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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Geistige Production.
die in seinem Bauwerke ausgeführte Form der künstlerischen
Darstellung besonders in der Gestalt von Plänen, Zeichnungen
und Beschreibungen herauszugeben und dadurch zu einem Ge-
genstande seines geistigen Eigenthumes zu machen.

Ebenso verhält es sich mit andern Werken der bildenden
Kunst, welche sich als Gegenstände des materiellen Gebrauches
darstellen. Die nach den Zeichnungen Raphaels und seiner
Schüler gewirkten Tapeten der Sixtinischen Kapelle gehören
zu den berühmtesten Werken der bildenden Kunst. Dennoch
sind Darstellungen dieser Art nach der bestehenden Gesetzge-
bung nicht gegen Nachbildung geschützt 1), während der Künstler
allerdings berechtigt ist, sein geistiges Eigenthum an den zu
der Ausführung benutzten Cartons durch Erfüllung der gesetz-
lich vorgeschriebenen Formen zu wahren.

Bei den Schriften ist die hier hervorgehobene Unterschei-
dung nur in seltenen Fällen anwendbar, weil in der Regel bei
den Schriften auch der untergeordnetsten Gattung der verwandte
Stoff (das Druckpapier) nur als der Träger des geistigen Inhaltes
dient. Sie bildet gleichwohl den Grund, weshalb Druckformu-
lare, die zur Ausfüllung also zum materiellen Gebrauche (als
Schreibpapier) bestimmt sind, nicht den Rechtsschutz des gei-
stigen Eigenthumes geniessen. Der Königliche literarische Sach-
verständigen-Verein zu Berlin hat in den drei Gutachten vom
22. April 1846, vom 21. Mai 1856 und vom 28. Februar 1859 2)
durchaus folgerichtig angenommen, dass Klagschemata und Con-
tobücher keinen Schutz gegen Nachdruck geniessen, während
ein Formularbuch, welches blosse Muster für dergleichen
Schriften enthält, gegen den Nachdruck geschützt ist. Es kommt
auch bei dieser Entscheidung keinesweges auf den höheren Grad
der geistigen Arbeit an, der in dem einen oder dem andern
Falle verwendet wurde, sondern lediglich auf den Umstand, dass
das Product sich in dem einen Falle als ein zum Beschreiben
bestimmtes Papier, in dem andern dagegen als eine nur zur
geistigen Aneignung bestimmte Druckschrift darstellt.

Bei den Erfindungen ist es schwieriger, die Grenze zu be-

1) Dies folgt für das Preussische Recht insbesondere aus der
Umkehrung des §. 35 des Gesetzes v. 11. Juni 1837 (Vergl. unten S. 144).
2) Heidemann und Dambach, Die Preussische Nachdrucksgesetz-
gebung. Berlin 1863 S. 204--214.
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Geistige Production.
die in seinem Bauwerke ausgeführte Form der künstlerischen
Darstellung besonders in der Gestalt von Plänen, Zeichnungen
und Beschreibungen herauszugeben und dadurch zu einem Ge-
genstande seines geistigen Eigenthumes zu machen.

Ebenso verhält es sich mit andern Werken der bildenden
Kunst, welche sich als Gegenstände des materiellen Gebrauches
darstellen. Die nach den Zeichnungen Raphaels und seiner
Schüler gewirkten Tapeten der Sixtinischen Kapelle gehören
zu den berühmtesten Werken der bildenden Kunst. Dennoch
sind Darstellungen dieser Art nach der bestehenden Gesetzge-
bung nicht gegen Nachbildung geschützt 1), während der Künstler
allerdings berechtigt ist, sein geistiges Eigenthum an den zu
der Ausführung benutzten Cartons durch Erfüllung der gesetz-
lich vorgeschriebenen Formen zu wahren.

Bei den Schriften ist die hier hervorgehobene Unterschei-
dung nur in seltenen Fällen anwendbar, weil in der Regel bei
den Schriften auch der untergeordnetsten Gattung der verwandte
Stoff (das Druckpapier) nur als der Träger des geistigen Inhaltes
dient. Sie bildet gleichwohl den Grund, weshalb Druckformu-
lare, die zur Ausfüllung also zum materiellen Gebrauche (als
Schreibpapier) bestimmt sind, nicht den Rechtsschutz des gei-
stigen Eigenthumes geniessen. Der Königliche literarische Sach-
verständigen-Verein zu Berlin hat in den drei Gutachten vom
22. April 1846, vom 21. Mai 1856 und vom 28. Februar 1859 2)
durchaus folgerichtig angenommen, dass Klagschemata und Con-
tobücher keinen Schutz gegen Nachdruck geniessen, während
ein Formularbuch, welches blosse Muster für dergleichen
Schriften enthält, gegen den Nachdruck geschützt ist. Es kommt
auch bei dieser Entscheidung keinesweges auf den höheren Grad
der geistigen Arbeit an, der in dem einen oder dem andern
Falle verwendet wurde, sondern lediglich auf den Umstand, dass
das Product sich in dem einen Falle als ein zum Beschreiben
bestimmtes Papier, in dem andern dagegen als eine nur zur
geistigen Aneignung bestimmte Druckschrift darstellt.

Bei den Erfindungen ist es schwieriger, die Grenze zu be-

1) Dies folgt für das Preussische Recht insbesondere aus der
Umkehrung des §. 35 des Gesetzes v. 11. Juni 1837 (Vergl. unten S. 144).
2) Heidemann und Dambach, Die Preussische Nachdrucksgesetz-
gebung. Berlin 1863 S. 204—214.
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[129/0145] Geistige Production. die in seinem Bauwerke ausgeführte Form der künstlerischen Darstellung besonders in der Gestalt von Plänen, Zeichnungen und Beschreibungen herauszugeben und dadurch zu einem Ge- genstande seines geistigen Eigenthumes zu machen. Ebenso verhält es sich mit andern Werken der bildenden Kunst, welche sich als Gegenstände des materiellen Gebrauches darstellen. Die nach den Zeichnungen Raphaels und seiner Schüler gewirkten Tapeten der Sixtinischen Kapelle gehören zu den berühmtesten Werken der bildenden Kunst. Dennoch sind Darstellungen dieser Art nach der bestehenden Gesetzge- bung nicht gegen Nachbildung geschützt 1), während der Künstler allerdings berechtigt ist, sein geistiges Eigenthum an den zu der Ausführung benutzten Cartons durch Erfüllung der gesetz- lich vorgeschriebenen Formen zu wahren. Bei den Schriften ist die hier hervorgehobene Unterschei- dung nur in seltenen Fällen anwendbar, weil in der Regel bei den Schriften auch der untergeordnetsten Gattung der verwandte Stoff (das Druckpapier) nur als der Träger des geistigen Inhaltes dient. Sie bildet gleichwohl den Grund, weshalb Druckformu- lare, die zur Ausfüllung also zum materiellen Gebrauche (als Schreibpapier) bestimmt sind, nicht den Rechtsschutz des gei- stigen Eigenthumes geniessen. Der Königliche literarische Sach- verständigen-Verein zu Berlin hat in den drei Gutachten vom 22. April 1846, vom 21. Mai 1856 und vom 28. Februar 1859 2) durchaus folgerichtig angenommen, dass Klagschemata und Con- tobücher keinen Schutz gegen Nachdruck geniessen, während ein Formularbuch, welches blosse Muster für dergleichen Schriften enthält, gegen den Nachdruck geschützt ist. Es kommt auch bei dieser Entscheidung keinesweges auf den höheren Grad der geistigen Arbeit an, der in dem einen oder dem andern Falle verwendet wurde, sondern lediglich auf den Umstand, dass das Product sich in dem einen Falle als ein zum Beschreiben bestimmtes Papier, in dem andern dagegen als eine nur zur geistigen Aneignung bestimmte Druckschrift darstellt. Bei den Erfindungen ist es schwieriger, die Grenze zu be- 1) Dies folgt für das Preussische Recht insbesondere aus der Umkehrung des §. 35 des Gesetzes v. 11. Juni 1837 (Vergl. unten S. 144). 2) Heidemann und Dambach, Die Preussische Nachdrucksgesetz- gebung. Berlin 1863 S. 204—214. 9

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/145>, abgerufen am 28.03.2024.