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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Die Königin Marianne.

Die Ungeduld des Königs konnte die Rückkehr des Hof-
malers nicht erwarten, und so trat der Schwiegersohn für ihn
ein. Juan Bautista del Mazo nahm sich zusammen, und das
sehr ähnliche Bildniss machte sein Glück, man wurde auf ihn
aufmerksam. Palomino, der es bei einem Fronleichnamsfest
am Guadalajarathor ausgestellt sah, nennt es ein Wunder des
Pinsels (III, 372).

Die drei Bildnisse im Madrider Museum sind nicht aus
dieser ersten Zeit, es scheint, man hat die welche Velazquez
gleich nach seiner Ankunft malte, nach Wien geschickt. Das
Kind hatte sich seit der
Abfahrt aus der Hofburg
auf der langen Reise gün-
stig entwickelt, vor allem
wollte sie sich nun dort
in der erstaunlichen Mode
ihres jetzigen Hofs prä-
sentiren.

Das schönste und
ansprechendste Bildniss
von ihr ist neuerdings in
Wien zum Vorschein ge-
kommen 1), es stimmt mit
dem seit 1824 im Bel-
vedere befindlichen fast
ganz überein. Der Glanz
der blauen Augen ist ent-
zückend. Diess andere
Exemplar (Nr. 617) hat
einiges störende. Die

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Die Königin Marianne.

Augen sind trüber, die Modellirung in sehr hellen Fleischtönen
weniger rein und sicher. -- Wie doch ein von Grazien und Musen
wenig begünstigtes Wesen durch Jugend und Gesundheit dem

1) Diess neue Exemplar ist in den Katalog von 1881 nicht aufgenommen. Beide
heissen dort Maria Theresia, welche nun die Stieftochter Mariannens geworden war.
Noch sind keine Angaben, wie die Bildnisse nach Wien gekommen sind, gefunden
worden. Doch erzählt der modenesische Graf Ottonelli, dass im Februar 1653
der Marchese Mattei, Gesandter des Erzherzogs, nach Flandern reiste, um die Bild-
nisse des Königspaars und der Infantin zu überbringen, "credo per fomentargli la
speranza del matrimonio con la detta Serenissima Infanta
". Depesche vom
22. Februar 1653 in Modena.
II. 19
Die Königin Marianne.

Die Ungeduld des Königs konnte die Rückkehr des Hof-
malers nicht erwarten, und so trat der Schwiegersohn für ihn
ein. Juan Bautista del Mazo nahm sich zusammen, und das
sehr ähnliche Bildniss machte sein Glück, man wurde auf ihn
aufmerksam. Palomino, der es bei einem Fronleichnamsfest
am Guadalajarathor ausgestellt sah, nennt es ein Wunder des
Pinsels (III, 372).

Die drei Bildnisse im Madrider Museum sind nicht aus
dieser ersten Zeit, es scheint, man hat die welche Velazquez
gleich nach seiner Ankunft malte, nach Wien geschickt. Das
Kind hatte sich seit der
Abfahrt aus der Hofburg
auf der langen Reise gün-
stig entwickelt, vor allem
wollte sie sich nun dort
in der erstaunlichen Mode
ihres jetzigen Hofs prä-
sentiren.

Das schönste und
ansprechendste Bildniss
von ihr ist neuerdings in
Wien zum Vorschein ge-
kommen 1), es stimmt mit
dem seit 1824 im Bel-
vedere befindlichen fast
ganz überein. Der Glanz
der blauen Augen ist ent-
zückend. Diess andere
Exemplar (Nr. 617) hat
einiges störende. Die

[Abbildung]

Die Königin Marianne.

Augen sind trüber, die Modellirung in sehr hellen Fleischtönen
weniger rein und sicher. — Wie doch ein von Grazien und Musen
wenig begünstigtes Wesen durch Jugend und Gesundheit dem

1) Diess neue Exemplar ist in den Katalog von 1881 nicht aufgenommen. Beide
heissen dort Maria Theresia, welche nun die Stieftochter Mariannens geworden war.
Noch sind keine Angaben, wie die Bildnisse nach Wien gekommen sind, gefunden
worden. Doch erzählt der modenesische Graf Ottonelli, dass im Februar 1653
der Marchese Mattei, Gesandter des Erzherzogs, nach Flandern reiste, um die Bild-
nisse des Königspaars und der Infantin zu überbringen, „credo per fomentargli la
speranza del matrimonio con la detta Serenissima Infanta
“. Depesche vom
22. Februar 1653 in Modena.
II. 19
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[289/0309] Die Königin Marianne. Die Ungeduld des Königs konnte die Rückkehr des Hof- malers nicht erwarten, und so trat der Schwiegersohn für ihn ein. Juan Bautista del Mazo nahm sich zusammen, und das sehr ähnliche Bildniss machte sein Glück, man wurde auf ihn aufmerksam. Palomino, der es bei einem Fronleichnamsfest am Guadalajarathor ausgestellt sah, nennt es ein Wunder des Pinsels (III, 372). Die drei Bildnisse im Madrider Museum sind nicht aus dieser ersten Zeit, es scheint, man hat die welche Velazquez gleich nach seiner Ankunft malte, nach Wien geschickt. Das Kind hatte sich seit der Abfahrt aus der Hofburg auf der langen Reise gün- stig entwickelt, vor allem wollte sie sich nun dort in der erstaunlichen Mode ihres jetzigen Hofs prä- sentiren. Das schönste und ansprechendste Bildniss von ihr ist neuerdings in Wien zum Vorschein ge- kommen 1), es stimmt mit dem seit 1824 im Bel- vedere befindlichen fast ganz überein. Der Glanz der blauen Augen ist ent- zückend. Diess andere Exemplar (Nr. 617) hat einiges störende. Die [Abbildung Die Königin Marianne.] Augen sind trüber, die Modellirung in sehr hellen Fleischtönen weniger rein und sicher. — Wie doch ein von Grazien und Musen wenig begünstigtes Wesen durch Jugend und Gesundheit dem 1) Diess neue Exemplar ist in den Katalog von 1881 nicht aufgenommen. Beide heissen dort Maria Theresia, welche nun die Stieftochter Mariannens geworden war. Noch sind keine Angaben, wie die Bildnisse nach Wien gekommen sind, gefunden worden. Doch erzählt der modenesische Graf Ottonelli, dass im Februar 1653 der Marchese Mattei, Gesandter des Erzherzogs, nach Flandern reiste, um die Bild- nisse des Königspaars und der Infantin zu überbringen, „credo per fomentargli la speranza del matrimonio con la detta Serenissima Infanta“. Depesche vom 22. Februar 1653 in Modena. II. 19

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/309>, abgerufen am 29.03.2024.