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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.

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Es wäre zu wünschen, daß diese Zustände immer
mehr wiedererkannt und auf dem alten Wege zu heilen
wieder verstanden würden.

Die hier folgenden Beobachtungen aus diesem Ge-
biete (in welches besonders der zweyte Fall gehört) sind
mit aller Treue gegeben, ob sie gleich Dinge enthal-
ten, die den Geistreichen und Gebildeten abermals ein
Entsetzen seyn werden; aber es sind Erscheinungen, die
sehr an die Besitzungen erinnern, die das neue Testa-
ment uns überlieferte, und die, sollten sie auch im stren-
gen Sinne unter jene nicht völlig zu zählen seyn, doch
wohl ähnlicher Rubrik beyzugesellen sind.

In den am Ende beygefügten Reflexionen heißt es
über sie: "Dem Skepticismus lassen sie freylich genug
Spielraum übrig, was unvermeidlich ist, da die Natur
oder vielmehr Unnatur des Gegenstandes in Hinsicht
auf Grund und Ursache mysteriöser Art ist und bleiben
muß. Ohne Zweifel wäre es auch dem Menschen nicht
gut, wenn es zur Evidenz käme, weil jeder darin frey
bleiben soll, sich seinen Glauben und seine Lehre dar-
aus zu nehmen, wie ihm beliebt. Indessen sind es rein
beobachtete Phänomene, die schon ihrer Seltenheit we-
gen (ich möchte abermals bemerken, daß nicht ihr Vor-
kommen, sondern ihr Erkennen, selten ist) verdienen
aufgezeichnet zu werden."

Uebrigens gibt der Mittheiler dieser Beobachtungen
hier nur die blosen Thatsachen und einige geschichtliche
Winke über Besessenseyn, keine Theorieen. Bereichert
aber hat bey dieser Gelegenheit sein Freund Eschen-

Es waͤre zu wuͤnſchen, daß dieſe Zuſtände immer
mehr wiedererkannt und auf dem alten Wege zu heilen
wieder verſtanden wuͤrden.

Die hier folgenden Beobachtungen aus dieſem Ge-
biete (in welches beſonders der zweyte Fall gehört) ſind
mit aller Treue gegeben, ob ſie gleich Dinge enthal-
ten, die den Geiſtreichen und Gebildeten abermals ein
Entſetzen ſeyn werden; aber es ſind Erſcheinungen, die
ſehr an die Beſitzungen erinnern, die das neue Teſta-
ment uns uͤberlieferte, und die, ſollten ſie auch im ſtren-
gen Sinne unter jene nicht völlig zu zaͤhlen ſeyn, doch
wohl aͤhnlicher Rubrik beyzugeſellen ſind.

In den am Ende beygefuͤgten Reflexionen heißt es
uͤber ſie: „Dem Skepticismus laſſen ſie freylich genug
Spielraum uͤbrig, was unvermeidlich iſt, da die Natur
oder vielmehr Unnatur des Gegenſtandes in Hinſicht
auf Grund und Urſache myſterioͤſer Art iſt und bleiben
muß. Ohne Zweifel waͤre es auch dem Menſchen nicht
gut, wenn es zur Evidenz käme, weil jeder darin frey
bleiben ſoll, ſich ſeinen Glauben und ſeine Lehre dar-
aus zu nehmen, wie ihm beliebt. Indeſſen ſind es rein
beobachtete Phaͤnomene, die ſchon ihrer Seltenheit we-
gen (ich moͤchte abermals bemerken, daß nicht ihr Vor-
kommen, ſondern ihr Erkennen, ſelten iſt) verdienen
aufgezeichnet zu werden.“

Uebrigens gibt der Mittheiler dieſer Beobachtungen
hier nur die bloſen Thatſachen und einige geſchichtliche
Winke uͤber Beſeſſenſeyn, keine Theorieen. Bereichert
aber hat bey dieſer Gelegenheit ſein Freund Eſchen-

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[V/0011] Es waͤre zu wuͤnſchen, daß dieſe Zuſtände immer mehr wiedererkannt und auf dem alten Wege zu heilen wieder verſtanden wuͤrden. Die hier folgenden Beobachtungen aus dieſem Ge- biete (in welches beſonders der zweyte Fall gehört) ſind mit aller Treue gegeben, ob ſie gleich Dinge enthal- ten, die den Geiſtreichen und Gebildeten abermals ein Entſetzen ſeyn werden; aber es ſind Erſcheinungen, die ſehr an die Beſitzungen erinnern, die das neue Teſta- ment uns uͤberlieferte, und die, ſollten ſie auch im ſtren- gen Sinne unter jene nicht völlig zu zaͤhlen ſeyn, doch wohl aͤhnlicher Rubrik beyzugeſellen ſind. In den am Ende beygefuͤgten Reflexionen heißt es uͤber ſie: „Dem Skepticismus laſſen ſie freylich genug Spielraum uͤbrig, was unvermeidlich iſt, da die Natur oder vielmehr Unnatur des Gegenſtandes in Hinſicht auf Grund und Urſache myſterioͤſer Art iſt und bleiben muß. Ohne Zweifel waͤre es auch dem Menſchen nicht gut, wenn es zur Evidenz käme, weil jeder darin frey bleiben ſoll, ſich ſeinen Glauben und ſeine Lehre dar- aus zu nehmen, wie ihm beliebt. Indeſſen ſind es rein beobachtete Phaͤnomene, die ſchon ihrer Seltenheit we- gen (ich moͤchte abermals bemerken, daß nicht ihr Vor- kommen, ſondern ihr Erkennen, ſelten iſt) verdienen aufgezeichnet zu werden.“ Uebrigens gibt der Mittheiler dieſer Beobachtungen hier nur die bloſen Thatſachen und einige geſchichtliche Winke uͤber Beſeſſenſeyn, keine Theorieen. Bereichert aber hat bey dieſer Gelegenheit ſein Freund Eſchen-

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Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. V. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/11>, abgerufen am 29.03.2024.