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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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V. Gegenstände. §. 17. Schriften (Fortsetzung).
zogl. Hessischen Gesetze vom 23. September 1830, welches
im Art. 6 bestimmt:

"In Bezug auf musikalische Compositionen ist jede Ver-
vielfältigung in veränderter Form erlaubt, wenn die Schaff-
ung der veränderten Form als Geistesproduct angese-
hen werden kann. Ist die Schaffung aber nur mechani-
scher Natur
, dann steht sie unter dem Verbote des Nach-
druckes."

Hiernach sind also gute Variationen und Uebertragungen
erlaubt, schlechte dagegen verboten. Gewiss die vollkommenste
Regel! wenn nur die Richter zugleich gute Musiker, oder auch
die Musiker zugleich gute Richter wären.

In Bezug auf das Recht der öffentlichen Auffüh-
rung
stehen die musikalischen Werke den dramatischen voll-
ständig gleich 1). Nur das Preussische Gesetz vom 20. Februar
1854 weicht von der Terminologie des früheren Gesetzes vom
11. Juni 1837 und der Bundesbeschlüsse vom 22. April 1841 und
vom 12. März 1857 dadurch ab, dass es im §. 2 nur den Autor
eines dramatischen oder dramatisch-musikalischen
Werkes berechtigt, bei der Herausgabe sich das Recht der öf-
fentlichen Aufführung vorzubehalten. Hiernach würde es für
die nicht dramatischen Musikstücke bei der Regel des
§. 32 des Gesetzes vom 11. Juni 1837 verbleiben, dass mit der
Veröffentlichung durch den Druck das ausschliessliche Recht
der öffentlichen Aufführung unbedingt verloren ginge. Allein
der Bundesbeschluss vom 12. März 1857, welcher durch das
Publications-Patent vom 4. Mai 1857 für den ganzen Preussischen
Staat als Gesetz verkündet ist, wiederholt die Bestimmung des §. 2
cit. ohne die Beschränkung auf dramatisch-musikalische
Werke 2) und ändert in diesem Puncte das Gesetz vom 20. Fe-
bruar 1854 ab. Doch ist der Vorbehalt der öffentlichen Auf-

1) Vergl. die oben (S. 171) angeführten Gesetze.
2) Bundesbeschluss vom 12. März 1857. §. 2. Auch in dem Falle,
dass der Autor eines dramatischen oder musikalischen Werkes
ein Werk durch den Druck veröffentlicht, kann er sich und seinen Er-
ben oder sonstigen Rechtsnachfolgern das ausschliessende Recht, die
Erlaubniss zur öffentlichen Aufführung zu ertheilen, durch eine mit
seinem darunter gedruckten Namen versehene Erklärung vorbehalten,
die jedem einzelnen Exemplar seines Werkes auf dem Titelblatte vor-
gedruckt sein muss.

V. Gegenstände. §. 17. Schriften (Fortsetzung).
zogl. Hessischen Gesetze vom 23. September 1830, welches
im Art. 6 bestimmt:

»In Bezug auf musikalische Compositionen ist jede Ver-
vielfältigung in veränderter Form erlaubt, wenn die Schaff-
ung der veränderten Form als Geistesproduct angese-
hen werden kann. Ist die Schaffung aber nur mechani-
scher Natur
, dann steht sie unter dem Verbote des Nach-
druckes.«

Hiernach sind also gute Variationen und Uebertragungen
erlaubt, schlechte dagegen verboten. Gewiss die vollkommenste
Regel! wenn nur die Richter zugleich gute Musiker, oder auch
die Musiker zugleich gute Richter wären.

In Bezug auf das Recht der öffentlichen Auffüh-
rung
stehen die musikalischen Werke den dramatischen voll-
ständig gleich 1). Nur das Preussische Gesetz vom 20. Februar
1854 weicht von der Terminologie des früheren Gesetzes vom
11. Juni 1837 und der Bundesbeschlüsse vom 22. April 1841 und
vom 12. März 1857 dadurch ab, dass es im §. 2 nur den Autor
eines dramatischen oder dramatisch-musikalischen
Werkes berechtigt, bei der Herausgabe sich das Recht der öf-
fentlichen Aufführung vorzubehalten. Hiernach würde es für
die nicht dramatischen Musikstücke bei der Regel des
§. 32 des Gesetzes vom 11. Juni 1837 verbleiben, dass mit der
Veröffentlichung durch den Druck das ausschliessliche Recht
der öffentlichen Aufführung unbedingt verloren ginge. Allein
der Bundesbeschluss vom 12. März 1857, welcher durch das
Publications-Patent vom 4. Mai 1857 für den ganzen Preussischen
Staat als Gesetz verkündet ist, wiederholt die Bestimmung des §. 2
cit. ohne die Beschränkung auf dramatisch-musikalische
Werke 2) und ändert in diesem Puncte das Gesetz vom 20. Fe-
bruar 1854 ab. Doch ist der Vorbehalt der öffentlichen Auf-

1) Vergl. die oben (S. 171) angeführten Gesetze.
2) Bundesbeschluss vom 12. März 1857. §. 2. Auch in dem Falle,
dass der Autor eines dramatischen oder musikalischen Werkes
ein Werk durch den Druck veröffentlicht, kann er sich und seinen Er-
ben oder sonstigen Rechtsnachfolgern das ausschliessende Recht, die
Erlaubniss zur öffentlichen Aufführung zu ertheilen, durch eine mit
seinem darunter gedruckten Namen versehene Erklärung vorbehalten,
die jedem einzelnen Exemplar seines Werkes auf dem Titelblatte vor-
gedruckt sein muss.
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[176/0192] V. Gegenstände. §. 17. Schriften (Fortsetzung). zogl. Hessischen Gesetze vom 23. September 1830, welches im Art. 6 bestimmt: »In Bezug auf musikalische Compositionen ist jede Ver- vielfältigung in veränderter Form erlaubt, wenn die Schaff- ung der veränderten Form als Geistesproduct angese- hen werden kann. Ist die Schaffung aber nur mechani- scher Natur, dann steht sie unter dem Verbote des Nach- druckes.« Hiernach sind also gute Variationen und Uebertragungen erlaubt, schlechte dagegen verboten. Gewiss die vollkommenste Regel! wenn nur die Richter zugleich gute Musiker, oder auch die Musiker zugleich gute Richter wären. In Bezug auf das Recht der öffentlichen Auffüh- rung stehen die musikalischen Werke den dramatischen voll- ständig gleich 1). Nur das Preussische Gesetz vom 20. Februar 1854 weicht von der Terminologie des früheren Gesetzes vom 11. Juni 1837 und der Bundesbeschlüsse vom 22. April 1841 und vom 12. März 1857 dadurch ab, dass es im §. 2 nur den Autor eines dramatischen oder dramatisch-musikalischen Werkes berechtigt, bei der Herausgabe sich das Recht der öf- fentlichen Aufführung vorzubehalten. Hiernach würde es für die nicht dramatischen Musikstücke bei der Regel des §. 32 des Gesetzes vom 11. Juni 1837 verbleiben, dass mit der Veröffentlichung durch den Druck das ausschliessliche Recht der öffentlichen Aufführung unbedingt verloren ginge. Allein der Bundesbeschluss vom 12. März 1857, welcher durch das Publications-Patent vom 4. Mai 1857 für den ganzen Preussischen Staat als Gesetz verkündet ist, wiederholt die Bestimmung des §. 2 cit. ohne die Beschränkung auf dramatisch-musikalische Werke 2) und ändert in diesem Puncte das Gesetz vom 20. Fe- bruar 1854 ab. Doch ist der Vorbehalt der öffentlichen Auf- 1) Vergl. die oben (S. 171) angeführten Gesetze. 2) Bundesbeschluss vom 12. März 1857. §. 2. Auch in dem Falle, dass der Autor eines dramatischen oder musikalischen Werkes ein Werk durch den Druck veröffentlicht, kann er sich und seinen Er- ben oder sonstigen Rechtsnachfolgern das ausschliessende Recht, die Erlaubniss zur öffentlichen Aufführung zu ertheilen, durch eine mit seinem darunter gedruckten Namen versehene Erklärung vorbehalten, die jedem einzelnen Exemplar seines Werkes auf dem Titelblatte vor- gedruckt sein muss.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/192>, abgerufen am 29.03.2024.