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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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Sonntag Morgen dann guter Dinge zu sein, wie¬
der ein unbefangenes Gesicht zu machen und, so¬
bald sich der günstige Augenblick böte, ihr unter
Scherz und Lachen sein Bekenntniß abzulegen
mit der gemessensten Aufforderung, daß sie sich
gar nichts daraus machen und die Sache einzig
wie eine kleine Morgenerheiterung aufnehmen
solle. Der arme Teufel, wie er sich selbst belog!

Der Sonntagmorgen gerieth wunderschön,
der reine Himmel lachte durch alle Fenster in das
helle Haus und der Garten blühte schon an allen
Enden. Heinrich war wirklich guter Dinge und
putzte sich sorgfältiger heraus als gewohnt; er
verlor den Muth nicht, da er sich einbildete, nichts
erreichen zu wollen, sich allein wie ein Kind auf
die herzliche Plauderei freuend, die er ihr vormu¬
siciren wollte, und sich davon ein reines und un¬
getrübtes Glück und ein ruhiges Leben verspre¬
chend. Und es fielen ihm tausend Narrheiten in
den Sinn, welche er dazwischen flechten wollte,
um Dortchen zu ergötzen, damit sie ja nicht die
mindeste Unruhe oder Betrübniß verspüren sollte.
So war er in der rosigsten Laune und das Herz

Sonntag Morgen dann guter Dinge zu ſein, wie¬
der ein unbefangenes Geſicht zu machen und, ſo¬
bald ſich der guͤnſtige Augenblick boͤte, ihr unter
Scherz und Lachen ſein Bekenntniß abzulegen
mit der gemeſſenſten Aufforderung, daß ſie ſich
gar nichts daraus machen und die Sache einzig
wie eine kleine Morgenerheiterung aufnehmen
ſolle. Der arme Teufel, wie er ſich ſelbſt belog!

Der Sonntagmorgen gerieth wunderſchoͤn,
der reine Himmel lachte durch alle Fenſter in das
helle Haus und der Garten bluͤhte ſchon an allen
Enden. Heinrich war wirklich guter Dinge und
putzte ſich ſorgfaͤltiger heraus als gewohnt; er
verlor den Muth nicht, da er ſich einbildete, nichts
erreichen zu wollen, ſich allein wie ein Kind auf
die herzliche Plauderei freuend, die er ihr vormu¬
ſiciren wollte, und ſich davon ein reines und un¬
getruͤbtes Gluͤck und ein ruhiges Leben verſpre¬
chend. Und es fielen ihm tauſend Narrheiten in
den Sinn, welche er dazwiſchen flechten wollte,
um Dortchen zu ergoͤtzen, damit ſie ja nicht die
mindeſte Unruhe oder Betruͤbniß verſpuͤren ſollte.
So war er in der roſigſten Laune und das Herz

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[412/0422] Sonntag Morgen dann guter Dinge zu ſein, wie¬ der ein unbefangenes Geſicht zu machen und, ſo¬ bald ſich der guͤnſtige Augenblick boͤte, ihr unter Scherz und Lachen ſein Bekenntniß abzulegen mit der gemeſſenſten Aufforderung, daß ſie ſich gar nichts daraus machen und die Sache einzig wie eine kleine Morgenerheiterung aufnehmen ſolle. Der arme Teufel, wie er ſich ſelbſt belog! Der Sonntagmorgen gerieth wunderſchoͤn, der reine Himmel lachte durch alle Fenſter in das helle Haus und der Garten bluͤhte ſchon an allen Enden. Heinrich war wirklich guter Dinge und putzte ſich ſorgfaͤltiger heraus als gewohnt; er verlor den Muth nicht, da er ſich einbildete, nichts erreichen zu wollen, ſich allein wie ein Kind auf die herzliche Plauderei freuend, die er ihr vormu¬ ſiciren wollte, und ſich davon ein reines und un¬ getruͤbtes Gluͤck und ein ruhiges Leben verſpre¬ chend. Und es fielen ihm tauſend Narrheiten in den Sinn, welche er dazwiſchen flechten wollte, um Dortchen zu ergoͤtzen, damit ſie ja nicht die mindeſte Unruhe oder Betruͤbniß verſpuͤren ſollte. So war er in der roſigſten Laune und das Herz

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/422>, abgerufen am 24.04.2024.