Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Fabricationsmethoden. -- Watts Patent.
Dampf- oder Feuermaschinen das Wasser zur Condensation des
Dampfes in den Cylinder eingespritzt werde.

Der Ueberrest der Beschreibung war rein speculativer
Natur. Die Vorrichtungen, durch welche die beschriebenen Ab-
änderungen der alten Feuermaschine bewirkt werden sollten,
waren nicht angegeben.

Gegen die Gültigkeit des auf diese Beschreibung hin er-
theilten Patentes -- welches durch eine Parlamentsacte über
die Dauer von vierzehn Jahren verlängert worden war -- wurde
von dem Beklagten eingewendet, dass eine blosse Methode nicht
Gegenstand eines Erfindungspatentes sein könne.

Die Richter der ersten Instanz (Common Pleas) kamen zu
keiner Entscheidung, da ihre Stimmen gleich getheilt waren.
In dem Gerichtshofe der Kings Bench sprachen sich zwar sämmt-
liche Stimmen für die Gültigkeit des Patentes aus, doch wurde
nur von einer Stimme, dem Richter Eyre, die Ansicht unter-
stützt, dass ein blosses Prinzip Gegenstand eines Patentes sein
könne, während die übrigen fünf Stimmen sich dahin vereinig-
ten, dass zwar das Wattsche Patent, insofern es für ein blosses
Prinzip ertheilt sei, ungültig sein würde, dass jedoch der Inhalt
der Beschreibung so zu verstehen sei, dass nicht für das ent-
wickelte Prinzip, sondern für die zu dessen Ausführung be-
stimmten materiellen Vorrichtungen und Einrichtungen das
Monopol verlangt sei.

Godson (a. a. O. S. 98) ist geneigt, zu glauben, dass die
Richter in ihrer Entscheidung von dem Gefühle beeinflusst wor-
den seien, dass Watt verdiene, den vollen Nutzen seiner Erfin-
dung zu ernten. Er kann nicht umhin, zu beklagen, dass gerade
Watt sein Patent für die Methode der Condensation statt für
die Verbesserung der Dampfmaschine genommen habe, da sonst
wohl niemals eine Controverse über die Möglichkeit der Pa-
tentirung einer blossen Methode stattgefunden hätte. Er hält
auch an der Unzulässigkeit der Patentirung eines blossen Ver-
fahrens mit solcher Entschiedenheit fest, dass er folgerichtig
(a. a. O. S. 103) einen chemischen Prozess nur dann für pa-
tentfähig hält, wenn durch denselben ein neuer Stoff erzeugt
wird.

Nach dieser Auffassung würde also das Leblancsche Ver-
fahren der Sodafabrication, die Gussstahl- und die Bessemer-
fabrication, kurz alle die wichtigsten Erfindungen der Chemie

Fabricationsmethoden. — Watts Patent.
Dampf- oder Feuermaschinen das Wasser zur Condensation des
Dampfes in den Cylinder eingespritzt werde.

Der Ueberrest der Beschreibung war rein speculativer
Natur. Die Vorrichtungen, durch welche die beschriebenen Ab-
änderungen der alten Feuermaschine bewirkt werden sollten,
waren nicht angegeben.

Gegen die Gültigkeit des auf diese Beschreibung hin er-
theilten Patentes — welches durch eine Parlamentsacte über
die Dauer von vierzehn Jahren verlängert worden war — wurde
von dem Beklagten eingewendet, dass eine blosse Methode nicht
Gegenstand eines Erfindungspatentes sein könne.

Die Richter der ersten Instanz (Common Pleas) kamen zu
keiner Entscheidung, da ihre Stimmen gleich getheilt waren.
In dem Gerichtshofe der Kings Bench sprachen sich zwar sämmt-
liche Stimmen für die Gültigkeit des Patentes aus, doch wurde
nur von einer Stimme, dem Richter Eyre, die Ansicht unter-
stützt, dass ein blosses Prinzip Gegenstand eines Patentes sein
könne, während die übrigen fünf Stimmen sich dahin vereinig-
ten, dass zwar das Wattsche Patent, insofern es für ein blosses
Prinzip ertheilt sei, ungültig sein würde, dass jedoch der Inhalt
der Beschreibung so zu verstehen sei, dass nicht für das ent-
wickelte Prinzip, sondern für die zu dessen Ausführung be-
stimmten materiellen Vorrichtungen und Einrichtungen das
Monopol verlangt sei.

Godson (a. a. O. S. 98) ist geneigt, zu glauben, dass die
Richter in ihrer Entscheidung von dem Gefühle beeinflusst wor-
den seien, dass Watt verdiene, den vollen Nutzen seiner Erfin-
dung zu ernten. Er kann nicht umhin, zu beklagen, dass gerade
Watt sein Patent für die Methode der Condensation statt für
die Verbesserung der Dampfmaschine genommen habe, da sonst
wohl niemals eine Controverse über die Möglichkeit der Pa-
tentirung einer blossen Methode stattgefunden hätte. Er hält
auch an der Unzulässigkeit der Patentirung eines blossen Ver-
fahrens mit solcher Entschiedenheit fest, dass er folgerichtig
(a. a. O. S. 103) einen chemischen Prozess nur dann für pa-
tentfähig hält, wenn durch denselben ein neuer Stoff erzeugt
wird.

Nach dieser Auffassung würde also das Leblancsche Ver-
fahren der Sodafabrication, die Gussstahl- und die Bessemer-
fabrication, kurz alle die wichtigsten Erfindungen der Chemie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0219" n="203"/><fw place="top" type="header">Fabricationsmethoden. &#x2014; Watts Patent.</fw><lb/>
Dampf- oder Feuermaschinen das Wasser zur Condensation des<lb/>
Dampfes in den Cylinder eingespritzt werde.</p><lb/>
            <p>Der Ueberrest der Beschreibung war rein speculativer<lb/>
Natur. Die Vorrichtungen, durch welche die beschriebenen Ab-<lb/>
änderungen der alten Feuermaschine bewirkt werden sollten,<lb/>
waren nicht angegeben.</p><lb/>
            <p>Gegen die Gültigkeit des auf diese Beschreibung hin er-<lb/>
theilten Patentes &#x2014; welches durch eine Parlamentsacte über<lb/>
die Dauer von vierzehn Jahren verlängert worden war &#x2014; wurde<lb/>
von dem Beklagten eingewendet, dass eine blosse Methode nicht<lb/>
Gegenstand eines Erfindungspatentes sein könne.</p><lb/>
            <p>Die Richter der ersten Instanz (Common Pleas) kamen zu<lb/>
keiner Entscheidung, da ihre Stimmen gleich getheilt waren.<lb/>
In dem Gerichtshofe der Kings Bench sprachen sich zwar sämmt-<lb/>
liche Stimmen für die Gültigkeit des Patentes aus, doch wurde<lb/>
nur von einer Stimme, dem Richter Eyre, die Ansicht unter-<lb/>
stützt, dass ein blosses Prinzip Gegenstand eines Patentes sein<lb/>
könne, während die übrigen fünf Stimmen sich dahin vereinig-<lb/>
ten, dass zwar das Wattsche Patent, insofern es für ein blosses<lb/>
Prinzip ertheilt sei, ungültig sein würde, dass jedoch der Inhalt<lb/>
der Beschreibung so zu verstehen sei, dass nicht für das ent-<lb/>
wickelte Prinzip, sondern für die zu dessen Ausführung be-<lb/>
stimmten materiellen Vorrichtungen und Einrichtungen das<lb/>
Monopol verlangt sei.</p><lb/>
            <p>Godson (a. a. O. S. 98) ist geneigt, zu glauben, dass die<lb/>
Richter in ihrer Entscheidung von dem Gefühle beeinflusst wor-<lb/>
den seien, dass Watt verdiene, den vollen Nutzen seiner Erfin-<lb/>
dung zu ernten. Er kann nicht umhin, zu beklagen, dass gerade<lb/>
Watt sein Patent für die Methode der Condensation statt für<lb/>
die Verbesserung der Dampfmaschine genommen habe, da sonst<lb/>
wohl niemals eine Controverse über die Möglichkeit der Pa-<lb/>
tentirung einer blossen Methode stattgefunden hätte. Er hält<lb/>
auch an der Unzulässigkeit der Patentirung eines blossen Ver-<lb/>
fahrens mit solcher Entschiedenheit fest, dass er folgerichtig<lb/>
(a. a. O. S. 103) einen chemischen Prozess nur dann für pa-<lb/>
tentfähig hält, wenn durch denselben ein neuer Stoff erzeugt<lb/>
wird.</p><lb/>
            <p>Nach dieser Auffassung würde also das Leblancsche Ver-<lb/>
fahren der Sodafabrication, die Gussstahl- und die Bessemer-<lb/>
fabrication, kurz alle die wichtigsten Erfindungen der Chemie<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[203/0219] Fabricationsmethoden. — Watts Patent. Dampf- oder Feuermaschinen das Wasser zur Condensation des Dampfes in den Cylinder eingespritzt werde. Der Ueberrest der Beschreibung war rein speculativer Natur. Die Vorrichtungen, durch welche die beschriebenen Ab- änderungen der alten Feuermaschine bewirkt werden sollten, waren nicht angegeben. Gegen die Gültigkeit des auf diese Beschreibung hin er- theilten Patentes — welches durch eine Parlamentsacte über die Dauer von vierzehn Jahren verlängert worden war — wurde von dem Beklagten eingewendet, dass eine blosse Methode nicht Gegenstand eines Erfindungspatentes sein könne. Die Richter der ersten Instanz (Common Pleas) kamen zu keiner Entscheidung, da ihre Stimmen gleich getheilt waren. In dem Gerichtshofe der Kings Bench sprachen sich zwar sämmt- liche Stimmen für die Gültigkeit des Patentes aus, doch wurde nur von einer Stimme, dem Richter Eyre, die Ansicht unter- stützt, dass ein blosses Prinzip Gegenstand eines Patentes sein könne, während die übrigen fünf Stimmen sich dahin vereinig- ten, dass zwar das Wattsche Patent, insofern es für ein blosses Prinzip ertheilt sei, ungültig sein würde, dass jedoch der Inhalt der Beschreibung so zu verstehen sei, dass nicht für das ent- wickelte Prinzip, sondern für die zu dessen Ausführung be- stimmten materiellen Vorrichtungen und Einrichtungen das Monopol verlangt sei. Godson (a. a. O. S. 98) ist geneigt, zu glauben, dass die Richter in ihrer Entscheidung von dem Gefühle beeinflusst wor- den seien, dass Watt verdiene, den vollen Nutzen seiner Erfin- dung zu ernten. Er kann nicht umhin, zu beklagen, dass gerade Watt sein Patent für die Methode der Condensation statt für die Verbesserung der Dampfmaschine genommen habe, da sonst wohl niemals eine Controverse über die Möglichkeit der Pa- tentirung einer blossen Methode stattgefunden hätte. Er hält auch an der Unzulässigkeit der Patentirung eines blossen Ver- fahrens mit solcher Entschiedenheit fest, dass er folgerichtig (a. a. O. S. 103) einen chemischen Prozess nur dann für pa- tentfähig hält, wenn durch denselben ein neuer Stoff erzeugt wird. Nach dieser Auffassung würde also das Leblancsche Ver- fahren der Sodafabrication, die Gussstahl- und die Bessemer- fabrication, kurz alle die wichtigsten Erfindungen der Chemie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/219
Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/219>, abgerufen am 19.04.2024.