte Wittwe oder die Descendenten zurückkehre. Diese Annahme widerspricht überdies dem Wortlaute des oben ange- führten Art. 40 des Decrets vom 5. Februar 1810, welcher den Autor ermächtigt, das geistige Eigenthum in voller Wirkung für sich und seine im Art. 39 bezeichneten Rechtsnachfolger zu übertragen. Für posthume Werke bestehen dieselben nach der Lebens- dauer des Autors und seiner Wittwe berechneten Schutzfristen 1). 1) Décret du 1 germinal an 13 (22 mars 1805) Art. 7. Les pro-

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/290>, abgerufen am 20.04.2024.