Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

von Arbeit und Täuschung, innerer Leerheit und
äußerem Erfolg, Unsinn und weisem Betriebe,
von Zwecklosigkeit und stattlich ausgebreitetem
Gelingen, bis der Herbstwind des Todes Alles
hinwegfegt und auf dem öden Stoppelfelde
nichts übrig läßt, als hier ein seltsam zusammen¬
gewürfeltes Vermögen, dort ein Haus, dessen Er¬
ben nicht zu sagen wissen, auf welchem Grund
und mit welchem Recht es gegründet ist, und
wenn dies Erbe auch noch verweht ist, so ist weder
eine geistige noch leibliche Spur, noch ein Zusam¬
menhang mehr zu finden zum Zeugniß, daß jene
Betriebsamen einst auch dagewesen seien und sich,
obgleich fleißig, doch mit Recht und Ehre genährt
haben, während jeder wohlbestellte Acker ein
Denkmal ist dessen, der ihn einst geackert hat.

Will man hingegen aus der großen öffentli¬
chen Welt ein Beispiel wirkungsreicher Arbeit, die
zugleich ein wahres und vernünftiges Leben ist,
betrachten, so muß man das Leben und Wirken
Schiller's ansehen. Dieser, aus dem Kreise hin¬
ausflüchtend, in welchem Familie und Landesherr
ihn halten wollten, alles das im Stiche lassend,

von Arbeit und Taͤuſchung, innerer Leerheit und
aͤußerem Erfolg, Unſinn und weiſem Betriebe,
von Zweckloſigkeit und ſtattlich ausgebreitetem
Gelingen, bis der Herbſtwind des Todes Alles
hinwegfegt und auf dem oͤden Stoppelfelde
nichts uͤbrig laͤßt, als hier ein ſeltſam zuſammen¬
gewuͤrfeltes Vermoͤgen, dort ein Haus, deſſen Er¬
ben nicht zu ſagen wiſſen, auf welchem Grund
und mit welchem Recht es gegruͤndet iſt, und
wenn dies Erbe auch noch verweht iſt, ſo iſt weder
eine geiſtige noch leibliche Spur, noch ein Zuſam¬
menhang mehr zu finden zum Zeugniß, daß jene
Betriebſamen einſt auch dageweſen ſeien und ſich,
obgleich fleißig, doch mit Recht und Ehre genaͤhrt
haben, waͤhrend jeder wohlbeſtellte Acker ein
Denkmal iſt deſſen, der ihn einſt geackert hat.

Will man hingegen aus der großen oͤffentli¬
chen Welt ein Beiſpiel wirkungsreicher Arbeit, die
zugleich ein wahres und vernuͤnftiges Leben iſt,
betrachten, ſo muß man das Leben und Wirken
Schiller's anſehen. Dieſer, aus dem Kreiſe hin¬
ausfluͤchtend, in welchem Familie und Landesherr
ihn halten wollten, alles das im Stiche laſſend,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0128" n="118"/>
von Arbeit und Ta&#x0364;u&#x017F;chung, innerer Leerheit und<lb/>
a&#x0364;ußerem Erfolg, Un&#x017F;inn und wei&#x017F;em Betriebe,<lb/>
von Zwecklo&#x017F;igkeit und &#x017F;tattlich ausgebreitetem<lb/>
Gelingen, bis der Herb&#x017F;twind des Todes Alles<lb/>
hinwegfegt und auf dem o&#x0364;den Stoppelfelde<lb/>
nichts u&#x0364;brig la&#x0364;ßt, als hier ein &#x017F;elt&#x017F;am zu&#x017F;ammen¬<lb/>
gewu&#x0364;rfeltes Vermo&#x0364;gen, dort ein Haus, de&#x017F;&#x017F;en Er¬<lb/>
ben nicht zu &#x017F;agen wi&#x017F;&#x017F;en, auf welchem Grund<lb/>
und mit welchem Recht es gegru&#x0364;ndet i&#x017F;t, und<lb/>
wenn dies Erbe auch noch verweht i&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t weder<lb/>
eine gei&#x017F;tige noch leibliche Spur, noch ein Zu&#x017F;am¬<lb/>
menhang mehr zu finden zum Zeugniß, daß jene<lb/>
Betrieb&#x017F;amen ein&#x017F;t auch dagewe&#x017F;en &#x017F;eien und &#x017F;ich,<lb/>
obgleich fleißig, doch mit Recht und Ehre gena&#x0364;hrt<lb/>
haben, wa&#x0364;hrend jeder wohlbe&#x017F;tellte Acker ein<lb/>
Denkmal i&#x017F;t de&#x017F;&#x017F;en, der ihn ein&#x017F;t geackert hat.</p><lb/>
        <p>Will man hingegen aus der großen o&#x0364;ffentli¬<lb/>
chen Welt ein Bei&#x017F;piel wirkungsreicher Arbeit, die<lb/>
zugleich ein wahres und vernu&#x0364;nftiges Leben i&#x017F;t,<lb/>
betrachten, &#x017F;o muß man das Leben und Wirken<lb/>
Schiller's an&#x017F;ehen. Die&#x017F;er, aus dem Krei&#x017F;e hin¬<lb/>
ausflu&#x0364;chtend, in welchem Familie und Landesherr<lb/>
ihn halten wollten, alles das im Stiche la&#x017F;&#x017F;end,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0128] von Arbeit und Taͤuſchung, innerer Leerheit und aͤußerem Erfolg, Unſinn und weiſem Betriebe, von Zweckloſigkeit und ſtattlich ausgebreitetem Gelingen, bis der Herbſtwind des Todes Alles hinwegfegt und auf dem oͤden Stoppelfelde nichts uͤbrig laͤßt, als hier ein ſeltſam zuſammen¬ gewuͤrfeltes Vermoͤgen, dort ein Haus, deſſen Er¬ ben nicht zu ſagen wiſſen, auf welchem Grund und mit welchem Recht es gegruͤndet iſt, und wenn dies Erbe auch noch verweht iſt, ſo iſt weder eine geiſtige noch leibliche Spur, noch ein Zuſam¬ menhang mehr zu finden zum Zeugniß, daß jene Betriebſamen einſt auch dageweſen ſeien und ſich, obgleich fleißig, doch mit Recht und Ehre genaͤhrt haben, waͤhrend jeder wohlbeſtellte Acker ein Denkmal iſt deſſen, der ihn einſt geackert hat. Will man hingegen aus der großen oͤffentli¬ chen Welt ein Beiſpiel wirkungsreicher Arbeit, die zugleich ein wahres und vernuͤnftiges Leben iſt, betrachten, ſo muß man das Leben und Wirken Schiller's anſehen. Dieſer, aus dem Kreiſe hin¬ ausfluͤchtend, in welchem Familie und Landesherr ihn halten wollten, alles das im Stiche laſſend,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/128
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/128>, abgerufen am 29.03.2024.