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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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IV. Das geistige Eigenthum. §. 14. Erfordernisse.
Schriftstellers ebenso verschieden, wie die Gegenstände, auf
welche sich beide Rechte beziehen, während beide Rechte, von
dieser Verschiedenheit des Gegenstandes abgesehen, den ganz
gleichen Inhalt der ausschliesslichen Reproduction eben dieses
Gegenstandes haben. Bei den Erfindungen beschränkt sich
dieses Recht der ausschliesslichen Reproduction allerdings nicht
auf die mechanische Vervielfältigung, sondern erstreckt sich
nach der Natur des Gegenstandes auf jede Verfertigung der
patentirten Waare und auf jede Wiederholung des patentirten
Fabrikationsprozesses. Dagegen will der Erfinder ebensowenig
wie der Schriftsteller die Benutzung seines Productes zu eigenem
Gebrauche verhindern, sofern nur die benutzte Waare von ihm
bezogen wird. Er will ebensowenig irgend Jemanden an dem
Gebrauche eines von ihm verkauften Stückes der patentirten
Waare verhindern, als der Schriftsteller oder Verleger irgend
Jemanden an der Lectüre des von ihm verkauften Buches hin-
dern kann.

Wenn also überhaupt ein Recht des Erfinders, sei es durch
Privilegien, sei es durch allgemeine Rechtsregel, statuirt wer-
den kann, so ist dasselbe dem geistigen Eigenthume des Schrift-
stellers wesentlich gleichartig; und diese Gleichartigkeit ist von
der englischen und französischen Jurisprudenz längst und all-
gemein anerkannt worden.

Wenn gleichwohl die deutsche Jurisprudenz sich gegen
diese Verbindung und gegen die Anerkennung des geistigen
Eigenthumes der Erfinder sträubt, so liegt der Grund hierfür
allein in den Schwierigkeiten, welchen der Versuch begegnet,
die objectiven Erfordernisse einer Erfindung als Gegenstand des
Patentschutzes, insbesondre die Merkmale des geistigen Schaf-
fens juristisch zu definiren -- Schwierigkeiten, die freilich da-
durch nicht beseitigt werden, dass man an die Gesetzgebung
das Verlangen stellt, das Patentwesen zu verbessern, ohne das
Autorrecht auf die Erfindungen auszudehnen 1).

Das zweite Erforderniss eines Gegenstandes des geistigen
Eigenthumes, die Originalität der Production, ist eine
bloss negative Bedingung des Inhaltes, dass das Werk weder
die Wiederholung eines andern Geistesproductes noch auch die
bloss mechanische Reproduction eines Naturproductes sein darf.

1) Beseler a. a. O. S. 323.

IV. Das geistige Eigenthum. §. 14. Erfordernisse.
Schriftstellers ebenso verschieden, wie die Gegenstände, auf
welche sich beide Rechte beziehen, während beide Rechte, von
dieser Verschiedenheit des Gegenstandes abgesehen, den ganz
gleichen Inhalt der ausschliesslichen Reproduction eben dieses
Gegenstandes haben. Bei den Erfindungen beschränkt sich
dieses Recht der ausschliesslichen Reproduction allerdings nicht
auf die mechanische Vervielfältigung, sondern erstreckt sich
nach der Natur des Gegenstandes auf jede Verfertigung der
patentirten Waare und auf jede Wiederholung des patentirten
Fabrikationsprozesses. Dagegen will der Erfinder ebensowenig
wie der Schriftsteller die Benutzung seines Productes zu eigenem
Gebrauche verhindern, sofern nur die benutzte Waare von ihm
bezogen wird. Er will ebensowenig irgend Jemanden an dem
Gebrauche eines von ihm verkauften Stückes der patentirten
Waare verhindern, als der Schriftsteller oder Verleger irgend
Jemanden an der Lectüre des von ihm verkauften Buches hin-
dern kann.

Wenn also überhaupt ein Recht des Erfinders, sei es durch
Privilegien, sei es durch allgemeine Rechtsregel, statuirt wer-
den kann, so ist dasselbe dem geistigen Eigenthume des Schrift-
stellers wesentlich gleichartig; und diese Gleichartigkeit ist von
der englischen und französischen Jurisprudenz längst und all-
gemein anerkannt worden.

Wenn gleichwohl die deutsche Jurisprudenz sich gegen
diese Verbindung und gegen die Anerkennung des geistigen
Eigenthumes der Erfinder sträubt, so liegt der Grund hierfür
allein in den Schwierigkeiten, welchen der Versuch begegnet,
die objectiven Erfordernisse einer Erfindung als Gegenstand des
Patentschutzes, insbesondre die Merkmale des geistigen Schaf-
fens juristisch zu definiren — Schwierigkeiten, die freilich da-
durch nicht beseitigt werden, dass man an die Gesetzgebung
das Verlangen stellt, das Patentwesen zu verbessern, ohne das
Autorrecht auf die Erfindungen auszudehnen 1).

Das zweite Erforderniss eines Gegenstandes des geistigen
Eigenthumes, die Originalität der Production, ist eine
bloss negative Bedingung des Inhaltes, dass das Werk weder
die Wiederholung eines andern Geistesproductes noch auch die
bloss mechanische Reproduction eines Naturproductes sein darf.

1) Beseler a. a. O. S. 323.
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[132/0148] IV. Das geistige Eigenthum. §. 14. Erfordernisse. Schriftstellers ebenso verschieden, wie die Gegenstände, auf welche sich beide Rechte beziehen, während beide Rechte, von dieser Verschiedenheit des Gegenstandes abgesehen, den ganz gleichen Inhalt der ausschliesslichen Reproduction eben dieses Gegenstandes haben. Bei den Erfindungen beschränkt sich dieses Recht der ausschliesslichen Reproduction allerdings nicht auf die mechanische Vervielfältigung, sondern erstreckt sich nach der Natur des Gegenstandes auf jede Verfertigung der patentirten Waare und auf jede Wiederholung des patentirten Fabrikationsprozesses. Dagegen will der Erfinder ebensowenig wie der Schriftsteller die Benutzung seines Productes zu eigenem Gebrauche verhindern, sofern nur die benutzte Waare von ihm bezogen wird. Er will ebensowenig irgend Jemanden an dem Gebrauche eines von ihm verkauften Stückes der patentirten Waare verhindern, als der Schriftsteller oder Verleger irgend Jemanden an der Lectüre des von ihm verkauften Buches hin- dern kann. Wenn also überhaupt ein Recht des Erfinders, sei es durch Privilegien, sei es durch allgemeine Rechtsregel, statuirt wer- den kann, so ist dasselbe dem geistigen Eigenthume des Schrift- stellers wesentlich gleichartig; und diese Gleichartigkeit ist von der englischen und französischen Jurisprudenz längst und all- gemein anerkannt worden. Wenn gleichwohl die deutsche Jurisprudenz sich gegen diese Verbindung und gegen die Anerkennung des geistigen Eigenthumes der Erfinder sträubt, so liegt der Grund hierfür allein in den Schwierigkeiten, welchen der Versuch begegnet, die objectiven Erfordernisse einer Erfindung als Gegenstand des Patentschutzes, insbesondre die Merkmale des geistigen Schaf- fens juristisch zu definiren — Schwierigkeiten, die freilich da- durch nicht beseitigt werden, dass man an die Gesetzgebung das Verlangen stellt, das Patentwesen zu verbessern, ohne das Autorrecht auf die Erfindungen auszudehnen 1). Das zweite Erforderniss eines Gegenstandes des geistigen Eigenthumes, die Originalität der Production, ist eine bloss negative Bedingung des Inhaltes, dass das Werk weder die Wiederholung eines andern Geistesproductes noch auch die bloss mechanische Reproduction eines Naturproductes sein darf. 1) Beseler a. a. O. S. 323.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/148>, abgerufen am 20.04.2024.