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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Zeitungen.
Theil schon im Vorhergehenden gedacht ist. Wenn gefragt
wird, ob Gutachten, Prozessschriften, Anzeigen, Fahrpläne,
Programme, Formulare, Gelegenheitsgedichte, Texte von Mu-
sikstücken, Briefe, Kirchenlieder, Schulbücher, Zeitungsartikel
u. s. w. zu den Gegenständen des geistigen Eigenthumes ge-
hören oder nicht, so ist darauf allgemein zu antworten, dass
keine dieser Schriften objectiv von dem Rechte des geistigen
Eigenthumes ausgeschlossen ist, sofern sie ein originales Gei-
stesproduct und zur Mittheilung von Gedanken bestimmt ist,
und sofern die Vervielfältigung derselben ein vermögensrecht-
liches Interesse gewähren kann.

Es kann nur als ein Nachtheil bezeichnet werden, wenn
diese Casuistik in einzelne neuere Gesetze, namentlich in das
österreichische Gesetz vom 19. October 1846 §. 5 b. §. 7 und in
das bayerische Gesetz vom 28. Juni 1865 Art. 4. Art. 25 über-
gegangen ist.

Nur einer der angeführten Fälle: Das Schrifteigenthum an
Zeitungsartikeln bedarf wegen seiner Wichtigkeit und
seiner controversen Natur einer besondern Erwähnung. Im
Allgemeinen ist die theoretische ebenso wie die practische Ju-
risprudenz darin einverstanden, dass die Aufnahme eines lite-
rarischen Erzeugnisses in eine Zeitung, sofern dasselbe an sich
als ein Object des geistigen Eigenthumes zu betrachten ist,
dieser Eigenschaft keinen Eintrag thut 1).

Es handelt sich dagegen um die Frage, ob die gewöhnli-
chen Zeitungscorrespondenzen und die raisonnirenden Artikel
zu den Objecten des geistigen Eigenthumes gehören und des-
halb gegen Nachdruck geschützt sind. Dies wird von einigen
Schriftstellern 2), wenigstens in Bezug auf die bloss thatsächlichen
Mittheilungen, verneint, weil denselben das Merkmal der gei-
stigen Production oder doch der zu einem literarischen Erzeug-
nisse erforderliche geistige Bestand fehle. Dies kann indess

1) Wächter, Das Verlagsrecht Bd. I S. 174. Kaiser, Die Preussi-
sche Gesetzgebung in Bezug auf Urheberrecht, Buchhandel und Presse.
Ergänzungsheft 1865 S. 19. Heydemann und Dambach a. a. O. S.
173 ff.
2) Friedländer, Der einheimische und ausländische Rechtsschutz
gegen Nachdruck S. 27. Harum, Die gegenwärtige Oesterreich. Press-
gesetzgebung S. 81 und zum Theil auch Wächter, Das Verlagsrecht
Th. I S. 174.

Zeitungen.
Theil schon im Vorhergehenden gedacht ist. Wenn gefragt
wird, ob Gutachten, Prozessschriften, Anzeigen, Fahrpläne,
Programme, Formulare, Gelegenheitsgedichte, Texte von Mu-
sikstücken, Briefe, Kirchenlieder, Schulbücher, Zeitungsartikel
u. s. w. zu den Gegenständen des geistigen Eigenthumes ge-
hören oder nicht, so ist darauf allgemein zu antworten, dass
keine dieser Schriften objectiv von dem Rechte des geistigen
Eigenthumes ausgeschlossen ist, sofern sie ein originales Gei-
stesproduct und zur Mittheilung von Gedanken bestimmt ist,
und sofern die Vervielfältigung derselben ein vermögensrecht-
liches Interesse gewähren kann.

Es kann nur als ein Nachtheil bezeichnet werden, wenn
diese Casuistik in einzelne neuere Gesetze, namentlich in das
österreichische Gesetz vom 19. October 1846 §. 5 b. §. 7 und in
das bayerische Gesetz vom 28. Juni 1865 Art. 4. Art. 25 über-
gegangen ist.

Nur einer der angeführten Fälle: Das Schrifteigenthum an
Zeitungsartikeln bedarf wegen seiner Wichtigkeit und
seiner controversen Natur einer besondern Erwähnung. Im
Allgemeinen ist die theoretische ebenso wie die practische Ju-
risprudenz darin einverstanden, dass die Aufnahme eines lite-
rarischen Erzeugnisses in eine Zeitung, sofern dasselbe an sich
als ein Object des geistigen Eigenthumes zu betrachten ist,
dieser Eigenschaft keinen Eintrag thut 1).

Es handelt sich dagegen um die Frage, ob die gewöhnli-
chen Zeitungscorrespondenzen und die raisonnirenden Artikel
zu den Objecten des geistigen Eigenthumes gehören und des-
halb gegen Nachdruck geschützt sind. Dies wird von einigen
Schriftstellern 2), wenigstens in Bezug auf die bloss thatsächlichen
Mittheilungen, verneint, weil denselben das Merkmal der gei-
stigen Production oder doch der zu einem literarischen Erzeug-
nisse erforderliche geistige Bestand fehle. Dies kann indess

1) Wächter, Das Verlagsrecht Bd. I S. 174. Kaiser, Die Preussi-
sche Gesetzgebung in Bezug auf Urheberrecht, Buchhandel und Presse.
Ergänzungsheft 1865 S. 19. Heydemann und Dambach a. a. O. S.
173 ff.
2) Friedländer, Der einheimische und ausländische Rechtsschutz
gegen Nachdruck S. 27. Harum, Die gegenwärtige Oesterreich. Press-
gesetzgebung S. 81 und zum Theil auch Wächter, Das Verlagsrecht
Th. I S. 174.
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[155/0171] Zeitungen. Theil schon im Vorhergehenden gedacht ist. Wenn gefragt wird, ob Gutachten, Prozessschriften, Anzeigen, Fahrpläne, Programme, Formulare, Gelegenheitsgedichte, Texte von Mu- sikstücken, Briefe, Kirchenlieder, Schulbücher, Zeitungsartikel u. s. w. zu den Gegenständen des geistigen Eigenthumes ge- hören oder nicht, so ist darauf allgemein zu antworten, dass keine dieser Schriften objectiv von dem Rechte des geistigen Eigenthumes ausgeschlossen ist, sofern sie ein originales Gei- stesproduct und zur Mittheilung von Gedanken bestimmt ist, und sofern die Vervielfältigung derselben ein vermögensrecht- liches Interesse gewähren kann. Es kann nur als ein Nachtheil bezeichnet werden, wenn diese Casuistik in einzelne neuere Gesetze, namentlich in das österreichische Gesetz vom 19. October 1846 §. 5 b. §. 7 und in das bayerische Gesetz vom 28. Juni 1865 Art. 4. Art. 25 über- gegangen ist. Nur einer der angeführten Fälle: Das Schrifteigenthum an Zeitungsartikeln bedarf wegen seiner Wichtigkeit und seiner controversen Natur einer besondern Erwähnung. Im Allgemeinen ist die theoretische ebenso wie die practische Ju- risprudenz darin einverstanden, dass die Aufnahme eines lite- rarischen Erzeugnisses in eine Zeitung, sofern dasselbe an sich als ein Object des geistigen Eigenthumes zu betrachten ist, dieser Eigenschaft keinen Eintrag thut 1). Es handelt sich dagegen um die Frage, ob die gewöhnli- chen Zeitungscorrespondenzen und die raisonnirenden Artikel zu den Objecten des geistigen Eigenthumes gehören und des- halb gegen Nachdruck geschützt sind. Dies wird von einigen Schriftstellern 2), wenigstens in Bezug auf die bloss thatsächlichen Mittheilungen, verneint, weil denselben das Merkmal der gei- stigen Production oder doch der zu einem literarischen Erzeug- nisse erforderliche geistige Bestand fehle. Dies kann indess 1) Wächter, Das Verlagsrecht Bd. I S. 174. Kaiser, Die Preussi- sche Gesetzgebung in Bezug auf Urheberrecht, Buchhandel und Presse. Ergänzungsheft 1865 S. 19. Heydemann und Dambach a. a. O. S. 173 ff. 2) Friedländer, Der einheimische und ausländische Rechtsschutz gegen Nachdruck S. 27. Harum, Die gegenwärtige Oesterreich. Press- gesetzgebung S. 81 und zum Theil auch Wächter, Das Verlagsrecht Th. I S. 174.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/171>, abgerufen am 23.04.2024.