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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

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Erster Gesang.
Durch ihr Glänzen geblendet, die irren Sterblichen eilen.
Jtzo hatten sie häufig die schimmernden Lauben ver-
lassen,

Und sich zu ihren Vertrauten, den Engeln der Erde, ver-
sammelt.

Gabriel that itzo der ganzen Geisterversammlung
Alles das kund, was GOtt ihm befahl vom Meßias zu
sagen.

Diese blieb wie entzückt um den hohen göttlichen Lehrer,
Und ließ ihre Gedancken in tiefe Betrachtungen nieder.

liebenswürdiges Paar, zwo befreundete See-
len,

Benjamin und Dudaim, umarmten einander, und spra-
chen:
Jst das nicht, o Dudaim, der holde vertrauliche Leh-
rer?

Jsts nicht JEsus, von welchem der Seraph dies alles
erzählte?

Ach, ich weiß es noch wohl, wie er uns inbrünstig um-
armte,

Wie er uns an die klopfende Brust mit Zärtlichkeit
drückte.

Eine getreue leutselige Zähre, die seh ich noch immer,
Netzte sein Antlitz, ich küßte sie auf, die seh ich noch immer.
Und drauf sagt er, o Benjamin, unsern umstehenden
Müttern:

Werdet, wie Kinder, sonst könnt ihr das Reich des Vaters
nicht erben.

Ja,
C 5

Erſter Geſang.
Durch ihr Glaͤnzen geblendet, die irren Sterblichen eilen.
Jtzo hatten ſie haͤufig die ſchimmernden Lauben ver-
laſſen,

Und ſich zu ihren Vertrauten, den Engeln der Erde, ver-
ſammelt.

Gabriel that itzo der ganzen Geiſterverſammlung
Alles das kund, was GOtt ihm befahl vom Meßias zu
ſagen.

Dieſe blieb wie entzuͤckt um den hohen goͤttlichen Lehrer,
Und ließ ihre Gedancken in tiefe Betrachtungen nieder.

liebenswuͤrdiges Paar, zwo befreundete See-
len,

Benjamin und Dudaim, umarmten einander, und ſpra-
chen:
Jſt das nicht, o Dudaim, der holde vertrauliche Leh-
rer?

Jſts nicht JEſus, von welchem der Seraph dies alles
erzaͤhlte?

Ach, ich weiß es noch wohl, wie er uns inbruͤnſtig um-
armte,

Wie er uns an die klopfende Bruſt mit Zaͤrtlichkeit
druͤckte.

Eine getreue leutſelige Zaͤhre, die ſeh ich noch immer,
Netzte ſein Antlitz, ich kuͤßte ſie auf, die ſeh ich noch immer.
Und drauf ſagt er, o Benjamin, unſern umſtehenden
Muͤttern:

Werdet, wie Kinder, ſonſt koͤnnt ihr das Reich des Vaters
nicht erben.

Ja,
C 5
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[41/0045] Erſter Geſang. Durch ihr Glaͤnzen geblendet, die irren Sterblichen eilen. Jtzo hatten ſie haͤufig die ſchimmernden Lauben ver- laſſen, Und ſich zu ihren Vertrauten, den Engeln der Erde, ver- ſammelt. Gabriel that itzo der ganzen Geiſterverſammlung Alles das kund, was GOtt ihm befahl vom Meßias zu ſagen. Dieſe blieb wie entzuͤckt um den hohen goͤttlichen Lehrer, Und ließ ihre Gedancken in tiefe Betrachtungen nieder. liebenswuͤrdiges Paar, zwo befreundete See- len, Benjamin und Dudaim, umarmten einander, und ſpra- chen: Jſt das nicht, o Dudaim, der holde vertrauliche Leh- rer? Jſts nicht JEſus, von welchem der Seraph dies alles erzaͤhlte? Ach, ich weiß es noch wohl, wie er uns inbruͤnſtig um- armte, Wie er uns an die klopfende Bruſt mit Zaͤrtlichkeit druͤckte. Eine getreue leutſelige Zaͤhre, die ſeh ich noch immer, Netzte ſein Antlitz, ich kuͤßte ſie auf, die ſeh ich noch immer. Und drauf ſagt er, o Benjamin, unſern umſtehenden Muͤttern: Werdet, wie Kinder, ſonſt koͤnnt ihr das Reich des Vaters nicht erben. Ja, C 5

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/45>, abgerufen am 28.03.2024.