Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

V. Gegenstände. §. 16. Schriften.
Gedanken durch Schriftzeichen, deren Vervielfältigung durch
den Druck ein vermögensrechtliches Interesse gewährt. Beide
Bezeichnungen unterscheiden sich dadurch von einander, dass
die zweite mehr die allgemeinen Requisite des geistigen Eigen-
thumes: das Erforderniss der geistigen Production und der li-
terarischen (buchhändlerischen) Verwendbarkeit hervorhebt, wäh-
rend die erstere lediglich von der besondern Form der Gegen-
stände des literarischen Eigenthumes, von der schriftlichen Ab-
fassung hergenommen ist, und deshalb für den wissenschaftli-
chen Gebrauch den Vorzug verdient.

Aus dem Begriffe der Schriften als einer Mittheilung von
Gedanken durch Schriftzeichen ergibt sich neben den allge-
meinen Requisiten des geistigen Eigenthumes ein doppeltes
Erforderniss für die Gegenstände des Schrifteigenthumes, von
denen das eine den Inhalt, das andere die Form betrifft, nämlich:

1. Die Schrift muss zur Mittheilung von Gedanken be-
stimmt sein.

2. Die Mittheilung der Gedanken muss in schriftlicher
Form erfolgen 1).

Ausser diesen beiden Bedingungen ist das Schrifteigenthum,
wie die folgende Untersuchung ergeben wird, an kein objectives
Erforderniss gebunden.

Der Inhalt der Schrift muss zur Mittheilung von Gedan-
ken bestimmt sein. Daher bilden blosse Schrift- und Druck-
proben, kalligraphische Vorschriften und dgl. keinen
Gegenstand des Schrifteigenthumes 2). Dies gilt auch dann, wenn
der Text der Vorschriften Gedanken enthält, die der Verfertiger
zu diesem Gebrauche gesammelt oder ursprünglich aufgezeichnet
hat, da der Zweck des Werkes eben nicht in der Mittheilung der
Gedanken, sondern in dem Gebrauche als Schreibmuster be-
steht. Aus demselben Grunde, aus welchem nach S. 129 Sche-
mata und Formulare, welche zum Gebrauche als Schreibpapier
bestimmt sind, nicht Gegenstand des literarischen Eigenthumes
sein können, wird auch bei den Vorschriften dies dadurch ver-
hindert, dass hier nicht die Schriftzeichen zur Mittheilung von

1) In Betreff der schriftlichen Form vergl. den folgenden Paragra-
phen (§. 17).
2) Heydemann und Dambach, Die preussische Nachdrucksgesetz-
gebung S. 200--214.

V. Gegenstände. §. 16. Schriften.
Gedanken durch Schriftzeichen, deren Vervielfältigung durch
den Druck ein vermögensrechtliches Interesse gewährt. Beide
Bezeichnungen unterscheiden sich dadurch von einander, dass
die zweite mehr die allgemeinen Requisite des geistigen Eigen-
thumes: das Erforderniss der geistigen Production und der li-
terarischen (buchhändlerischen) Verwendbarkeit hervorhebt, wäh-
rend die erstere lediglich von der besondern Form der Gegen-
stände des literarischen Eigenthumes, von der schriftlichen Ab-
fassung hergenommen ist, und deshalb für den wissenschaftli-
chen Gebrauch den Vorzug verdient.

Aus dem Begriffe der Schriften als einer Mittheilung von
Gedanken durch Schriftzeichen ergibt sich neben den allge-
meinen Requisiten des geistigen Eigenthumes ein doppeltes
Erforderniss für die Gegenstände des Schrifteigenthumes, von
denen das eine den Inhalt, das andere die Form betrifft, nämlich:

1. Die Schrift muss zur Mittheilung von Gedanken be-
stimmt sein.

2. Die Mittheilung der Gedanken muss in schriftlicher
Form erfolgen 1).

Ausser diesen beiden Bedingungen ist das Schrifteigenthum,
wie die folgende Untersuchung ergeben wird, an kein objectives
Erforderniss gebunden.

Der Inhalt der Schrift muss zur Mittheilung von Gedan-
ken bestimmt sein. Daher bilden blosse Schrift- und Druck-
proben, kalligraphische Vorschriften und dgl. keinen
Gegenstand des Schrifteigenthumes 2). Dies gilt auch dann, wenn
der Text der Vorschriften Gedanken enthält, die der Verfertiger
zu diesem Gebrauche gesammelt oder ursprünglich aufgezeichnet
hat, da der Zweck des Werkes eben nicht in der Mittheilung der
Gedanken, sondern in dem Gebrauche als Schreibmuster be-
steht. Aus demselben Grunde, aus welchem nach S. 129 Sche-
mata und Formulare, welche zum Gebrauche als Schreibpapier
bestimmt sind, nicht Gegenstand des literarischen Eigenthumes
sein können, wird auch bei den Vorschriften dies dadurch ver-
hindert, dass hier nicht die Schriftzeichen zur Mittheilung von

1) In Betreff der schriftlichen Form vergl. den folgenden Paragra-
phen (§. 17).
2) Heydemann und Dambach, Die preussische Nachdrucksgesetz-
gebung S. 200—214.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0162" n="146"/><fw place="top" type="header">V. Gegenstände. §. 16. Schriften.</fw><lb/>
Gedanken durch Schriftzeichen, deren Vervielfältigung durch<lb/>
den Druck ein vermögensrechtliches Interesse gewährt. Beide<lb/>
Bezeichnungen unterscheiden sich dadurch von einander, dass<lb/>
die zweite mehr die allgemeinen Requisite des geistigen Eigen-<lb/>
thumes: das Erforderniss der geistigen Production und der li-<lb/>
terarischen (buchhändlerischen) Verwendbarkeit hervorhebt, wäh-<lb/>
rend die erstere lediglich von der besondern Form der Gegen-<lb/>
stände des literarischen Eigenthumes, von der schriftlichen Ab-<lb/>
fassung hergenommen ist, und deshalb für den wissenschaftli-<lb/>
chen Gebrauch den Vorzug verdient.</p><lb/>
            <p>Aus dem Begriffe der Schriften als einer Mittheilung von<lb/>
Gedanken durch Schriftzeichen ergibt sich neben den allge-<lb/>
meinen Requisiten des geistigen Eigenthumes ein doppeltes<lb/>
Erforderniss für die Gegenstände des Schrifteigenthumes, von<lb/>
denen das eine den Inhalt, das andere die Form betrifft, nämlich:</p><lb/>
            <p>1. Die Schrift muss zur Mittheilung von Gedanken be-<lb/>
stimmt sein.</p><lb/>
            <p>2. Die Mittheilung der Gedanken muss in schriftlicher<lb/>
Form erfolgen <note place="foot" n="1)">In Betreff der schriftlichen Form vergl. den folgenden Paragra-<lb/>
phen (§. 17).</note>.</p><lb/>
            <p>Ausser diesen beiden Bedingungen ist das Schrifteigenthum,<lb/>
wie die folgende Untersuchung ergeben wird, an kein objectives<lb/>
Erforderniss gebunden.</p><lb/>
            <p>Der <hi rendition="#g">Inhalt</hi> der Schrift muss zur Mittheilung von Gedan-<lb/>
ken bestimmt sein. Daher bilden blosse Schrift- und Druck-<lb/>
proben, <hi rendition="#g">kalligraphische Vorschriften</hi> und dgl. keinen<lb/>
Gegenstand des Schrifteigenthumes <note place="foot" n="2)">Heydemann und Dambach, Die preussische Nachdrucksgesetz-<lb/>
gebung S. 200&#x2014;214.</note>. Dies gilt auch dann, wenn<lb/>
der Text der Vorschriften Gedanken enthält, die der Verfertiger<lb/>
zu diesem Gebrauche gesammelt oder ursprünglich aufgezeichnet<lb/>
hat, da der Zweck des Werkes eben nicht in der Mittheilung der<lb/>
Gedanken, sondern in dem Gebrauche als Schreibmuster be-<lb/>
steht. Aus demselben Grunde, aus welchem nach S. 129 Sche-<lb/>
mata und Formulare, welche zum Gebrauche als Schreibpapier<lb/>
bestimmt sind, nicht Gegenstand des literarischen Eigenthumes<lb/>
sein können, wird auch bei den Vorschriften dies dadurch ver-<lb/>
hindert, dass hier nicht die Schriftzeichen zur Mittheilung von<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0162] V. Gegenstände. §. 16. Schriften. Gedanken durch Schriftzeichen, deren Vervielfältigung durch den Druck ein vermögensrechtliches Interesse gewährt. Beide Bezeichnungen unterscheiden sich dadurch von einander, dass die zweite mehr die allgemeinen Requisite des geistigen Eigen- thumes: das Erforderniss der geistigen Production und der li- terarischen (buchhändlerischen) Verwendbarkeit hervorhebt, wäh- rend die erstere lediglich von der besondern Form der Gegen- stände des literarischen Eigenthumes, von der schriftlichen Ab- fassung hergenommen ist, und deshalb für den wissenschaftli- chen Gebrauch den Vorzug verdient. Aus dem Begriffe der Schriften als einer Mittheilung von Gedanken durch Schriftzeichen ergibt sich neben den allge- meinen Requisiten des geistigen Eigenthumes ein doppeltes Erforderniss für die Gegenstände des Schrifteigenthumes, von denen das eine den Inhalt, das andere die Form betrifft, nämlich: 1. Die Schrift muss zur Mittheilung von Gedanken be- stimmt sein. 2. Die Mittheilung der Gedanken muss in schriftlicher Form erfolgen 1). Ausser diesen beiden Bedingungen ist das Schrifteigenthum, wie die folgende Untersuchung ergeben wird, an kein objectives Erforderniss gebunden. Der Inhalt der Schrift muss zur Mittheilung von Gedan- ken bestimmt sein. Daher bilden blosse Schrift- und Druck- proben, kalligraphische Vorschriften und dgl. keinen Gegenstand des Schrifteigenthumes 2). Dies gilt auch dann, wenn der Text der Vorschriften Gedanken enthält, die der Verfertiger zu diesem Gebrauche gesammelt oder ursprünglich aufgezeichnet hat, da der Zweck des Werkes eben nicht in der Mittheilung der Gedanken, sondern in dem Gebrauche als Schreibmuster be- steht. Aus demselben Grunde, aus welchem nach S. 129 Sche- mata und Formulare, welche zum Gebrauche als Schreibpapier bestimmt sind, nicht Gegenstand des literarischen Eigenthumes sein können, wird auch bei den Vorschriften dies dadurch ver- hindert, dass hier nicht die Schriftzeichen zur Mittheilung von 1) In Betreff der schriftlichen Form vergl. den folgenden Paragra- phen (§. 17). 2) Heydemann und Dambach, Die preussische Nachdrucksgesetz- gebung S. 200—214.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/162
Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/162>, abgerufen am 25.04.2024.