Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite
Siebentes Kapitel.

Den anderen Morgen, als Heinrich aufge¬
standen, empfing er einen Besuch von seiner Haus¬
wirthin, welche eine unvermögliche Frau war
und einen ganzen Trupp Kinder zu ernähren
hatte, während ihr Mann seinen Erwerb ander¬
weitig hintrug. Heinrich war ihr seit einem hal¬
ben Jahre die Miethe schuldig; denn dies war
ein Gegenstand, welcher ihm keine Wahl ließ,
Schulden zu machen oder nicht, da er ein Obdach
haben mußte. Die arme Frau hatte ihn nie ge¬
drängt und wußte, daß die, so in Sorgen leben,
am besten mit Geduld und Nachsicht zusammen
auskommen, was aber dann eine um so größere
Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit mit sich bringt, die
wiederum nicht sowohl wie eine harte Geschäfts¬

Siebentes Kapitel.

Den anderen Morgen, als Heinrich aufge¬
ſtanden, empfing er einen Beſuch von ſeiner Haus¬
wirthin, welche eine unvermoͤgliche Frau war
und einen ganzen Trupp Kinder zu ernaͤhren
hatte, waͤhrend ihr Mann ſeinen Erwerb ander¬
weitig hintrug. Heinrich war ihr ſeit einem hal¬
ben Jahre die Miethe ſchuldig; denn dies war
ein Gegenſtand, welcher ihm keine Wahl ließ,
Schulden zu machen oder nicht, da er ein Obdach
haben mußte. Die arme Frau hatte ihn nie ge¬
draͤngt und wußte, daß die, ſo in Sorgen leben,
am beſten mit Geduld und Nachſicht zuſammen
auskommen, was aber dann eine um ſo groͤßere
Zuverlaͤſſigkeit und Ehrlichkeit mit ſich bringt, die
wiederum nicht ſowohl wie eine harte Geſchaͤfts¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0209"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b #g">Siebentes Kapitel.</hi><lb/>
        </head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Den anderen Morgen, als Heinrich aufge¬<lb/>
&#x017F;tanden, empfing er einen Be&#x017F;uch von &#x017F;einer Haus¬<lb/>
wirthin, welche eine unvermo&#x0364;gliche Frau war<lb/>
und einen ganzen Trupp Kinder zu erna&#x0364;hren<lb/>
hatte, wa&#x0364;hrend ihr Mann &#x017F;einen Erwerb ander¬<lb/>
weitig hintrug. Heinrich war ihr &#x017F;eit einem hal¬<lb/>
ben Jahre die Miethe &#x017F;chuldig; denn dies war<lb/>
ein Gegen&#x017F;tand, welcher ihm keine Wahl ließ,<lb/>
Schulden zu machen oder nicht, da er ein Obdach<lb/>
haben mußte. Die arme Frau hatte ihn nie ge¬<lb/>
dra&#x0364;ngt und wußte, daß die, &#x017F;o in Sorgen leben,<lb/>
am be&#x017F;ten mit Geduld und Nach&#x017F;icht zu&#x017F;ammen<lb/>
auskommen, was aber dann eine um &#x017F;o gro&#x0364;ßere<lb/>
Zuverla&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit und Ehrlichkeit mit &#x017F;ich bringt, die<lb/>
wiederum nicht &#x017F;owohl wie eine harte Ge&#x017F;cha&#x0364;fts¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0209] Siebentes Kapitel. Den anderen Morgen, als Heinrich aufge¬ ſtanden, empfing er einen Beſuch von ſeiner Haus¬ wirthin, welche eine unvermoͤgliche Frau war und einen ganzen Trupp Kinder zu ernaͤhren hatte, waͤhrend ihr Mann ſeinen Erwerb ander¬ weitig hintrug. Heinrich war ihr ſeit einem hal¬ ben Jahre die Miethe ſchuldig; denn dies war ein Gegenſtand, welcher ihm keine Wahl ließ, Schulden zu machen oder nicht, da er ein Obdach haben mußte. Die arme Frau hatte ihn nie ge¬ draͤngt und wußte, daß die, ſo in Sorgen leben, am beſten mit Geduld und Nachſicht zuſammen auskommen, was aber dann eine um ſo groͤßere Zuverlaͤſſigkeit und Ehrlichkeit mit ſich bringt, die wiederum nicht ſowohl wie eine harte Geſchaͤfts¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/209
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/209>, abgerufen am 29.03.2024.