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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Musiktexte.
Mittheilung erscheint, nicht aber in dem Falle, wo der Text
lediglich als Träger der Melodie ohne selbständigen Inhalt zu
betrachten ist.

Verschieden von der hier erörterten Frage ist die zur Er-
örterung des Thatbestandes des Nachdrucks gehörige, ob ein
gedrucktes oder ungedrucktes Gedicht ohne Erlaubniss des
Verfassers als Text zu einer musikalischen Composition benutzt
werden darf. Doch auch bei dieser Frage ist in derselben
Weise wie oben zu unterscheiden, ob der Text als blosser Trä-
ger der Melodie benutzt ist, oder ob die Reproduction des
Textes selbst als Gegenstand vermögensrechtlicher Nutzung ge-
braucht worden ist. Daher gilt die Herausgabe der Klavier-
composition eines Liedes allgemein für erlaubt, weil Niemand
das Musikstück um des Textes willen kaufen wird. Dagegen
wird die Benutzung eines fremden Operntextes zur Composition
ebenso allgemein für nicht erlaubt erachtet, weil die Aufführung
der Oper ebensowohl die Nutzung des Dramas als der musikali-
schen Composition enthält. Casuistische Bestimmungen sind für
beide Fragen entbehrlich. Man hat solche gleichwohl verlangt und
es sind solche Detailbestimmungen namentlich aus den Gesetz-
entwürfen des Leipziger Börsenvereines (§. 37) und des Frank-
furter Bundestages (§. 25) in das Bayerische Gesetz vom 28.
Juni 1865 übergegangen, welches bestimmt:

Art. 25. "Lässt der Tonsetzer einen bereits veröffentlich-
ten Text in Verbindung mit einer von ihm dazugesetzten
musikalischen Composition abdrucken, so gilt dies nicht als
Nachdruck.

Dagegen ist der Abdruck nur mit Genehmigung des Dich-
ters gestattet, wenn der Text.

a) noch nicht, oder
b) nur zum Gebrauche bei Aufführungen (Art. 47), oder
c) nur zusammen mit einer musikalischen Composition ge-
druckt und im letzten Falle auf dem Titelblatte durch
den Dichter vorbehalten ist, der Text dürfe nicht in
Verbindung mit einer anderen Composition abgedruckt
werden."

Alles was zum Lobe dieser Bestimmungen gesagt werden
kann, ist, dass sie sich nicht zu weit von dem Resultate-der
rationellen Auslegung entfernen.

Aus der Terminologie der deutschen Bundesbeschlüsse und

Musiktexte.
Mittheilung erscheint, nicht aber in dem Falle, wo der Text
lediglich als Träger der Melodie ohne selbständigen Inhalt zu
betrachten ist.

Verschieden von der hier erörterten Frage ist die zur Er-
örterung des Thatbestandes des Nachdrucks gehörige, ob ein
gedrucktes oder ungedrucktes Gedicht ohne Erlaubniss des
Verfassers als Text zu einer musikalischen Composition benutzt
werden darf. Doch auch bei dieser Frage ist in derselben
Weise wie oben zu unterscheiden, ob der Text als blosser Trä-
ger der Melodie benutzt ist, oder ob die Reproduction des
Textes selbst als Gegenstand vermögensrechtlicher Nutzung ge-
braucht worden ist. Daher gilt die Herausgabe der Klavier-
composition eines Liedes allgemein für erlaubt, weil Niemand
das Musikstück um des Textes willen kaufen wird. Dagegen
wird die Benutzung eines fremden Operntextes zur Composition
ebenso allgemein für nicht erlaubt erachtet, weil die Aufführung
der Oper ebensowohl die Nutzung des Dramas als der musikali-
schen Composition enthält. Casuistische Bestimmungen sind für
beide Fragen entbehrlich. Man hat solche gleichwohl verlangt und
es sind solche Detailbestimmungen namentlich aus den Gesetz-
entwürfen des Leipziger Börsenvereines (§. 37) und des Frank-
furter Bundestages (§. 25) in das Bayerische Gesetz vom 28.
Juni 1865 übergegangen, welches bestimmt:

Art. 25. »Lässt der Tonsetzer einen bereits veröffentlich-
ten Text in Verbindung mit einer von ihm dazugesetzten
musikalischen Composition abdrucken, so gilt dies nicht als
Nachdruck.

Dagegen ist der Abdruck nur mit Genehmigung des Dich-
ters gestattet, wenn der Text.

a) noch nicht, oder
b) nur zum Gebrauche bei Aufführungen (Art. 47), oder
c) nur zusammen mit einer musikalischen Composition ge-
druckt und im letzten Falle auf dem Titelblatte durch
den Dichter vorbehalten ist, der Text dürfe nicht in
Verbindung mit einer anderen Composition abgedruckt
werden.«

Alles was zum Lobe dieser Bestimmungen gesagt werden
kann, ist, dass sie sich nicht zu weit von dem Resultate-der
rationellen Auslegung entfernen.

Aus der Terminologie der deutschen Bundesbeschlüsse und

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[149/0165] Musiktexte. Mittheilung erscheint, nicht aber in dem Falle, wo der Text lediglich als Träger der Melodie ohne selbständigen Inhalt zu betrachten ist. Verschieden von der hier erörterten Frage ist die zur Er- örterung des Thatbestandes des Nachdrucks gehörige, ob ein gedrucktes oder ungedrucktes Gedicht ohne Erlaubniss des Verfassers als Text zu einer musikalischen Composition benutzt werden darf. Doch auch bei dieser Frage ist in derselben Weise wie oben zu unterscheiden, ob der Text als blosser Trä- ger der Melodie benutzt ist, oder ob die Reproduction des Textes selbst als Gegenstand vermögensrechtlicher Nutzung ge- braucht worden ist. Daher gilt die Herausgabe der Klavier- composition eines Liedes allgemein für erlaubt, weil Niemand das Musikstück um des Textes willen kaufen wird. Dagegen wird die Benutzung eines fremden Operntextes zur Composition ebenso allgemein für nicht erlaubt erachtet, weil die Aufführung der Oper ebensowohl die Nutzung des Dramas als der musikali- schen Composition enthält. Casuistische Bestimmungen sind für beide Fragen entbehrlich. Man hat solche gleichwohl verlangt und es sind solche Detailbestimmungen namentlich aus den Gesetz- entwürfen des Leipziger Börsenvereines (§. 37) und des Frank- furter Bundestages (§. 25) in das Bayerische Gesetz vom 28. Juni 1865 übergegangen, welches bestimmt: Art. 25. »Lässt der Tonsetzer einen bereits veröffentlich- ten Text in Verbindung mit einer von ihm dazugesetzten musikalischen Composition abdrucken, so gilt dies nicht als Nachdruck. Dagegen ist der Abdruck nur mit Genehmigung des Dich- ters gestattet, wenn der Text. a) noch nicht, oder b) nur zum Gebrauche bei Aufführungen (Art. 47), oder c) nur zusammen mit einer musikalischen Composition ge- druckt und im letzten Falle auf dem Titelblatte durch den Dichter vorbehalten ist, der Text dürfe nicht in Verbindung mit einer anderen Composition abgedruckt werden.« Alles was zum Lobe dieser Bestimmungen gesagt werden kann, ist, dass sie sich nicht zu weit von dem Resultate-der rationellen Auslegung entfernen. Aus der Terminologie der deutschen Bundesbeschlüsse und

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/165>, abgerufen am 20.04.2024.