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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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sehr in die Augen sprangen; er nahm ihm ab,
was er ihm brachte, war aber nach einiger Zeit
verwundert, daß er hiervon auch nicht ein Stück
verkaufte und der Käufer, welcher die guten
Sachen alle geholt hatte, plötzlich wegblieb. Er
theilte dies seinem Schützling mit, schob aber die
Schuld auf die Wunderlichkeit und den Eigensinn
der Leute und forderte Heinrich auf, nur nicht
nachzulassen, sie wollten einmal auf den Vorrath
arbeiten, bis sich neue Käufer finden würden.
Heinrich konnte das aber nicht länger mit anse¬
hen und sagte dem Alten, daß er wahrscheinlich
nie einen Fetzen von dieser neuen Art verkaufen
würde und daß er sein Geld, so wenig es sei,
wegwerfe. Ganz verblüfft verlangte der Alte eine
deutlichere Belehrung und Heinrich setzte ihm, so
gut es ging, auseinander, welcher Unterschied
zwischen diesen und den früheren Sachen bestehe,
wie jene eben etwas Gewordenes, diese etwas
Gemachtes seien, jene ohne des Künstlers beson¬
deres Verdienst von einem ganz bestimmten Stoff
und Werth, diese dagegen vollkommen werthlos.
Er sei nun sogar froh, setzte er hinzu, daß diese

ſehr in die Augen ſprangen; er nahm ihm ab,
was er ihm brachte, war aber nach einiger Zeit
verwundert, daß er hiervon auch nicht ein Stuͤck
verkaufte und der Kaͤufer, welcher die guten
Sachen alle geholt hatte, ploͤtzlich wegblieb. Er
theilte dies ſeinem Schuͤtzling mit, ſchob aber die
Schuld auf die Wunderlichkeit und den Eigenſinn
der Leute und forderte Heinrich auf, nur nicht
nachzulaſſen, ſie wollten einmal auf den Vorrath
arbeiten, bis ſich neue Kaͤufer finden wuͤrden.
Heinrich konnte das aber nicht laͤnger mit anſe¬
hen und ſagte dem Alten, daß er wahrſcheinlich
nie einen Fetzen von dieſer neuen Art verkaufen
wuͤrde und daß er ſein Geld, ſo wenig es ſei,
wegwerfe. Ganz verbluͤfft verlangte der Alte eine
deutlichere Belehrung und Heinrich ſetzte ihm, ſo
gut es ging, auseinander, welcher Unterſchied
zwiſchen dieſen und den fruͤheren Sachen beſtehe,
wie jene eben etwas Gewordenes, dieſe etwas
Gemachtes ſeien, jene ohne des Kuͤnſtlers beſon¬
deres Verdienſt von einem ganz beſtimmten Stoff
und Werth, dieſe dagegen vollkommen werthlos.
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[185/0195] ſehr in die Augen ſprangen; er nahm ihm ab, was er ihm brachte, war aber nach einiger Zeit verwundert, daß er hiervon auch nicht ein Stuͤck verkaufte und der Kaͤufer, welcher die guten Sachen alle geholt hatte, ploͤtzlich wegblieb. Er theilte dies ſeinem Schuͤtzling mit, ſchob aber die Schuld auf die Wunderlichkeit und den Eigenſinn der Leute und forderte Heinrich auf, nur nicht nachzulaſſen, ſie wollten einmal auf den Vorrath arbeiten, bis ſich neue Kaͤufer finden wuͤrden. Heinrich konnte das aber nicht laͤnger mit anſe¬ hen und ſagte dem Alten, daß er wahrſcheinlich nie einen Fetzen von dieſer neuen Art verkaufen wuͤrde und daß er ſein Geld, ſo wenig es ſei, wegwerfe. Ganz verbluͤfft verlangte der Alte eine deutlichere Belehrung und Heinrich ſetzte ihm, ſo gut es ging, auseinander, welcher Unterſchied zwiſchen dieſen und den fruͤheren Sachen beſtehe, wie jene eben etwas Gewordenes, dieſe etwas Gemachtes ſeien, jene ohne des Kuͤnſtlers beſon¬ deres Verdienſt von einem ganz beſtimmten Stoff und Werth, dieſe dagegen vollkommen werthlos. Er ſei nun ſogar froh, ſetzte er hinzu, daß dieſe

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/195>, abgerufen am 29.03.2024.