Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

feln und seiner Peitsche ist das moralische Gesetz,
das aber einzig und allein auf die Natur und Eigen¬
schaften des Pferdes gegründet ist und ohne die¬
ses gar nicht vorhanden wäre, nicht gedacht wer¬
den könnte, wie die Juden sagen. Das Pferd
aber würde ein Unding sein, wenn nicht der Bo¬
den da wäre, auf welchem es traben kann, so
daß also sämmtliche Glieder dieses Kreises durch
einander bedingt sind und keines sein Dasein ohne
das andere hat, ausgenommen den Boden der
stummen und blinden Materie, welcher daliegt,
ob Jemand über ihn hinreite oder nicht. Nichts¬
destoweniger giebt es gute und schlechte Reitschü¬
ler, und zwar nicht allein nach der körperlichen
Befähigung, sondern auch, und zwar vorzüglich,
in Folge des freien entschlossenen Zusammenneh¬
mens. Den Beweis dafür liefert das erste beste
Reiterregiment, das uns über den Weg reitet.
Die tausend Mann Gemeine, welche keine Wahl
hatten, mehr oder weniger aufmerksam zu lernen,
sondern durch eine eiserne Disciplin in den Sat¬
tel gewöhnt wurden, sind alle gleich zuverlässige
und brave Reiter, keiner zeichnet sich besonders

feln und ſeiner Peitſche iſt das moraliſche Geſetz,
das aber einzig und allein auf die Natur und Eigen¬
ſchaften des Pferdes gegruͤndet iſt und ohne die¬
ſes gar nicht vorhanden waͤre, nicht gedacht wer¬
den koͤnnte, wie die Juden ſagen. Das Pferd
aber wuͤrde ein Unding ſein, wenn nicht der Bo¬
den da waͤre, auf welchem es traben kann, ſo
daß alſo ſaͤmmtliche Glieder dieſes Kreiſes durch
einander bedingt ſind und keines ſein Daſein ohne
das andere hat, ausgenommen den Boden der
ſtummen und blinden Materie, welcher daliegt,
ob Jemand uͤber ihn hinreite oder nicht. Nichts¬
deſtoweniger giebt es gute und ſchlechte Reitſchuͤ¬
ler, und zwar nicht allein nach der koͤrperlichen
Befaͤhigung, ſondern auch, und zwar vorzuͤglich,
in Folge des freien entſchloſſenen Zuſammenneh¬
mens. Den Beweis dafuͤr liefert das erſte beſte
Reiterregiment, das uns uͤber den Weg reitet.
Die tauſend Mann Gemeine, welche keine Wahl
hatten, mehr oder weniger aufmerkſam zu lernen,
ſondern durch eine eiſerne Diſciplin in den Sat¬
tel gewoͤhnt wurden, ſind alle gleich zuverlaͤſſige
und brave Reiter, keiner zeichnet ſich beſonders

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0086" n="76"/>
feln und &#x017F;einer Peit&#x017F;che i&#x017F;t das morali&#x017F;che Ge&#x017F;etz,<lb/>
das aber einzig und allein auf die Natur und Eigen¬<lb/>
&#x017F;chaften des Pferdes gegru&#x0364;ndet i&#x017F;t und ohne die¬<lb/>
&#x017F;es gar nicht vorhanden wa&#x0364;re, nicht gedacht wer¬<lb/>
den ko&#x0364;nnte, wie die Juden &#x017F;agen. Das Pferd<lb/>
aber wu&#x0364;rde ein Unding &#x017F;ein, wenn nicht der Bo¬<lb/>
den da wa&#x0364;re, auf welchem es traben kann, &#x017F;o<lb/>
daß al&#x017F;o &#x017F;a&#x0364;mmtliche Glieder die&#x017F;es Krei&#x017F;es durch<lb/>
einander bedingt &#x017F;ind und keines &#x017F;ein Da&#x017F;ein ohne<lb/>
das andere hat, ausgenommen den Boden der<lb/>
&#x017F;tummen und blinden Materie, welcher daliegt,<lb/>
ob Jemand u&#x0364;ber ihn hinreite oder nicht. Nichts¬<lb/>
de&#x017F;toweniger giebt es gute und &#x017F;chlechte Reit&#x017F;chu&#x0364;¬<lb/>
ler, und zwar nicht allein nach der ko&#x0364;rperlichen<lb/>
Befa&#x0364;higung, &#x017F;ondern auch, und zwar vorzu&#x0364;glich,<lb/>
in Folge des freien ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Zu&#x017F;ammenneh¬<lb/>
mens. Den Beweis dafu&#x0364;r liefert das er&#x017F;te be&#x017F;te<lb/>
Reiterregiment, das uns u&#x0364;ber den Weg reitet.<lb/>
Die tau&#x017F;end Mann Gemeine, welche keine Wahl<lb/>
hatten, mehr oder weniger aufmerk&#x017F;am zu lernen,<lb/>
&#x017F;ondern durch eine ei&#x017F;erne Di&#x017F;ciplin in den Sat¬<lb/>
tel gewo&#x0364;hnt wurden, &#x017F;ind alle gleich zuverla&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige<lb/>
und brave Reiter, keiner zeichnet &#x017F;ich be&#x017F;onders<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0086] feln und ſeiner Peitſche iſt das moraliſche Geſetz, das aber einzig und allein auf die Natur und Eigen¬ ſchaften des Pferdes gegruͤndet iſt und ohne die¬ ſes gar nicht vorhanden waͤre, nicht gedacht wer¬ den koͤnnte, wie die Juden ſagen. Das Pferd aber wuͤrde ein Unding ſein, wenn nicht der Bo¬ den da waͤre, auf welchem es traben kann, ſo daß alſo ſaͤmmtliche Glieder dieſes Kreiſes durch einander bedingt ſind und keines ſein Daſein ohne das andere hat, ausgenommen den Boden der ſtummen und blinden Materie, welcher daliegt, ob Jemand uͤber ihn hinreite oder nicht. Nichts¬ deſtoweniger giebt es gute und ſchlechte Reitſchuͤ¬ ler, und zwar nicht allein nach der koͤrperlichen Befaͤhigung, ſondern auch, und zwar vorzuͤglich, in Folge des freien entſchloſſenen Zuſammenneh¬ mens. Den Beweis dafuͤr liefert das erſte beſte Reiterregiment, das uns uͤber den Weg reitet. Die tauſend Mann Gemeine, welche keine Wahl hatten, mehr oder weniger aufmerkſam zu lernen, ſondern durch eine eiſerne Diſciplin in den Sat¬ tel gewoͤhnt wurden, ſind alle gleich zuverlaͤſſige und brave Reiter, keiner zeichnet ſich beſonders

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/86
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/86>, abgerufen am 19.04.2024.