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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Verfolgung im Inlande.
eines Preussen -- z. B. die ursprüngliche englische Ausgabe
von Hoffmanns Einleitung in die moderne Chemie, oder von Max
Müllers Vorträgen über die Sprache -- zwar in Preussen auf
Grund der Verträge vom 13. Mai 1846 und vom 14. Juni 1855
gegen Nachdruck geschützt. Die Schutzfrist beträgt jedoch
nicht, wie für die in Preussen erschienenen deutschen Bear-
beitungen derselben Werke dreissig Jahre nach dem Tode des
Autors, sondern nach dem am Orte des Erscheinens geltenden
Englischen Rechte, sieben Jahre nach dem Tode des Urhebers
oder zwei und vierzig Jahre nach der ersten Veröffentlichung.

Die Schutzfrist des fremden Rechtes kommt indess im In-
lande nur soweit zur Geltung, als sie die Dauer der inländi-
schen Schutzfrist nicht übersteigt. Der Ort des Erscheinens
bestimmt also in diesem Falle zwar die Regel für die Dauer
des geistigen Eigenthumes, diese Regel erleidet jedoch eine
Ausnahme, wenn die einheimische Schutzfrist kürzer ist als die
am Orte des Erscheinens geltende.

Die Staatsverträge sprechen diese Regel und diese Aus-
nahme häufig in ausdrücklichen Worten aus. So bestimmt die
Uebereinkunft zwischen Preussen und Frankreich vom 2. Au-
gust 1862 über die Rechte, welche die Urheber der in dem
einen der contrahirenden Staaten erschienenen Werke in dem
andern Staate geniessen, im Art. I:

"Sie sollen denselben Schutz und dieselbe Rechtshülfe ge-
gen jede Beeinträchtigung ihrer Rechte geniessen, als wenn
diese Beeinträchtigung gegen die Urheber solcher Werke be-
gangen wäre, welche zum ersten Male in dem Lande selbst
veröffentlicht worden sind."

"Es sollen ihnen jedoch diese Vortheile gegen-
seitig nur so lange zustehen, als ihre Rechte in
dem Lande, in welchem die erste Veröffentli-
chung erfolgt ist, in Kraft sind, und sie sollen
in dem andern Lande nicht über die Frist hin-
aus dauern, welche für den Schutz der einheimi-
schen Autoren gesetzlich festgestellt ist
."

Andere Verträge kehren jedoch das Verhältniss von Regel
und Ausnahme um. So bestimmt z. B. der Vertrag zwischen
Baden und Frankreich vom 3. April 1854 im Art. I:

"Die hohen contrahirenden Theile verpflichten sich wech-
selseitig, den Angehörigen des andern Staates hinsichtlich

Verfolgung im Inlande.
eines Preussen — z. B. die ursprüngliche englische Ausgabe
von Hoffmanns Einleitung in die moderne Chemie, oder von Max
Müllers Vorträgen über die Sprache — zwar in Preussen auf
Grund der Verträge vom 13. Mai 1846 und vom 14. Juni 1855
gegen Nachdruck geschützt. Die Schutzfrist beträgt jedoch
nicht, wie für die in Preussen erschienenen deutschen Bear-
beitungen derselben Werke dreissig Jahre nach dem Tode des
Autors, sondern nach dem am Orte des Erscheinens geltenden
Englischen Rechte, sieben Jahre nach dem Tode des Urhebers
oder zwei und vierzig Jahre nach der ersten Veröffentlichung.

Die Schutzfrist des fremden Rechtes kommt indess im In-
lande nur soweit zur Geltung, als sie die Dauer der inländi-
schen Schutzfrist nicht übersteigt. Der Ort des Erscheinens
bestimmt also in diesem Falle zwar die Regel für die Dauer
des geistigen Eigenthumes, diese Regel erleidet jedoch eine
Ausnahme, wenn die einheimische Schutzfrist kürzer ist als die
am Orte des Erscheinens geltende.

Die Staatsverträge sprechen diese Regel und diese Aus-
nahme häufig in ausdrücklichen Worten aus. So bestimmt die
Uebereinkunft zwischen Preussen und Frankreich vom 2. Au-
gust 1862 über die Rechte, welche die Urheber der in dem
einen der contrahirenden Staaten erschienenen Werke in dem
andern Staate geniessen, im Art. I:

»Sie sollen denselben Schutz und dieselbe Rechtshülfe ge-
gen jede Beeinträchtigung ihrer Rechte geniessen, als wenn
diese Beeinträchtigung gegen die Urheber solcher Werke be-
gangen wäre, welche zum ersten Male in dem Lande selbst
veröffentlicht worden sind.«

»Es sollen ihnen jedoch diese Vortheile gegen-
seitig nur so lange zustehen, als ihre Rechte in
dem Lande, in welchem die erste Veröffentli-
chung erfolgt ist, in Kraft sind, und sie sollen
in dem andern Lande nicht über die Frist hin-
aus dauern, welche für den Schutz der einheimi-
schen Autoren gesetzlich festgestellt ist

Andere Verträge kehren jedoch das Verhältniss von Regel
und Ausnahme um. So bestimmt z. B. der Vertrag zwischen
Baden und Frankreich vom 3. April 1854 im Art. I:

»Die hohen contrahirenden Theile verpflichten sich wech-
selseitig, den Angehörigen des andern Staates hinsichtlich

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[255/0271] Verfolgung im Inlande. eines Preussen — z. B. die ursprüngliche englische Ausgabe von Hoffmanns Einleitung in die moderne Chemie, oder von Max Müllers Vorträgen über die Sprache — zwar in Preussen auf Grund der Verträge vom 13. Mai 1846 und vom 14. Juni 1855 gegen Nachdruck geschützt. Die Schutzfrist beträgt jedoch nicht, wie für die in Preussen erschienenen deutschen Bear- beitungen derselben Werke dreissig Jahre nach dem Tode des Autors, sondern nach dem am Orte des Erscheinens geltenden Englischen Rechte, sieben Jahre nach dem Tode des Urhebers oder zwei und vierzig Jahre nach der ersten Veröffentlichung. Die Schutzfrist des fremden Rechtes kommt indess im In- lande nur soweit zur Geltung, als sie die Dauer der inländi- schen Schutzfrist nicht übersteigt. Der Ort des Erscheinens bestimmt also in diesem Falle zwar die Regel für die Dauer des geistigen Eigenthumes, diese Regel erleidet jedoch eine Ausnahme, wenn die einheimische Schutzfrist kürzer ist als die am Orte des Erscheinens geltende. Die Staatsverträge sprechen diese Regel und diese Aus- nahme häufig in ausdrücklichen Worten aus. So bestimmt die Uebereinkunft zwischen Preussen und Frankreich vom 2. Au- gust 1862 über die Rechte, welche die Urheber der in dem einen der contrahirenden Staaten erschienenen Werke in dem andern Staate geniessen, im Art. I: »Sie sollen denselben Schutz und dieselbe Rechtshülfe ge- gen jede Beeinträchtigung ihrer Rechte geniessen, als wenn diese Beeinträchtigung gegen die Urheber solcher Werke be- gangen wäre, welche zum ersten Male in dem Lande selbst veröffentlicht worden sind.« »Es sollen ihnen jedoch diese Vortheile gegen- seitig nur so lange zustehen, als ihre Rechte in dem Lande, in welchem die erste Veröffentli- chung erfolgt ist, in Kraft sind, und sie sollen in dem andern Lande nicht über die Frist hin- aus dauern, welche für den Schutz der einheimi- schen Autoren gesetzlich festgestellt ist.« Andere Verträge kehren jedoch das Verhältniss von Regel und Ausnahme um. So bestimmt z. B. der Vertrag zwischen Baden und Frankreich vom 3. April 1854 im Art. I: »Die hohen contrahirenden Theile verpflichten sich wech- selseitig, den Angehörigen des andern Staates hinsichtlich

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/271>, abgerufen am 25.04.2024.