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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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zu was man ihn machen wollte, stellte sich in
früher Jugend auf eigene Faust, nur das thuend,
was er nicht lassen konnte, und schaffte sich, um ein
eigengehöriges Leben zu beginnen, sogar durch eine
schreiende Ausschweifung, durch eine überschweng¬
liche und wilde Räubergeschichte, durch einen Ju¬
gendfehler Luft und Licht; aber sobald er dies
gewonnen, veredelte er sich unablässig von innen
heraus und sein Leben ward nichts Anderes, als
die Erfüllung seines innersten Wesens, die folge¬
rechte und krystallreine Arbeit der Wahrheit und
des Idealen, die in ihm und seiner Zeit lagen.
Und dieses einfach fleißige Dasein verschaffte ihm
Alles, was seinem persönlichen Wesen gebührte;
denn da er, mit Respect zu melden, bei alledem
ein Stubensitzer war, so lag es nicht in demsel¬
ben, ein reicher und glänzender Weltmann zu
sein. Eine kleine Abweichung in seinem leiblichen
und geistigen Charakter, die eben nicht Schillerisch
war, und er wäre es auch geworden Aber nach
seinem Tode erst, kann man sagen, begann sein
ehrliches, klares und wahres Arbeitsleben seine
Wirkung und seine Erwerbsfähigkeit zu zeigen,

zu was man ihn machen wollte, ſtellte ſich in
fruͤher Jugend auf eigene Fauſt, nur das thuend,
was er nicht laſſen konnte, und ſchaffte ſich, um ein
eigengehoͤriges Leben zu beginnen, ſogar durch eine
ſchreiende Ausſchweifung, durch eine uͤberſchweng¬
liche und wilde Raͤubergeſchichte, durch einen Ju¬
gendfehler Luft und Licht; aber ſobald er dies
gewonnen, veredelte er ſich unablaͤſſig von innen
heraus und ſein Leben ward nichts Anderes, als
die Erfuͤllung ſeines innerſten Weſens, die folge¬
rechte und kryſtallreine Arbeit der Wahrheit und
des Idealen, die in ihm und ſeiner Zeit lagen.
Und dieſes einfach fleißige Daſein verſchaffte ihm
Alles, was ſeinem perſoͤnlichen Weſen gebuͤhrte;
denn da er, mit Reſpect zu melden, bei alledem
ein Stubenſitzer war, ſo lag es nicht in demſel¬
ben, ein reicher und glaͤnzender Weltmann zu
ſein. Eine kleine Abweichung in ſeinem leiblichen
und geiſtigen Charakter, die eben nicht Schilleriſch
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[119/0129] zu was man ihn machen wollte, ſtellte ſich in fruͤher Jugend auf eigene Fauſt, nur das thuend, was er nicht laſſen konnte, und ſchaffte ſich, um ein eigengehoͤriges Leben zu beginnen, ſogar durch eine ſchreiende Ausſchweifung, durch eine uͤberſchweng¬ liche und wilde Raͤubergeſchichte, durch einen Ju¬ gendfehler Luft und Licht; aber ſobald er dies gewonnen, veredelte er ſich unablaͤſſig von innen heraus und ſein Leben ward nichts Anderes, als die Erfuͤllung ſeines innerſten Weſens, die folge¬ rechte und kryſtallreine Arbeit der Wahrheit und des Idealen, die in ihm und ſeiner Zeit lagen. Und dieſes einfach fleißige Daſein verſchaffte ihm Alles, was ſeinem perſoͤnlichen Weſen gebuͤhrte; denn da er, mit Reſpect zu melden, bei alledem ein Stubenſitzer war, ſo lag es nicht in demſel¬ ben, ein reicher und glaͤnzender Weltmann zu ſein. Eine kleine Abweichung in ſeinem leiblichen und geiſtigen Charakter, die eben nicht Schilleriſch war, und er waͤre es auch geworden Aber nach ſeinem Tode erſt, kann man ſagen, begann ſein ehrliches, klares und wahres Arbeitsleben ſeine Wirkung und ſeine Erwerbsfaͤhigkeit zu zeigen,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/129>, abgerufen am 29.03.2024.