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Klaj, Johann: Lobrede der Teutschen Poeterey. Nürnberg, 1645.

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truda bey Wasero in Mithritad. Es sind aber die Weiiwoden
Richter/ Pfleger und Ambtleute bey den Vngern noch heut zu Tage.
Winterturn in der Schweitz/ zu latein Vitodurum genannt/ bey Clu-
ver. l. 2. Antiq. Germ. f. 19. n. 30.
soll von den Witdoden den Namen ha-
ben/ und von alters genennet worden seyn/ der Witdoden Turn/ Schloß
oder Statt/ wie Soloturn/ Solodurum, der Soldner Turn.
Beatus Rhenanus hat in seinen Teutschen Händeln/ an vorbesagtem
Ort/ eines solchen Witdoden Gesang/ welches er zu Freisingen in einem
Kloster gefunden/ und/ wie er schreibt/ soll gemacht seyn worden 485.
Jahre/ nach unsers Seligmachers Geburt/ als nemlich die Franken
zu dem Christlichen Glauben kommen/ und das Evangelium in Teut-
sche Reimen zu übersetzen angefangen. Die Vorrede lautet von Wort
zu wort also:

[Beginn Spaltensatz]
Nu vvil ich scriban unser Heil,
Evangeliano deil,
so Wir nu hiar bigunnon
In Frenkisga Zungen.
Hiar hores jozi guate,
Waz Gott imo gebiete.
thaz vvir imo hier sungen,
in Frenkisga Zungen.
Nu freuues sihes alle,
So vverso vvola vvolle,
Joh vver si hold in muate
Francono thute.
[Spaltenumbruch]
Nun will ich schreiben unser Heil/
Des Evangelions ein Theil/
so wir nun hier beginnen
in (oder mit) Fränkischer Zungen.
hier höret jetzt fleissig/
was Gott euch gebietet/
das wir euch hier singen
in Fränkischer Zungen.
Nun freuen sich alle/ oder jeder
der versen wol wil (der ein
Liebhaber der Poeterey ist/)
ja/ wer jhnen hold seyn muß
auß Fränkischen (oder freyen) Muht.
[Ende Spaltensatz]

Vnd bald hernach redet er also von den Teutschen:

[Beginn Spaltensatz]
si sint so sama kuani
selpso thio Romani.
Nu darf man thaz ouch redina
thaz Kriachi nith es vvidaron.
[Spaltenumbruch]
Sie sind so samtlich kühn/
wie die Römer selbsten:
Nun darf man das auch reden/
daß der Griech nicht darwider ist.
[Ende Spaltensatz]

Nachdem aber unter Keiser Karln den Grossen das Christen-
thum zugenommen/ hat er solche Gedichte samlen lassen/ Avent. l. 4.

f. 253.

truda bey Waſero in Mithritad. Es ſind aber die Weiiwoden
Richter/ Pfleger und Ambtleute bey den Vngern noch heut zu Tage.
Winterturn in der Schweitz/ zu latein Vitodurum genannt/ bey Clu-
ver. l. 2. Antiq. Germ. f. 19. n. 30.
ſoll von den Witdoden den Namẽ ha-
ben/ und von alters genennet wordẽ ſeyn/ der Witdoden Turn/ Schloß
oder Statt/ wie Soloturn/ Solodurum, der Soldner Turn.
Beatus Rhenanus hat in ſeinen Teutſchen Haͤndeln/ an vorbeſagtem
Ort/ eines ſolchen Witdoden Geſang/ welches er zu Freiſingẽ in einem
Kloſter gefunden/ und/ wie er ſchreibt/ ſoll gemacht ſeyn worden 485.
Jahre/ nach unſers Seligmachers Geburt/ als nemlich die Franken
zu dem Chriſtlichen Glauben kommen/ und das Evangelium in Teut-
ſche Reimen zu uͤberſetzen angefangen. Die Vorrede lautet von Wort
zu wort alſo:

[Beginn Spaltensatz]
Nu vvil ich ſcriban unſer Heil,
Evangeliano deil,
ſo Wir nu hiar bigunnon
In Frenkiſga Zungen.
Hiar hores jozi guate,
Waz Gott imo gebiete.
thaz vvir imo hier ſungen,
in Frenkiſga Zungen.
Nu freuues ſihes alle,
So vverſo vvola vvolle,
Joh vver ſi hold in muate
Francono thute.
[Spaltenumbruch]
Nun will ich ſchreiben unſer Heil/
Des Evangelions ein Theil/
ſo wir nun hier beginnen
in (oder mit) Fraͤnkiſcher Zungen.
hier hoͤret jetzt fleiſſig/
was Gott euch gebietet/
das wir euch hier ſingen
in Fraͤnkiſcher Zungen.
Nun freuen ſich alle/ oder jeder
der verſen wol wil (der ein
Liebhaber der Poeterey iſt/)
ja/ wer jhnen hold ſeyn muß
auß Fraͤnkiſchen (oder freyen) Muht.
[Ende Spaltensatz]

Vnd bald hernach redet er alſo von den Teutſchen:

[Beginn Spaltensatz]
ſi ſint ſo ſama kuani
ſelpſo thio Romani.
Nu darf man thaz ouch redina
thaz Kriachi nith es vvidaron.
[Spaltenumbruch]
Sie ſind ſo ſamtlich kuͤhn/
wie die Roͤmer ſelbſten:
Nun darf man das auch reden/
daß der Griech nicht darwider iſt.
[Ende Spaltensatz]

Nachdem aber unter Keiſer Karln den Groſſen das Chriſten-
thum zugenommen/ hat er ſolche Gedichte ſamlen laſſen/ Avent. l. 4.

f. 253.
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[[31]/0045] truda bey Waſero in Mithritad. Es ſind aber die Weiiwoden Richter/ Pfleger und Ambtleute bey den Vngern noch heut zu Tage. Winterturn in der Schweitz/ zu latein Vitodurum genannt/ bey Clu- ver. l. 2. Antiq. Germ. f. 19. n. 30. ſoll von den Witdoden den Namẽ ha- ben/ und von alters genennet wordẽ ſeyn/ der Witdoden Turn/ Schloß oder Statt/ wie Soloturn/ Solodurum, der Soldner Turn. Beatus Rhenanus hat in ſeinen Teutſchen Haͤndeln/ an vorbeſagtem Ort/ eines ſolchen Witdoden Geſang/ welches er zu Freiſingẽ in einem Kloſter gefunden/ und/ wie er ſchreibt/ ſoll gemacht ſeyn worden 485. Jahre/ nach unſers Seligmachers Geburt/ als nemlich die Franken zu dem Chriſtlichen Glauben kommen/ und das Evangelium in Teut- ſche Reimen zu uͤberſetzen angefangen. Die Vorrede lautet von Wort zu wort alſo: Nu vvil ich ſcriban unſer Heil, Evangeliano deil, ſo Wir nu hiar bigunnon In Frenkiſga Zungen. Hiar hores jozi guate, Waz Gott imo gebiete. thaz vvir imo hier ſungen, in Frenkiſga Zungen. Nu freuues ſihes alle, So vverſo vvola vvolle, Joh vver ſi hold in muate Francono thute. Nun will ich ſchreiben unſer Heil/ Des Evangelions ein Theil/ ſo wir nun hier beginnen in (oder mit) Fraͤnkiſcher Zungen. hier hoͤret jetzt fleiſſig/ was Gott euch gebietet/ das wir euch hier ſingen in Fraͤnkiſcher Zungen. Nun freuen ſich alle/ oder jeder der verſen wol wil (der ein Liebhaber der Poeterey iſt/) ja/ wer jhnen hold ſeyn muß auß Fraͤnkiſchen (oder freyen) Muht. Vnd bald hernach redet er alſo von den Teutſchen: ſi ſint ſo ſama kuani ſelpſo thio Romani. Nu darf man thaz ouch redina thaz Kriachi nith es vvidaron. Sie ſind ſo ſamtlich kuͤhn/ wie die Roͤmer ſelbſten: Nun darf man das auch reden/ daß der Griech nicht darwider iſt. Nachdem aber unter Keiſer Karln den Groſſen das Chriſten- thum zugenommen/ hat er ſolche Gedichte ſamlen laſſen/ Avent. l. 4. f. 253.

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Zitationshilfe: Klaj, Johann: Lobrede der Teutschen Poeterey. Nürnberg, 1645, S. [31]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klaj_lobrede_1645/45>, abgerufen am 25.04.2024.