Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klein, Felix: Vergleichende Betrachtungen über neuere geometrische Forschungen. Erlangen, 1872.

Bild:
<< vorherige Seite

Ebene eine Ebene zuordnen: sie sind diejenigen Puncttrans-
formationen, vermöge deren die Mannigfaltigkeit der Ebenen
(oder, was auf dasselbe hinaus kommt, der geraden Linien)
erhalten bleibt. Die projectivische Geometrie ist
aus der Geometrie aller Puncttransformation
ebenso durch Adjunction der Mannigfaltigkeit
der Ebenen zu gewinnen, wie die elementare
Geometrie aus der projectivischen durch Ad-
junction des unendlich fernen Kugelkreises
.
Insbesondere haben wir z. B. vom Standpuncte aller Punct-
transformationen die Bezeichnung einer Fläche als einer
algebraischen von einer gewissen Ordnung als eine invari-
ante Beziehung zur Mannigfaltigkeit der Ebenen aufzufas-
sen. Es wird dies recht deutlich, wenn man, mit Grass-
mann
, die Erzeugung der algebraischen Gebilde an ihre
lineale Construction knüpft.

§. 9.
Von der Gruppe aller Berührungstransformationen.

Berührungstransformationen sind zwar in einzelnen
Fällen schon lange betrachtet; auch hat Jacobi bei ana-
lytischen Untersuchungen bereits von den allgemeinsten
Berührungstransformationen Gebrauch gemacht; aber in die
lebendige geometrische Anschauung wurden sie erst durch
neuere Arbeiten von Lie eingeführt 1). Es ist daher wohl
nicht überflüssig, hier ausdrücklich auseinanderzusetzen,
was eine Berührungstransformation ist, wobei wir uns, wie
immer, auf den Punctraum mit seinen drei Dimensionen
beschränken.

Unter einer Berührungstransformation hat man, analy-
tisch zu reden, jede Substitution zu verstehen, welche die

1) Vergl. bes. die bereits citirte Arbeit: Ueber partielle Differen-
tialgleichungen und Complexe. Math. Ann. V. Die im Texte gegebenen
Ausführungen betr. partielle Differentialgleichungen habe ich wesent-
lich mündlichen Mittheilungen von Lie entnommen; vergl. dessen Note:
Zur Theorie partieller Differentialgleichungen. Göttinger Nachrichten.
Oct. 1872.

Ebene eine Ebene zuordnen: sie sind diejenigen Puncttrans-
formationen, vermöge deren die Mannigfaltigkeit der Ebenen
(oder, was auf dasselbe hinaus kommt, der geraden Linien)
erhalten bleibt. Die projectivische Geometrie ist
aus der Geometrie aller Puncttransformation
ebenso durch Adjunction der Mannigfaltigkeit
der Ebenen zu gewinnen, wie die elementare
Geometrie aus der projectivischen durch Ad-
junction des unendlich fernen Kugelkreises
.
Insbesondere haben wir z. B. vom Standpuncte aller Punct-
transformationen die Bezeichnung einer Fläche als einer
algebraischen von einer gewissen Ordnung als eine invari-
ante Beziehung zur Mannigfaltigkeit der Ebenen aufzufas-
sen. Es wird dies recht deutlich, wenn man, mit Grass-
mann
, die Erzeugung der algebraischen Gebilde an ihre
lineale Construction knüpft.

§. 9.
Von der Gruppe aller Berührungstransformationen.

Berührungstransformationen sind zwar in einzelnen
Fällen schon lange betrachtet; auch hat Jacobi bei ana-
lytischen Untersuchungen bereits von den allgemeinsten
Berührungstransformationen Gebrauch gemacht; aber in die
lebendige geometrische Anschauung wurden sie erst durch
neuere Arbeiten von Lie eingeführt 1). Es ist daher wohl
nicht überflüssig, hier ausdrücklich auseinanderzusetzen,
was eine Berührungstransformation ist, wobei wir uns, wie
immer, auf den Punctraum mit seinen drei Dimensionen
beschränken.

Unter einer Berührungstransformation hat man, analy-
tisch zu reden, jede Substitution zu verstehen, welche die

1) Vergl. bes. die bereits citirte Arbeit: Ueber partielle Differen-
tialgleichungen und Complexe. Math. Ann. V. Die im Texte gegebenen
Ausführungen betr. partielle Differentialgleichungen habe ich wesent-
lich mündlichen Mittheilungen von Lie entnommen; vergl. dessen Note:
Zur Theorie partieller Differentialgleichungen. Göttinger Nachrichten.
Oct. 1872.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0040" n="32"/>
Ebene eine Ebene zuordnen: sie sind diejenigen Puncttrans-<lb/>
formationen, vermöge deren die Mannigfaltigkeit der Ebenen<lb/>
(oder, was auf dasselbe hinaus kommt, der geraden Linien)<lb/>
erhalten bleibt. <hi rendition="#g">Die projectivische Geometrie ist<lb/>
aus der Geometrie aller Puncttransformation<lb/>
ebenso durch Adjunction der Mannigfaltigkeit<lb/>
der Ebenen zu gewinnen, wie die elementare<lb/>
Geometrie aus der projectivischen durch Ad-<lb/>
junction des unendlich fernen Kugelkreises</hi>.<lb/>
Insbesondere haben wir z. B. vom Standpuncte aller Punct-<lb/>
transformationen die Bezeichnung einer Fläche als einer<lb/>
algebraischen von einer gewissen Ordnung als eine invari-<lb/>
ante Beziehung zur Mannigfaltigkeit der Ebenen aufzufas-<lb/>
sen. Es wird dies recht deutlich, wenn man, mit <hi rendition="#g">Grass-<lb/>
mann</hi>, die Erzeugung der algebraischen Gebilde an ihre<lb/>
lineale Construction knüpft.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">§. 9.<lb/>
Von der Gruppe aller Berührungstransformationen.</hi> </head><lb/>
        <p>Berührungstransformationen sind zwar in einzelnen<lb/>
Fällen schon lange betrachtet; auch hat <hi rendition="#g">Jacobi</hi> bei ana-<lb/>
lytischen Untersuchungen bereits von den allgemeinsten<lb/>
Berührungstransformationen Gebrauch gemacht; aber in die<lb/>
lebendige geometrische Anschauung wurden sie erst durch<lb/>
neuere Arbeiten von <hi rendition="#g">Lie</hi> eingeführt <note place="foot" n="1)">Vergl. bes. die bereits citirte Arbeit: Ueber partielle Differen-<lb/>
tialgleichungen und Complexe. Math. Ann. V. Die im Texte gegebenen<lb/>
Ausführungen betr. partielle Differentialgleichungen habe ich wesent-<lb/>
lich mündlichen Mittheilungen von <hi rendition="#g">Lie</hi> entnommen; vergl. dessen Note:<lb/>
Zur Theorie partieller Differentialgleichungen. Göttinger Nachrichten.<lb/>
Oct. 1872.</note>. Es ist daher wohl<lb/>
nicht überflüssig, hier ausdrücklich auseinanderzusetzen,<lb/>
was eine Berührungstransformation ist, wobei wir uns, wie<lb/>
immer, auf den Punctraum mit seinen drei Dimensionen<lb/>
beschränken.</p><lb/>
        <p>Unter einer Berührungstransformation hat man, analy-<lb/>
tisch zu reden, jede Substitution zu verstehen, welche die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0040] Ebene eine Ebene zuordnen: sie sind diejenigen Puncttrans- formationen, vermöge deren die Mannigfaltigkeit der Ebenen (oder, was auf dasselbe hinaus kommt, der geraden Linien) erhalten bleibt. Die projectivische Geometrie ist aus der Geometrie aller Puncttransformation ebenso durch Adjunction der Mannigfaltigkeit der Ebenen zu gewinnen, wie die elementare Geometrie aus der projectivischen durch Ad- junction des unendlich fernen Kugelkreises. Insbesondere haben wir z. B. vom Standpuncte aller Punct- transformationen die Bezeichnung einer Fläche als einer algebraischen von einer gewissen Ordnung als eine invari- ante Beziehung zur Mannigfaltigkeit der Ebenen aufzufas- sen. Es wird dies recht deutlich, wenn man, mit Grass- mann, die Erzeugung der algebraischen Gebilde an ihre lineale Construction knüpft. §. 9. Von der Gruppe aller Berührungstransformationen. Berührungstransformationen sind zwar in einzelnen Fällen schon lange betrachtet; auch hat Jacobi bei ana- lytischen Untersuchungen bereits von den allgemeinsten Berührungstransformationen Gebrauch gemacht; aber in die lebendige geometrische Anschauung wurden sie erst durch neuere Arbeiten von Lie eingeführt 1). Es ist daher wohl nicht überflüssig, hier ausdrücklich auseinanderzusetzen, was eine Berührungstransformation ist, wobei wir uns, wie immer, auf den Punctraum mit seinen drei Dimensionen beschränken. Unter einer Berührungstransformation hat man, analy- tisch zu reden, jede Substitution zu verstehen, welche die 1) Vergl. bes. die bereits citirte Arbeit: Ueber partielle Differen- tialgleichungen und Complexe. Math. Ann. V. Die im Texte gegebenen Ausführungen betr. partielle Differentialgleichungen habe ich wesent- lich mündlichen Mittheilungen von Lie entnommen; vergl. dessen Note: Zur Theorie partieller Differentialgleichungen. Göttinger Nachrichten. Oct. 1872.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klein_geometrische_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klein_geometrische_1872/40
Zitationshilfe: Klein, Felix: Vergleichende Betrachtungen über neuere geometrische Forschungen. Erlangen, 1872, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klein_geometrische_1872/40>, abgerufen am 19.04.2024.