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Klaj, Johann: Lobrede der Teutschen Poeterey. Nürnberg, 1645.

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Lobrede
Zu Rom wird alle Jahr ein neuer Raht erkoren/
Ein König und Poet die werden nur geboren.

Weil nun die Poeterey des Höhesten Tochter/ als verkündiget
sie jederzeit seine Wunder.

Sie ist der Brennspiegel/ der die Lastschiffe der Sorgenkummer
Hertzen vom Himmel anzündet.

Sie ist der Mörser/ in welchem die Machtworte/ als das einge-
zwängte Pulver/ mit einem durchdringenden Nachdruk herausfeuren.

Sie ist ein lebendiges von treflicher Meisterhand/ nach nur er-
sinlicher Kunst/ ausgefertigtes Gemähld/ das uns aus dem Papyr
zuspricht. Sie ist die Belustigung der hohen Potentaten/ wie Käi-
sers Augusti Hof ein Auffenthalt aller Poeten gewesen.

Wolt Alexander wol einschlaffen mit Vergnügen/
So musten Buch und Dolch zu seinen Häubten ligen.

Die Vrsache war vornemlich die Begierd der Vnsterblichkeit. Es
wuste der grosse Weltherr/ desgleichen die Sonne nicht beschienen/ sehr
wol/ daß seine ritterliche Thaten würden verschwiegen bleiben/ wann
sie nicht/ durch sinnreiches Zuthun der hohen Seelen der Poeten/ in das
Register der Ewigkeit eingetragen würden.

Dann weil Fürsten/ Herren und begüterte Leute/ keinen Bürgen
für den Tod haben/ sondern müssen ebenmässig wie andere Leute die
Schuld der Natur abstatten/ als können sie sich wegen ihrer vielfätigen
Wolthätigkeit/ vermittelst der Poeten/ unsterblich machen. Socrates/
der Weltweiseste der Menschen/ lernte vor seinem Ende noch Verse
machen/ weil er vermeinte/ er könte die Vnsterblichkeit seiner Seelen
nicht ehe empfinden/ als wann er durch die Poeterey/ als nechster Staf-
fel derselben/ dahin gelangete.

Das haben nun nicht allein die Griechen und Römmer statlich in
das Werk gesetzet/ ihre Kunstliebende freygebige Poetenfreunde leben
noch in ihren Schrifften: Sondern es vermögen auch solche die Teut-
schen/ wie denn H. Opitzens sein Hannibal/ Freinßheims sein Hertzog
Bernhard leben/ so lange man Bücher schreiben und lesen wird.

Es
Lobrede
Zu Rom wird alle Jahr ein neuer Raht erkoren/
Ein Koͤnig und Poet die werden nur geboren.

Weil nun die Poeterey des Hoͤheſten Tochter/ als verkuͤndiget
ſie jederzeit ſeine Wunder.

Sie iſt der Breñſpiegel/ der die Laſtſchiffe der Sorgenkummer
Hertzen vom Himmel anzuͤndet.

Sie iſt der Moͤrſer/ in welchem die Machtworte/ als das einge-
zwaͤngte Pulver/ mit einem durchdringendẽ Nachdruk herausfeuren.

Sie iſt ein lebendiges von treflicher Meiſterhand/ nach nur er-
ſinlicher Kunſt/ ausgefertigtes Gemaͤhld/ das uns aus dem Papyr
zuſpricht. Sie iſt die Beluſtigung der hohen Potentaten/ wie Kaͤi-
ſers Auguſti Hof ein Auffenthalt aller Poeten geweſen.

Wolt Alexander wol einſchlaffen mit Vergnuͤgen/
So muſten Buch und Dolch zu ſeinen Haͤubten ligen.

Die Vrſache war vornemlich die Begierd der Vnſterblichkeit. Es
wuſte der groſſe Weltherr/ desgleichen die Soñe nicht beſchienen/ ſehr
wol/ daß ſeine ritterliche Thaten wuͤrden verſchwiegen bleiben/ wann
ſie nicht/ durch ſinnreiches Zuthun der hohen Seelen der Poeten/ in das
Regiſter der Ewigkeit eingetragen wuͤrden.

Dann weil Fuͤrſten/ Herren und beguͤterte Leute/ keinen Buͤrgen
fuͤr den Tod haben/ ſondern muͤſſen ebenmaͤſſig wie andere Leute die
Schuld der Natur abſtatten/ als koͤnnen ſie ſich wegen ihrer vielfaͤtigẽ
Wolthaͤtigkeit/ vermittelſt der Poeten/ unſterblich machen. Socrates/
der Weltweiſeſte der Menſchen/ lernte vor ſeinem Ende noch Verſe
machen/ weil er vermeinte/ er koͤnte die Vnſterblichkeit ſeiner Seelen
nicht ehe empfinden/ als wann er durch die Poeterey/ als nechſter Staf-
fel derſelben/ dahin gelangete.

Das haben nun nicht allein die Griechen und Roͤmmer ſtatlich in
das Werk geſetzet/ ihre Kunſtliebende freygebige Poetenfreunde leben
noch in ihren Schrifften: Sondern es vermoͤgẽ auch ſolche die Teut-
ſchen/ wie denn H. Opitzens ſein Hannibal/ Freinßheims ſein Hertzog
Bernhard leben/ ſo lange man Buͤcher ſchreiben und leſen wird.

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[20/0034] Lobrede Zu Rom wird alle Jahr ein neuer Raht erkoren/ Ein Koͤnig und Poet die werden nur geboren. Weil nun die Poeterey des Hoͤheſten Tochter/ als verkuͤndiget ſie jederzeit ſeine Wunder. Sie iſt der Breñſpiegel/ der die Laſtſchiffe der Sorgenkummer Hertzen vom Himmel anzuͤndet. Sie iſt der Moͤrſer/ in welchem die Machtworte/ als das einge- zwaͤngte Pulver/ mit einem durchdringendẽ Nachdruk herausfeuren. Sie iſt ein lebendiges von treflicher Meiſterhand/ nach nur er- ſinlicher Kunſt/ ausgefertigtes Gemaͤhld/ das uns aus dem Papyr zuſpricht. Sie iſt die Beluſtigung der hohen Potentaten/ wie Kaͤi- ſers Auguſti Hof ein Auffenthalt aller Poeten geweſen. Wolt Alexander wol einſchlaffen mit Vergnuͤgen/ So muſten Buch und Dolch zu ſeinen Haͤubten ligen. Die Vrſache war vornemlich die Begierd der Vnſterblichkeit. Es wuſte der groſſe Weltherr/ desgleichen die Soñe nicht beſchienen/ ſehr wol/ daß ſeine ritterliche Thaten wuͤrden verſchwiegen bleiben/ wann ſie nicht/ durch ſinnreiches Zuthun der hohen Seelen der Poeten/ in das Regiſter der Ewigkeit eingetragen wuͤrden. Dann weil Fuͤrſten/ Herren und beguͤterte Leute/ keinen Buͤrgen fuͤr den Tod haben/ ſondern muͤſſen ebenmaͤſſig wie andere Leute die Schuld der Natur abſtatten/ als koͤnnen ſie ſich wegen ihrer vielfaͤtigẽ Wolthaͤtigkeit/ vermittelſt der Poeten/ unſterblich machen. Socrates/ der Weltweiſeſte der Menſchen/ lernte vor ſeinem Ende noch Verſe machen/ weil er vermeinte/ er koͤnte die Vnſterblichkeit ſeiner Seelen nicht ehe empfinden/ als wann er durch die Poeterey/ als nechſter Staf- fel derſelben/ dahin gelangete. Das haben nun nicht allein die Griechen und Roͤmmer ſtatlich in das Werk geſetzet/ ihre Kunſtliebende freygebige Poetenfreunde leben noch in ihren Schrifften: Sondern es vermoͤgẽ auch ſolche die Teut- ſchen/ wie denn H. Opitzens ſein Hannibal/ Freinßheims ſein Hertzog Bernhard leben/ ſo lange man Buͤcher ſchreiben und leſen wird. Es

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Zitationshilfe: Klaj, Johann: Lobrede der Teutschen Poeterey. Nürnberg, 1645, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klaj_lobrede_1645/34>, abgerufen am 29.03.2024.