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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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näre von Profession, die sich so nennen, wissen
selbst nicht, warum und woher sie in der Welt
sind. Sie sind nämlich nur die Fußschwielen der
vorwärtsschreitenden Menschheit. So wenig die
Physiker der Wärme gegenüber eine eigenthüm¬
liche Kälte kennen, so wenig es dem Schönen
gegenüber eine absolute dämonische Häßlichkeit
giebt, wie die dualistischen Aesthetiker glauben,
so wenig wie es ein gehörntes und geschwänztes
Princip des Bösen, einen selbstherrlichen Teufel
giebt, so wenig giebt es eine Reaction, welche
aus eigener innewohnender Kraft und nach einem
ursprünglichen Gesetze zu bestehen vermöchte.

Der hervorspringendste Beweis hiervon ist die
umfangreichste That der Reaction, wie sie ist,
der Jesuitismus. Dieser ist an sich nichts, als
die Anziehung und Beschäftigung aller unnützen
und eitlen Köpfe, welche zur Ausübung ihres
Unsinnes einer kolossalen Methode bedürfen, um
sich selbst zu genügen. Dies ist das innerste Ge¬
heimniß des Jesuitismus.

Daß er eine ungeheure hohle Blase ist, ein
eingefleischter Widerspruch und Muthwillen, be¬

naͤre von Profeſſion, die ſich ſo nennen, wiſſen
ſelbſt nicht, warum und woher ſie in der Welt
ſind. Sie ſind naͤmlich nur die Fußſchwielen der
vorwaͤrtsſchreitenden Menſchheit. So wenig die
Phyſiker der Waͤrme gegenuͤber eine eigenthuͤm¬
liche Kaͤlte kennen, ſo wenig es dem Schoͤnen
gegenuͤber eine abſolute daͤmoniſche Haͤßlichkeit
giebt, wie die dualiſtiſchen Aeſthetiker glauben,
ſo wenig wie es ein gehoͤrntes und geſchwaͤnztes
Princip des Boͤſen, einen ſelbſtherrlichen Teufel
giebt, ſo wenig giebt es eine Reaction, welche
aus eigener innewohnender Kraft und nach einem
urſpruͤnglichen Geſetze zu beſtehen vermoͤchte.

Der hervorſpringendſte Beweis hiervon iſt die
umfangreichſte That der Reaction, wie ſie iſt,
der Jeſuitismus. Dieſer iſt an ſich nichts, als
die Anziehung und Beſchaͤftigung aller unnuͤtzen
und eitlen Koͤpfe, welche zur Ausuͤbung ihres
Unſinnes einer koloſſalen Methode beduͤrfen, um
ſich ſelbſt zu genuͤgen. Dies iſt das innerſte Ge¬
heimniß des Jeſuitismus.

Daß er eine ungeheure hohle Blaſe iſt, ein
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[91/0101] naͤre von Profeſſion, die ſich ſo nennen, wiſſen ſelbſt nicht, warum und woher ſie in der Welt ſind. Sie ſind naͤmlich nur die Fußſchwielen der vorwaͤrtsſchreitenden Menſchheit. So wenig die Phyſiker der Waͤrme gegenuͤber eine eigenthuͤm¬ liche Kaͤlte kennen, ſo wenig es dem Schoͤnen gegenuͤber eine abſolute daͤmoniſche Haͤßlichkeit giebt, wie die dualiſtiſchen Aeſthetiker glauben, ſo wenig wie es ein gehoͤrntes und geſchwaͤnztes Princip des Boͤſen, einen ſelbſtherrlichen Teufel giebt, ſo wenig giebt es eine Reaction, welche aus eigener innewohnender Kraft und nach einem urſpruͤnglichen Geſetze zu beſtehen vermoͤchte. Der hervorſpringendſte Beweis hiervon iſt die umfangreichſte That der Reaction, wie ſie iſt, der Jeſuitismus. Dieſer iſt an ſich nichts, als die Anziehung und Beſchaͤftigung aller unnuͤtzen und eitlen Koͤpfe, welche zur Ausuͤbung ihres Unſinnes einer koloſſalen Methode beduͤrfen, um ſich ſelbſt zu genuͤgen. Dies iſt das innerſte Ge¬ heimniß des Jeſuitismus. Daß er eine ungeheure hohle Blaſe iſt, ein eingefleiſchter Widerſpruch und Muthwillen, be¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/101>, abgerufen am 29.03.2024.