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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Metelli und Colonna.
lich, und Juno der heiligen Jungfrau (Palomino III, 378). Zu
spanisch und finster waren die Physiognomien dieser Götter
Griechenlands (con semblantes adustos, y fieros.) Und was mussten
dergleichen Arbeiten, eilfertig für die allerhöchste Ungeduld
hingeworfen und schlecht oder gar nicht bezahlt, neben jenen
venezianischen Sälen für eine Figur machen! Der lebenslustige
Enkel mochte oft in seinen durch Oelgemälde in schwarzen Rah-
men verdüsterten Gemächern Vergleiche anstellen mit jenen hei-
teren, gestalt- und farbenbunten Gebilden, die der strenge Gross-
vater in der Westgalerie hatte ausführen lassen (I. 187).

Die wenigen Italiener, die noch in Madrid lebten, und die
welchen wenigstens italienisches Blut in den Adern floss (wie
eben jener Camilo, Felix Castello u. a.), erwiesen sich auch jetzt
am geeignetsten. Angelo Nardi lieferte allerhand phantastische
Sachen für Schlaf-, Speise- und Studierzimmer des Königs.
Francisco Rizi malte mit Pedro Nundez das neue Theater aus
für den Geburtstag der jungen Königin, der letztere lieferte
die Bildnisse der Könige Spaniens. Auch Julius Cäsar Semin,
der schwache Sprössling einer genuesischen Malerfamilie1) be-
malte die Westgalerie über den Gärten und das Boudoir des
Königs "mit Blumen, Guirlanden, Kindern", aber in Oel- und
Wasserfarben.

So erklären sich die fortgesetzten Versuche des spanischen
Hofs, berufene, leistungsfähige Frescomaler aus Italien zu be-
kommen2); durch die persönlichen Bemühungen des künstlerischen
Leiters aller dieser Arbeiten hoffte man endlich zum Ziel zu
kommen.

Es scheint, dass Velazquez diessmal den Wandmalereien
besondere Aufmerksamkeit schenkte, obwol er sich aus dem
Fresko nichts machte3). Palomino erwähnt (III, 336), dass er in

1) R. Soprani, Vite de' pittori genovesi. Genova 1768. I, 66. Lascio Andrea
due figli, Cesare, ed Alessandro, che alla Pittura attesero, e vi riusciron mediocre-
mente . . . . Costoro padri furono di figli similmente pittori; i quali pero si poco
nell' arte paterna s'avanzarono che non avendo in essa ne avventori, ne stima,
dovettero per disperazione abbandonarla (oder auswandern, dürfen wir wol hinzusetzen).
2) Anders ist die Auffassung des fleissigen Sammlers der oben zusammenge-
stellten Notizen. Les peintres d'histoire . . . . et Velazquez a la tete de toute
cette brillante cohorte, completaient, chacun avec son contingent de peinture et de
tableaux historiques, profanes ou religieuses, l'oeuvre qui devrait faire, non seulement
des appartemens de Philipp IV . . . . de veritables tresors d'art. L'Art a. a. O.
3) Ambos a dos (er und Mazo) fueron muy enemigos de la pintura al fresco
(Martinez, Discursos p. 119).

Metelli und Colonna.
lich, und Juno der heiligen Jungfrau (Palomino III, 378). Zu
spanisch und finster waren die Physiognomien dieser Götter
Griechenlands (con semblantes adustos, y fieros.) Und was mussten
dergleichen Arbeiten, eilfertig für die allerhöchste Ungeduld
hingeworfen und schlecht oder gar nicht bezahlt, neben jenen
venezianischen Sälen für eine Figur machen! Der lebenslustige
Enkel mochte oft in seinen durch Oelgemälde in schwarzen Rah-
men verdüsterten Gemächern Vergleiche anstellen mit jenen hei-
teren, gestalt- und farbenbunten Gebilden, die der strenge Gross-
vater in der Westgalerie hatte ausführen lassen (I. 187).

Die wenigen Italiener, die noch in Madrid lebten, und die
welchen wenigstens italienisches Blut in den Adern floss (wie
eben jener Camilo, Felix Castello u. a.), erwiesen sich auch jetzt
am geeignetsten. Angelo Nardi lieferte allerhand phantastische
Sachen für Schlaf-, Speise- und Studierzimmer des Königs.
Francisco Rizi malte mit Pedro Nuñez das neue Theater aus
für den Geburtstag der jungen Königin, der letztere lieferte
die Bildnisse der Könige Spaniens. Auch Julius Cäsar Semin,
der schwache Sprössling einer genuesischen Malerfamilie1) be-
malte die Westgalerie über den Gärten und das Boudoir des
Königs „mit Blumen, Guirlanden, Kindern“, aber in Oel- und
Wasserfarben.

So erklären sich die fortgesetzten Versuche des spanischen
Hofs, berufene, leistungsfähige Frescomaler aus Italien zu be-
kommen2); durch die persönlichen Bemühungen des künstlerischen
Leiters aller dieser Arbeiten hoffte man endlich zum Ziel zu
kommen.

Es scheint, dass Velazquez diessmal den Wandmalereien
besondere Aufmerksamkeit schenkte, obwol er sich aus dem
Fresko nichts machte3). Palomino erwähnt (III, 336), dass er in

1) R. Soprani, Vite de’ pittori genovesi. Genova 1768. I, 66. Lasciò Andrea
due figli, Cesare, ed Alessandro, che alla Pittura attesero, e vi riusciron mediocre-
mente . . . . Costoro padri furono di figli similmente pittori; i quali pero si poco
nell’ arte paterna s’avanzarono che non avendo in essa nè avventori, nè stima,
dovettero per disperazione abbandonarla (oder auswandern, dürfen wir wol hinzusetzen).
2) Anders ist die Auffassung des fleissigen Sammlers der oben zusammenge-
stellten Notizen. Les peintres d’histoire . . . . et Velazquez à la tête de toute
cette brillante cohorte, complétaient, chacun avec son contingent de peinture et de
tableaux historiques, profanes ou religieuses, l’œuvre qui devrait faire, non seulement
des appartemens de Philipp IV . . . . de véritables trésors d’art. L’Art a. a. O.
3) Ambos á dos (er und Mazo) fueron muy enemigos de la pintura al fresco
(Martinez, Discursos p. 119).
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[199/0219] Metelli und Colonna. lich, und Juno der heiligen Jungfrau (Palomino III, 378). Zu spanisch und finster waren die Physiognomien dieser Götter Griechenlands (con semblantes adustos, y fieros.) Und was mussten dergleichen Arbeiten, eilfertig für die allerhöchste Ungeduld hingeworfen und schlecht oder gar nicht bezahlt, neben jenen venezianischen Sälen für eine Figur machen! Der lebenslustige Enkel mochte oft in seinen durch Oelgemälde in schwarzen Rah- men verdüsterten Gemächern Vergleiche anstellen mit jenen hei- teren, gestalt- und farbenbunten Gebilden, die der strenge Gross- vater in der Westgalerie hatte ausführen lassen (I. 187). Die wenigen Italiener, die noch in Madrid lebten, und die welchen wenigstens italienisches Blut in den Adern floss (wie eben jener Camilo, Felix Castello u. a.), erwiesen sich auch jetzt am geeignetsten. Angelo Nardi lieferte allerhand phantastische Sachen für Schlaf-, Speise- und Studierzimmer des Königs. Francisco Rizi malte mit Pedro Nuñez das neue Theater aus für den Geburtstag der jungen Königin, der letztere lieferte die Bildnisse der Könige Spaniens. Auch Julius Cäsar Semin, der schwache Sprössling einer genuesischen Malerfamilie 1) be- malte die Westgalerie über den Gärten und das Boudoir des Königs „mit Blumen, Guirlanden, Kindern“, aber in Oel- und Wasserfarben. So erklären sich die fortgesetzten Versuche des spanischen Hofs, berufene, leistungsfähige Frescomaler aus Italien zu be- kommen 2); durch die persönlichen Bemühungen des künstlerischen Leiters aller dieser Arbeiten hoffte man endlich zum Ziel zu kommen. Es scheint, dass Velazquez diessmal den Wandmalereien besondere Aufmerksamkeit schenkte, obwol er sich aus dem Fresko nichts machte 3). Palomino erwähnt (III, 336), dass er in 1) R. Soprani, Vite de’ pittori genovesi. Genova 1768. I, 66. Lasciò Andrea due figli, Cesare, ed Alessandro, che alla Pittura attesero, e vi riusciron mediocre- mente . . . . Costoro padri furono di figli similmente pittori; i quali pero si poco nell’ arte paterna s’avanzarono che non avendo in essa nè avventori, nè stima, dovettero per disperazione abbandonarla (oder auswandern, dürfen wir wol hinzusetzen). 2) Anders ist die Auffassung des fleissigen Sammlers der oben zusammenge- stellten Notizen. Les peintres d’histoire . . . . et Velazquez à la tête de toute cette brillante cohorte, complétaient, chacun avec son contingent de peinture et de tableaux historiques, profanes ou religieuses, l’œuvre qui devrait faire, non seulement des appartemens de Philipp IV . . . . de véritables trésors d’art. L’Art a. a. O. 3) Ambos á dos (er und Mazo) fueron muy enemigos de la pintura al fresco (Martinez, Discursos p. 119).

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/219>, abgerufen am 18.04.2024.