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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Aufenthaltsort des Urhebers.
das angeführte Beispiel ist nur deshalb die Oesterreichische
Gesetzgebung gewählt, weil nach Preussischem Rechte die un-
bedingte Veräusserung eines Kunstwerkes nach §§. 26. 27 des
Gesetzes vom 11. März 1837 schon an sich den Verlust des gei-
stigen Eigenthumes nach sich ziehen würde.

Aus dem Vorigen geht hervor, dass bis zur Publication
des Werkes der Verfasser berechtigt ist, gegen die unbefugte
Vervielfältigung desselben den Schutz der Gesetze seines Auf-
enthaltsortes anzurufen, vorausgesetzt, dass das Werk im In-
lande produzirt oder doch bis zu seiner Einbringung in das
Inland im ausschliesslichen Besitze des Urhebers geblieben ist;
denn in letzterem Falle kann aus Gründen der Billigkeit die
Production als bis zur erfolgten Mittheilung fortdauernd ange-
sehen werden, so dass das noch nicht mitgetheilte Werk in
jedem Augenblicke als gegenwärtig hervorgebracht gelten darf.

Dieselben Regeln müssen auch nach dem Französischen
und dem Englischen Rechte gelten, welche beide kein aus-
drückliches Verbot gegen den unbefugten Abdruck noch nicht
veröffentlichter Werke enthalten. Die Unzulässigkeit eines sol-
chen Abdruckes wird nach beiden Rechten aus dem Rechte der
Persönlichkeit des Autors oder aus dem Besitze des Manuscrip-
tes1) nach allgemeinen Rechtsregeln gefolgert.

Diese Folgerung muss jedem Urheber ohne Unterschied
zu statten kommen, der sich in Frankreich oder England auf-
hält, da in Bezug auf allgemeine gegen die Person oder gegen
den Besitz gerichtete Rechtsverletzungen Jedem die Gesetze
des Aufenthaltsortes gleichen Schutz gewähren, ohne Rücksicht
auf den Wohnort des Verletzten, oder auf den Ort, an welchem
die verletzten Rechte erworben sind. Wenn jedoch ein Kunst-
werk im Auslande verfertigt und dort veräussert ist, so liegt
eine solche Verletzung des Besitzes oder der Persönlichkeit
nicht vor, da der Urheber sich seines Besitzes an dem Kunst-
werke freiwillig entäussert hat. Die unbefugte Vervielfältigung
kann also nicht mehr diesen Besitz, sondern nur Rechte des
geistigen Eigenthumes kränken, welche der Künstler nicht durch
die im Auslande erfolgte Production erwirbt, sondern erst durch
eine im Inlande veröffentlichte und angemeldete Vervielfältigung

1) Blanc, Traite de la contrefacon 4. edit. p. 36 p. 39. -- Godson,
A treatise on the law of patents for invention and of copyright p. 326.

Aufenthaltsort des Urhebers.
das angeführte Beispiel ist nur deshalb die Oesterreichische
Gesetzgebung gewählt, weil nach Preussischem Rechte die un-
bedingte Veräusserung eines Kunstwerkes nach §§. 26. 27 des
Gesetzes vom 11. März 1837 schon an sich den Verlust des gei-
stigen Eigenthumes nach sich ziehen würde.

Aus dem Vorigen geht hervor, dass bis zur Publication
des Werkes der Verfasser berechtigt ist, gegen die unbefugte
Vervielfältigung desselben den Schutz der Gesetze seines Auf-
enthaltsortes anzurufen, vorausgesetzt, dass das Werk im In-
lande produzirt oder doch bis zu seiner Einbringung in das
Inland im ausschliesslichen Besitze des Urhebers geblieben ist;
denn in letzterem Falle kann aus Gründen der Billigkeit die
Production als bis zur erfolgten Mittheilung fortdauernd ange-
sehen werden, so dass das noch nicht mitgetheilte Werk in
jedem Augenblicke als gegenwärtig hervorgebracht gelten darf.

Dieselben Regeln müssen auch nach dem Französischen
und dem Englischen Rechte gelten, welche beide kein aus-
drückliches Verbot gegen den unbefugten Abdruck noch nicht
veröffentlichter Werke enthalten. Die Unzulässigkeit eines sol-
chen Abdruckes wird nach beiden Rechten aus dem Rechte der
Persönlichkeit des Autors oder aus dem Besitze des Manuscrip-
tes1) nach allgemeinen Rechtsregeln gefolgert.

Diese Folgerung muss jedem Urheber ohne Unterschied
zu statten kommen, der sich in Frankreich oder England auf-
hält, da in Bezug auf allgemeine gegen die Person oder gegen
den Besitz gerichtete Rechtsverletzungen Jedem die Gesetze
des Aufenthaltsortes gleichen Schutz gewähren, ohne Rücksicht
auf den Wohnort des Verletzten, oder auf den Ort, an welchem
die verletzten Rechte erworben sind. Wenn jedoch ein Kunst-
werk im Auslande verfertigt und dort veräussert ist, so liegt
eine solche Verletzung des Besitzes oder der Persönlichkeit
nicht vor, da der Urheber sich seines Besitzes an dem Kunst-
werke freiwillig entäussert hat. Die unbefugte Vervielfältigung
kann also nicht mehr diesen Besitz, sondern nur Rechte des
geistigen Eigenthumes kränken, welche der Künstler nicht durch
die im Auslande erfolgte Production erwirbt, sondern erst durch
eine im Inlande veröffentlichte und angemeldete Vervielfältigung

1) Blanc, Traité de la contrefaçon 4. edit. p. 36 p. 39. — Godson,
A treatise on the law of patents for invention and of copyright p. 326.
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[245/0261] Aufenthaltsort des Urhebers. das angeführte Beispiel ist nur deshalb die Oesterreichische Gesetzgebung gewählt, weil nach Preussischem Rechte die un- bedingte Veräusserung eines Kunstwerkes nach §§. 26. 27 des Gesetzes vom 11. März 1837 schon an sich den Verlust des gei- stigen Eigenthumes nach sich ziehen würde. Aus dem Vorigen geht hervor, dass bis zur Publication des Werkes der Verfasser berechtigt ist, gegen die unbefugte Vervielfältigung desselben den Schutz der Gesetze seines Auf- enthaltsortes anzurufen, vorausgesetzt, dass das Werk im In- lande produzirt oder doch bis zu seiner Einbringung in das Inland im ausschliesslichen Besitze des Urhebers geblieben ist; denn in letzterem Falle kann aus Gründen der Billigkeit die Production als bis zur erfolgten Mittheilung fortdauernd ange- sehen werden, so dass das noch nicht mitgetheilte Werk in jedem Augenblicke als gegenwärtig hervorgebracht gelten darf. Dieselben Regeln müssen auch nach dem Französischen und dem Englischen Rechte gelten, welche beide kein aus- drückliches Verbot gegen den unbefugten Abdruck noch nicht veröffentlichter Werke enthalten. Die Unzulässigkeit eines sol- chen Abdruckes wird nach beiden Rechten aus dem Rechte der Persönlichkeit des Autors oder aus dem Besitze des Manuscrip- tes 1) nach allgemeinen Rechtsregeln gefolgert. Diese Folgerung muss jedem Urheber ohne Unterschied zu statten kommen, der sich in Frankreich oder England auf- hält, da in Bezug auf allgemeine gegen die Person oder gegen den Besitz gerichtete Rechtsverletzungen Jedem die Gesetze des Aufenthaltsortes gleichen Schutz gewähren, ohne Rücksicht auf den Wohnort des Verletzten, oder auf den Ort, an welchem die verletzten Rechte erworben sind. Wenn jedoch ein Kunst- werk im Auslande verfertigt und dort veräussert ist, so liegt eine solche Verletzung des Besitzes oder der Persönlichkeit nicht vor, da der Urheber sich seines Besitzes an dem Kunst- werke freiwillig entäussert hat. Die unbefugte Vervielfältigung kann also nicht mehr diesen Besitz, sondern nur Rechte des geistigen Eigenthumes kränken, welche der Künstler nicht durch die im Auslande erfolgte Production erwirbt, sondern erst durch eine im Inlande veröffentlichte und angemeldete Vervielfältigung 1) Blanc, Traité de la contrefaçon 4. edit. p. 36 p. 39. — Godson, A treatise on the law of patents for invention and of copyright p. 326.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/261>, abgerufen am 28.03.2024.