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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Mars.
Saals bezeichnen die grossen Bildnisse der fünf Habsburger:
Carl V, Philipp II mit dem Kind Ferdinand nach der Schlacht
bei Lepanto von Tizian, Philipp III auf der "Vertreibung der Mo-
riscos" von Velazquez, Philipp IV Jugendbild von Rubens. Zu
ihnen ist später auch noch der letzte gekommen: Carl II von
Carrenno. Ueber und zwischen den Fenstern und über den Spie-
geln gruppirten sich mythologische nebst einigen alttestament-
lichen Scenen. Da sah man die sogenannten vier Furien (Sisy-
phus und Genossen) von Tizian; vier Stücke Tintoretto's: Judith
und Holofernes, Venus und Adonis, den Raub der Helena, Py-
ramus und Thisbe. Drei biblische Geschichten von Paul Vero-
nese: Jakob und Rahel, Mose im Nil, der Knabe Jesus im Tempel;
Bassano's Schmiede Vulcans. Rubens letzte Gemälde waren für
diesen Saal bestellt worden: Andromeda, Herkules und Antäus,
der Raub und der Frieden der Sabinerinnen. Ausserdem sah
man von ihm Scaevola, Achill und Deidamia, Jakob und Esau,
die Nymphen mit dem Füllhorn, den Satyr einen Löwen trän-
kend. Zu diesen fremden Künstlern gesellten sich zwei Spanier:
Ribera mit Jael und Sisera, Samson und Delila (über den Fen-
stern), und an dem bescheidenen Platz zwischen letztern Velazquez.

Gewiss eine seltene Kollektion: antike Stoffe von der Hand
der ersten Naturalisten des Jahrhunderts. Die alttestamentlichen
Geschichten wurden mit jenen auf gleiche Linie gestellt und nach
denselben novellistisch-allegorischen Gesichtspunkten ausgewählt
und behandelt.

Von diesen fünf Stücken des Meisters sind noch erhalten
der Mars, die Venus mit dem Spiegel und der Mercur mit
Argos. Apollo und Marsyas, Venus mit Adonis sind verloren.

Mars.

Für die Ansicht, dass die mythologischen Scenen Velaz-
quez kein Glück gebracht, (ein Spanier meint, dass er die
Göttergesellschaft so schlecht behandelt habe, weil er ein so
guter Katholik gewesen sei) ist besonders der Mars ins Feld
geführt worden. R. Ford nennt seine Formen die eines gemeinen
galizischen Lastträgers, ein Bildhauer die eines abgestandenen
Cirkusherkules, ein dritter findet darin eine gleichgültige Modell-
studie (Quarterly Review 1872), selbst W. Burger dachte an die
Flamländer der Verfallzeit.

Mars.
Saals bezeichnen die grossen Bildnisse der fünf Habsburger:
Carl V, Philipp II mit dem Kind Ferdinand nach der Schlacht
bei Lepanto von Tizian, Philipp III auf der „Vertreibung der Mo-
riscos“ von Velazquez, Philipp IV Jugendbild von Rubens. Zu
ihnen ist später auch noch der letzte gekommen: Carl II von
Carreño. Ueber und zwischen den Fenstern und über den Spie-
geln gruppirten sich mythologische nebst einigen alttestament-
lichen Scenen. Da sah man die sogenannten vier Furien (Sisy-
phus und Genossen) von Tizian; vier Stücke Tintoretto’s: Judith
und Holofernes, Venus und Adonis, den Raub der Helena, Py-
ramus und Thisbe. Drei biblische Geschichten von Paul Vero-
nese: Jakob und Rahel, Mose im Nil, der Knabe Jesus im Tempel;
Bassano’s Schmiede Vulcans. Rubens letzte Gemälde waren für
diesen Saal bestellt worden: Andromeda, Herkules und Antäus,
der Raub und der Frieden der Sabinerinnen. Ausserdem sah
man von ihm Scævola, Achill und Deidamia, Jakob und Esau,
die Nymphen mit dem Füllhorn, den Satyr einen Löwen trän-
kend. Zu diesen fremden Künstlern gesellten sich zwei Spanier:
Ribera mit Jael und Sisera, Samson und Delila (über den Fen-
stern), und an dem bescheidenen Platz zwischen letztern Velazquez.

Gewiss eine seltene Kollektion: antike Stoffe von der Hand
der ersten Naturalisten des Jahrhunderts. Die alttestamentlichen
Geschichten wurden mit jenen auf gleiche Linie gestellt und nach
denselben novellistisch-allegorischen Gesichtspunkten ausgewählt
und behandelt.

Von diesen fünf Stücken des Meisters sind noch erhalten
der Mars, die Venus mit dem Spiegel und der Mercur mit
Argos. Apollo und Marsyas, Venus mit Adonis sind verloren.

Mars.

Für die Ansicht, dass die mythologischen Scenen Velaz-
quez kein Glück gebracht, (ein Spanier meint, dass er die
Göttergesellschaft so schlecht behandelt habe, weil er ein so
guter Katholik gewesen sei) ist besonders der Mars ins Feld
geführt worden. R. Ford nennt seine Formen die eines gemeinen
galizischen Lastträgers, ein Bildhauer die eines abgestandenen
Cirkusherkules, ein dritter findet darin eine gleichgültige Modell-
studie (Quarterly Review 1872), selbst W. Burger dachte an die
Flamländer der Verfallzeit.

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[363/0387] Mars. Saals bezeichnen die grossen Bildnisse der fünf Habsburger: Carl V, Philipp II mit dem Kind Ferdinand nach der Schlacht bei Lepanto von Tizian, Philipp III auf der „Vertreibung der Mo- riscos“ von Velazquez, Philipp IV Jugendbild von Rubens. Zu ihnen ist später auch noch der letzte gekommen: Carl II von Carreño. Ueber und zwischen den Fenstern und über den Spie- geln gruppirten sich mythologische nebst einigen alttestament- lichen Scenen. Da sah man die sogenannten vier Furien (Sisy- phus und Genossen) von Tizian; vier Stücke Tintoretto’s: Judith und Holofernes, Venus und Adonis, den Raub der Helena, Py- ramus und Thisbe. Drei biblische Geschichten von Paul Vero- nese: Jakob und Rahel, Mose im Nil, der Knabe Jesus im Tempel; Bassano’s Schmiede Vulcans. Rubens letzte Gemälde waren für diesen Saal bestellt worden: Andromeda, Herkules und Antäus, der Raub und der Frieden der Sabinerinnen. Ausserdem sah man von ihm Scævola, Achill und Deidamia, Jakob und Esau, die Nymphen mit dem Füllhorn, den Satyr einen Löwen trän- kend. Zu diesen fremden Künstlern gesellten sich zwei Spanier: Ribera mit Jael und Sisera, Samson und Delila (über den Fen- stern), und an dem bescheidenen Platz zwischen letztern Velazquez. Gewiss eine seltene Kollektion: antike Stoffe von der Hand der ersten Naturalisten des Jahrhunderts. Die alttestamentlichen Geschichten wurden mit jenen auf gleiche Linie gestellt und nach denselben novellistisch-allegorischen Gesichtspunkten ausgewählt und behandelt. Von diesen fünf Stücken des Meisters sind noch erhalten der Mars, die Venus mit dem Spiegel und der Mercur mit Argos. Apollo und Marsyas, Venus mit Adonis sind verloren. Mars. Für die Ansicht, dass die mythologischen Scenen Velaz- quez kein Glück gebracht, (ein Spanier meint, dass er die Göttergesellschaft so schlecht behandelt habe, weil er ein so guter Katholik gewesen sei) ist besonders der Mars ins Feld geführt worden. R. Ford nennt seine Formen die eines gemeinen galizischen Lastträgers, ein Bildhauer die eines abgestandenen Cirkusherkules, ein dritter findet darin eine gleichgültige Modell- studie (Quarterly Review 1872), selbst W. Burger dachte an die Flamländer der Verfallzeit.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/387>, abgerufen am 29.03.2024.