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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.

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Einmal flog auch aus dem Stall, man wußte nicht woher er
gekommen, da alles verschlossen war, ein unbekannter schwar-
zer Vogel in Gestalt einer Dohle oder eines Raben.

Unter solchen kleinern und größern Neckereyen im Stalle
verfloß das Jahr 1831. Den 8. Februar 1832 aber, als das
Mädchen gerade mit ihrem Bruder den Stall reinigte, erblickten
sie im Hintergrunde desselben ein helles Feuer.

Es wurde nach Wasser gerufen und die Flamme, die schon
zum Dache hinausschlug, so daß sie auch die Nachbarn be-
merkten, bald mit ein paar Kufen Wasser gelöscht. Die Haus-
bewohner wurden nun in großen Schrecken versetzt, sie wuß-
ten sich nicht zu erklären, woher die Flamme gekommen und
vermutheten nicht anders als es sey ihnen das Feuer durch
böse Menschen gelegt worden.

Dieses Entstehen einer Flamme und wirkliches Brennen in
verschiedenen Theilen des Hauses, wiederholte sich am 9., 10.
und 11. Februar, so daß endlich auf Ansuchen Grombachs
das Schultheißenamt Tag und Nacht Wächter vor und in
dem Hause ausstellen ließ, allein dem unerachtet brachen wie-
der in verschiedenen Theilen des Hauses Flammen aus. Wegen
solcher Gefahr sahen sich Grombachs genöthiget, das Haus
völlig zu räumen; aber auch dieß fruchtete nichts: denn es
brannte dennoch und aller Wachen unerachtet wieder zu ver-
schiedenenmalen bald da bald dort in dem nun leeren Hause.
Als die Tochter Magdalene einige Tage nach dem letzten
Brande, Morgens halb sieben Uhr wieder in den Stall kam,
hörte sie in der Ecke der Mauer (Grombachs Haus hat zum
Theil eine sehr alte Mauer zum Fundament) das Winseln

geschahen. So schreibt der von einem unsichtbaren Wesen
verfolgte Superintendent Schupart: "es hat mich mit Nadeln
gestochen, gebissen, daß man utramque seriem dentium gesehen,
die zwey großen Zähne stunden da." etc. S. Horst Zauber-
bibliothek, Th. 4. S. 252. Auch dort erscheint das Gespenst in
Gestalt einer Dohle.

Einmal flog auch aus dem Stall, man wußte nicht woher er
gekommen, da alles verſchloſſen war, ein unbekannter ſchwar-
zer Vogel in Geſtalt einer Dohle oder eines Raben.

Unter ſolchen kleinern und größern Neckereyen im Stalle
verfloß das Jahr 1831. Den 8. Februar 1832 aber, als das
Mädchen gerade mit ihrem Bruder den Stall reinigte, erblickten
ſie im Hintergrunde deſſelben ein helles Feuer.

Es wurde nach Waſſer gerufen und die Flamme, die ſchon
zum Dache hinausſchlug, ſo daß ſie auch die Nachbarn be-
merkten, bald mit ein paar Kufen Waſſer gelöſcht. Die Haus-
bewohner wurden nun in großen Schrecken verſetzt, ſie wuß-
ten ſich nicht zu erklären, woher die Flamme gekommen und
vermutheten nicht anders als es ſey ihnen das Feuer durch
böſe Menſchen gelegt worden.

Dieſes Entſtehen einer Flamme und wirkliches Brennen in
verſchiedenen Theilen des Hauſes, wiederholte ſich am 9., 10.
und 11. Februar, ſo daß endlich auf Anſuchen Grombachs
das Schultheißenamt Tag und Nacht Wächter vor und in
dem Hauſe ausſtellen ließ, allein dem unerachtet brachen wie-
der in verſchiedenen Theilen des Hauſes Flammen aus. Wegen
ſolcher Gefahr ſahen ſich Grombachs genöthiget, das Haus
völlig zu räumen; aber auch dieß fruchtete nichts: denn es
brannte dennoch und aller Wachen unerachtet wieder zu ver-
ſchiedenenmalen bald da bald dort in dem nun leeren Hauſe.
Als die Tochter Magdalene einige Tage nach dem letzten
Brande, Morgens halb ſieben Uhr wieder in den Stall kam,
hörte ſie in der Ecke der Mauer (Grombachs Haus hat zum
Theil eine ſehr alte Mauer zum Fundament) das Winſeln

geſchahen. So ſchreibt der von einem unſichtbaren Weſen
verfolgte Superintendent Schupart: „es hat mich mit Nadeln
geſtochen, gebiſſen, daß man utramque seriem dentium geſehen,
die zwey großen Zähne ſtunden da.“ ꝛc. S. Horſt Zauber-
bibliothek, Th. 4. S. 252. Auch dort erſcheint das Geſpenſt in
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[22/0036] Einmal flog auch aus dem Stall, man wußte nicht woher er gekommen, da alles verſchloſſen war, ein unbekannter ſchwar- zer Vogel in Geſtalt einer Dohle oder eines Raben. Unter ſolchen kleinern und größern Neckereyen im Stalle verfloß das Jahr 1831. Den 8. Februar 1832 aber, als das Mädchen gerade mit ihrem Bruder den Stall reinigte, erblickten ſie im Hintergrunde deſſelben ein helles Feuer. Es wurde nach Waſſer gerufen und die Flamme, die ſchon zum Dache hinausſchlug, ſo daß ſie auch die Nachbarn be- merkten, bald mit ein paar Kufen Waſſer gelöſcht. Die Haus- bewohner wurden nun in großen Schrecken verſetzt, ſie wuß- ten ſich nicht zu erklären, woher die Flamme gekommen und vermutheten nicht anders als es ſey ihnen das Feuer durch böſe Menſchen gelegt worden. Dieſes Entſtehen einer Flamme und wirkliches Brennen in verſchiedenen Theilen des Hauſes, wiederholte ſich am 9., 10. und 11. Februar, ſo daß endlich auf Anſuchen Grombachs das Schultheißenamt Tag und Nacht Wächter vor und in dem Hauſe ausſtellen ließ, allein dem unerachtet brachen wie- der in verſchiedenen Theilen des Hauſes Flammen aus. Wegen ſolcher Gefahr ſahen ſich Grombachs genöthiget, das Haus völlig zu räumen; aber auch dieß fruchtete nichts: denn es brannte dennoch und aller Wachen unerachtet wieder zu ver- ſchiedenenmalen bald da bald dort in dem nun leeren Hauſe. Als die Tochter Magdalene einige Tage nach dem letzten Brande, Morgens halb ſieben Uhr wieder in den Stall kam, hörte ſie in der Ecke der Mauer (Grombachs Haus hat zum Theil eine ſehr alte Mauer zum Fundament) das Winſeln **) **) geſchahen. So ſchreibt der von einem unſichtbaren Weſen verfolgte Superintendent Schupart: „es hat mich mit Nadeln geſtochen, gebiſſen, daß man utramque seriem dentium geſehen, die zwey großen Zähne ſtunden da.“ ꝛc. S. Horſt Zauber- bibliothek, Th. 4. S. 252. Auch dort erſcheint das Geſpenſt in Geſtalt einer Dohle.

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Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/36>, abgerufen am 29.03.2024.