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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Fünftes Buch.
Gunst, dass ihn der König auf die grossen Jagden in Balsain
mitnahm. Weder der Prinz von Wales, noch Parma und Pfalz-
Neuburg hatten solche Einladungen bekommen. Der junge Mann
hatte besonders durch seinen Erfolg im Rohrspeerspiel und auf
der hohen Jagd die Achtung S. M. erworben. Vollends er-
oberte er sein Herz, als er über dessen eigenste Schöpfung,
die Torre de la parada, eine ungeheuchelte Bewunderung aus-
sprach. "Sie stehe dem Interessantesten gleich was er auf seiner
Reise in Italien und Europa kennen gelernt habe" 1). Philipp
hat ihn selbst im Escorial herumgeführt und ins Pantheon mit
heruntergenommen.

Am S. Michaelstage holte er ihn im Wagen ab, machte
mit ihm eine Fahrt durch die Stadt und eröffnete ihm, dass er
sein Gevatter werden solle. Die Infantin Maria Theresia, die
künftige Königin von Frankreich, wurde an jenem Tage in der
Palastkapelle vom Cardinal Borja getauft, Mitpathin war die
Prinzessin von Carignan. Darauf erhielt er das Generalat der
Flotte des kantabrischen und atlantischen Meeres, "ein phanta-
stischer Titel", der aber mit 14,000 Dukaten Rente verbunden
war. Endlich ward ein Kapitel des Ordens vom goldenen Vliess
berufen, und ihm zugleich mit dem Kronprinzen die höchste
Dekoration ertheilt, welche der Hof gewähren konnte. Hätte man
geahnt, dass er mit diesem goldnen Fell achtzehn Jahre später
in Paris umherstolziren werde!

Wir übergehen die wechselseitigen sehr kostbaren Ge-
schenke. Das Hauptpräsent, dessen Herstellung Zeit erforderte,
wurde erst am 17. November von Olivares dem Grafen Testi
persönlich übergeben, und durch den eigens deswegen abge-
schickten Casolari überbracht. Es war ein Diamantschmuck in
Form eines Kaiseradlers, 37 grosse Steine, die man in ganz
Madrid zusammengesucht hatte, auf 18000 Dukaten geschätzt;
das Halsband bestand aus kleinen, jeder 14 Dukaten werth. Auf
dem Rücken des Adlers war ein Miniaturbildchen des Königs
von Velazquez eingelassen, "so ähnlich und schön, dass es sicher
Staunen erregen wird". Testi erfuhr von zuverlässiger Seite,
dass das Ganze dem König 33000 Dukaten gekostet hatte 2).

1) La Torre nueva de la Parada, fabrica del Rey ... admiro y alabo el
Duque entre las cosas memorables que habia visto en Italia y en las otras partes
de Europa que habia andado. Novoa in den Documentos ined. 77, 622.
2) Il Re aveva fatto dono al Duca Francesco Io d'una Gioia di Diamanti
del valore di 33 m. Ducatoni d'argento. Nel rovescio dell' Aquila aveva un pic-

Fünftes Buch.
Gunst, dass ihn der König auf die grossen Jagden in Balsain
mitnahm. Weder der Prinz von Wales, noch Parma und Pfalz-
Neuburg hatten solche Einladungen bekommen. Der junge Mann
hatte besonders durch seinen Erfolg im Rohrspeerspiel und auf
der hohen Jagd die Achtung S. M. erworben. Vollends er-
oberte er sein Herz, als er über dessen eigenste Schöpfung,
die Torre de la parada, eine ungeheuchelte Bewunderung aus-
sprach. „Sie stehe dem Interessantesten gleich was er auf seiner
Reise in Italien und Europa kennen gelernt habe“ 1). Philipp
hat ihn selbst im Escorial herumgeführt und ins Pantheon mit
heruntergenommen.

Am S. Michaelstage holte er ihn im Wagen ab, machte
mit ihm eine Fahrt durch die Stadt und eröffnete ihm, dass er
sein Gevatter werden solle. Die Infantin Maria Theresia, die
künftige Königin von Frankreich, wurde an jenem Tage in der
Palastkapelle vom Cardinal Borja getauft, Mitpathin war die
Prinzessin von Carignan. Darauf erhielt er das Generalat der
Flotte des kantabrischen und atlantischen Meeres, „ein phanta-
stischer Titel“, der aber mit 14,000 Dukaten Rente verbunden
war. Endlich ward ein Kapitel des Ordens vom goldenen Vliess
berufen, und ihm zugleich mit dem Kronprinzen die höchste
Dekoration ertheilt, welche der Hof gewähren konnte. Hätte man
geahnt, dass er mit diesem goldnen Fell achtzehn Jahre später
in Paris umherstolziren werde!

Wir übergehen die wechselseitigen sehr kostbaren Ge-
schenke. Das Hauptpräsent, dessen Herstellung Zeit erforderte,
wurde erst am 17. November von Olivares dem Grafen Testi
persönlich übergeben, und durch den eigens deswegen abge-
schickten Casolari überbracht. Es war ein Diamantschmuck in
Form eines Kaiseradlers, 37 grosse Steine, die man in ganz
Madrid zusammengesucht hatte, auf 18000 Dukaten geschätzt;
das Halsband bestand aus kleinen, jeder 14 Dukaten werth. Auf
dem Rücken des Adlers war ein Miniaturbildchen des Königs
von Velazquez eingelassen, „so ähnlich und schön, dass es sicher
Staunen erregen wird“. Testi erfuhr von zuverlässiger Seite,
dass das Ganze dem König 33000 Dukaten gekostet hatte 2).

1) La Torre nueva de la Parada, fábrica del Rey … admiró y alabó el
Duque entre las cosas memorables que habia visto en Italia y en las otras partes
de Europa que habia andado. Novoa in den Documentos inéd. 77, 622.
2) Il Re aveva fatto dono al Duca Francesco Io d’una Gioia di Diamanti
del valore di 33 m. Ducatoni d’argento. Nel rovescio dell’ Aquila aveva un pic-
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[66/0086] Fünftes Buch. Gunst, dass ihn der König auf die grossen Jagden in Balsain mitnahm. Weder der Prinz von Wales, noch Parma und Pfalz- Neuburg hatten solche Einladungen bekommen. Der junge Mann hatte besonders durch seinen Erfolg im Rohrspeerspiel und auf der hohen Jagd die Achtung S. M. erworben. Vollends er- oberte er sein Herz, als er über dessen eigenste Schöpfung, die Torre de la parada, eine ungeheuchelte Bewunderung aus- sprach. „Sie stehe dem Interessantesten gleich was er auf seiner Reise in Italien und Europa kennen gelernt habe“ 1). Philipp hat ihn selbst im Escorial herumgeführt und ins Pantheon mit heruntergenommen. Am S. Michaelstage holte er ihn im Wagen ab, machte mit ihm eine Fahrt durch die Stadt und eröffnete ihm, dass er sein Gevatter werden solle. Die Infantin Maria Theresia, die künftige Königin von Frankreich, wurde an jenem Tage in der Palastkapelle vom Cardinal Borja getauft, Mitpathin war die Prinzessin von Carignan. Darauf erhielt er das Generalat der Flotte des kantabrischen und atlantischen Meeres, „ein phanta- stischer Titel“, der aber mit 14,000 Dukaten Rente verbunden war. Endlich ward ein Kapitel des Ordens vom goldenen Vliess berufen, und ihm zugleich mit dem Kronprinzen die höchste Dekoration ertheilt, welche der Hof gewähren konnte. Hätte man geahnt, dass er mit diesem goldnen Fell achtzehn Jahre später in Paris umherstolziren werde! Wir übergehen die wechselseitigen sehr kostbaren Ge- schenke. Das Hauptpräsent, dessen Herstellung Zeit erforderte, wurde erst am 17. November von Olivares dem Grafen Testi persönlich übergeben, und durch den eigens deswegen abge- schickten Casolari überbracht. Es war ein Diamantschmuck in Form eines Kaiseradlers, 37 grosse Steine, die man in ganz Madrid zusammengesucht hatte, auf 18000 Dukaten geschätzt; das Halsband bestand aus kleinen, jeder 14 Dukaten werth. Auf dem Rücken des Adlers war ein Miniaturbildchen des Königs von Velazquez eingelassen, „so ähnlich und schön, dass es sicher Staunen erregen wird“. Testi erfuhr von zuverlässiger Seite, dass das Ganze dem König 33000 Dukaten gekostet hatte 2). 1) La Torre nueva de la Parada, fábrica del Rey … admiró y alabó el Duque entre las cosas memorables que habia visto en Italia y en las otras partes de Europa que habia andado. Novoa in den Documentos inéd. 77, 622. 2) Il Re aveva fatto dono al Duca Francesco Io d’una Gioia di Diamanti del valore di 33 m. Ducatoni d’argento. Nel rovescio dell’ Aquila aveva un pic-

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/86>, abgerufen am 29.03.2024.