Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

Innocenz X.
zeichnung wurde in der Grabschrift ausführlich erwähnt 1). Sie
ist sonst meines Wissens nur Algardi zu Theil geworden, als
er seine Statue gegossen hatte; hier hing an der Kette das Kreuz
des Christusordens.

Es wird auch erzählt 2), der Maler habe das ihm durch einen
Kämmerling überbrachte Geldgeschenk abgelehnt, "weil der König
sein Herr es ihm eigenhändig auszahle", worüber der Pabst ge-
lächelt habe. Es galt allerdings für korrekt, dass er als adeliger
Kammermaler des Königs nur von diesem Honorare annehme.
Grade am Hof von Rom hat er gewiss gern alles vermieden, was
dem spanisch-edelmännischen pundonor nicht entsprach und ge-
legentlich zu seinem Nachtheil gebraucht werden konnte.

Das Bildniss kam beim Erlöschen des Hauses Pamfili (1760)
mit der Primogenitur an die Doria Landi. Lange Zeit hatte es
den Ehrenplatz in der tribunetta der Galerie des Palasts am Corso,
gegenüber dem Andreas Doria von Sebastian del Piombo, der
hier dem Tizian ganz nahe gekommen ist. In den letzten Jahren
ist es unter einen Baldachin im grossen Eingangssaal versetzt
worden.

Grossen Anklang fand es schon damals auch in den Künstler-
kreisen Roms, wo ja die Eifersucht gegen Fremde sich weniger als
sonstwo bemerklich machte 3). Palomino spielt darauf an: "Unser
Velazquez kam nach Italien; doch nicht um zu lernen, sondern
um zu lehren: denn das Bildniss des Pabstes Innocenz X war
das Staunen (el pasmo) Roms, alle kopirten es zum Studium und
betrachteten es wie ein Wunder" 4). Manche Zeugnisse hierfür
aus italienischen Federn liessen sich anführen. Selbst zur Zeit
der Mengs-David'schen Schule schrieb Salvatore Tonci (1794):
"Das Bildniss ist ein Unglück für alle seine Nachbarn; der herr-
liche Guido darunter (Maria das Kind anbetend) scheint neben
ihm von Pergament" 5). Reynolds nannte es das schönste Gemälde
in Rom und kopirte es 6).

1) Cum ipse pro tunc etiam Innocentis X. Pont. max. faciem coloribus mire
expresserit, aurea catena pretij supra ordinarij eum remuneratus est, numismate
gemmis caelato cum ipsius Pontif. effigie, insculpta, ex ipsa ex annullo appenso.
Palomino III, 353.
2) Description of Houghton Hall. London 1747. p. 63.
3) Roma, che gradisce piu i forastieri, che i propri figliuoli. Passeri 424.
4) Palomino, Museo pictorico II, 63.
5) Descrizione ragionata della Galeria Doria. Roma 1794. 162.
6) It is here the famous portrait by Velazquez is which Sir J. Reynolds

Innocenz X.
zeichnung wurde in der Grabschrift ausführlich erwähnt 1). Sie
ist sonst meines Wissens nur Algardi zu Theil geworden, als
er seine Statue gegossen hatte; hier hing an der Kette das Kreuz
des Christusordens.

Es wird auch erzählt 2), der Maler habe das ihm durch einen
Kämmerling überbrachte Geldgeschenk abgelehnt, „weil der König
sein Herr es ihm eigenhändig auszahle“, worüber der Pabst ge-
lächelt habe. Es galt allerdings für korrekt, dass er als adeliger
Kammermaler des Königs nur von diesem Honorare annehme.
Grade am Hof von Rom hat er gewiss gern alles vermieden, was
dem spanisch-edelmännischen pundonor nicht entsprach und ge-
legentlich zu seinem Nachtheil gebraucht werden konnte.

Das Bildniss kam beim Erlöschen des Hauses Pamfili (1760)
mit der Primogenitur an die Doria Landi. Lange Zeit hatte es
den Ehrenplatz in der tribunetta der Galerie des Palasts am Corso,
gegenüber dem Andreas Doria von Sebastian del Piombo, der
hier dem Tizian ganz nahe gekommen ist. In den letzten Jahren
ist es unter einen Baldachin im grossen Eingangssaal versetzt
worden.

Grossen Anklang fand es schon damals auch in den Künstler-
kreisen Roms, wo ja die Eifersucht gegen Fremde sich weniger als
sonstwo bemerklich machte 3). Palomino spielt darauf an: „Unser
Velazquez kam nach Italien; doch nicht um zu lernen, sondern
um zu lehren: denn das Bildniss des Pabstes Innocenz X war
das Staunen (el pasmo) Roms, alle kopirten es zum Studium und
betrachteten es wie ein Wunder“ 4). Manche Zeugnisse hierfür
aus italienischen Federn liessen sich anführen. Selbst zur Zeit
der Mengs-David’schen Schule schrieb Salvatore Tonci (1794):
„Das Bildniss ist ein Unglück für alle seine Nachbarn; der herr-
liche Guido darunter (Maria das Kind anbetend) scheint neben
ihm von Pergament“ 5). Reynolds nannte es das schönste Gemälde
in Rom und kopirte es 6).

1) Cum ipse pro tunc etiam Innocentis X. Pont. max. faciem coloribus mire
expresserit, aurea catena pretij supra ordinarij eum remuneratus est, numismate
gemmis caelato cum ipsius Pontif. effigie, insculpta, ex ipsa ex annullo appenso.
Palomino III, 353.
2) Description of Houghton Hall. London 1747. p. 63.
3) Roma, che gradisce più i forastieri, che i propri figliuoli. Passeri 424.
4) Palomino, Museo pictorico II, 63.
5) Descrizione ragionata della Galeria Doria. Roma 1794. 162.
6) It is here the famous portrait by Velazquez is which Sir J. Reynolds
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0209" n="189"/><fw place="top" type="header">Innocenz X.</fw><lb/>
zeichnung wurde in der Grabschrift ausführlich erwähnt <note place="foot" n="1)">Cum ipse pro tunc etiam Innocentis X. Pont. max. faciem coloribus mire<lb/>
expresserit, aurea catena pretij supra ordinarij eum remuneratus est, numismate<lb/>
gemmis caelato cum ipsius Pontif. effigie, insculpta, ex ipsa ex annullo appenso.<lb/>
Palomino III, 353.</note>. Sie<lb/>
ist sonst meines Wissens nur Algardi zu Theil geworden, als<lb/>
er seine Statue gegossen hatte; hier hing an der Kette das Kreuz<lb/>
des Christusordens.</p><lb/>
          <p>Es wird auch erzählt <note place="foot" n="2)">Description of Houghton Hall. London 1747. p. 63.</note>, der Maler habe das ihm durch einen<lb/>
Kämmerling überbrachte Geldgeschenk abgelehnt, &#x201E;weil der König<lb/>
sein Herr es ihm eigenhändig auszahle&#x201C;, worüber der Pabst ge-<lb/>
lächelt habe. Es galt allerdings für korrekt, dass er als adeliger<lb/>
Kammermaler des Königs nur von diesem Honorare annehme.<lb/>
Grade am Hof von Rom hat er gewiss gern alles vermieden, was<lb/>
dem spanisch-edelmännischen <hi rendition="#i">pundonor</hi> nicht entsprach und ge-<lb/>
legentlich zu seinem Nachtheil gebraucht werden konnte.</p><lb/>
          <p>Das Bildniss kam beim Erlöschen des Hauses Pamfili (1760)<lb/>
mit der Primogenitur an die Doria Landi. Lange Zeit hatte es<lb/>
den Ehrenplatz in der <hi rendition="#i">tribunetta</hi> der Galerie des Palasts am Corso,<lb/>
gegenüber dem Andreas Doria von Sebastian del Piombo, der<lb/>
hier dem Tizian ganz nahe gekommen ist. In den letzten Jahren<lb/>
ist es unter einen Baldachin im grossen Eingangssaal versetzt<lb/>
worden.</p><lb/>
          <p>Grossen Anklang fand es schon damals auch in den Künstler-<lb/>
kreisen Roms, wo ja die Eifersucht gegen Fremde sich weniger als<lb/>
sonstwo bemerklich machte <note place="foot" n="3)">Roma, che gradisce più i forastieri, che i propri figliuoli. Passeri 424.</note>. Palomino spielt darauf an: &#x201E;Unser<lb/>
Velazquez kam nach Italien; doch nicht um zu lernen, sondern<lb/>
um zu lehren: denn das Bildniss des Pabstes Innocenz X war<lb/>
das Staunen (<hi rendition="#i">el pasmo</hi>) Roms, alle kopirten es zum Studium und<lb/>
betrachteten es wie ein Wunder&#x201C; <note place="foot" n="4)">Palomino, Museo pictorico II, 63.</note>. Manche Zeugnisse hierfür<lb/>
aus italienischen Federn liessen sich anführen. Selbst zur Zeit<lb/>
der Mengs-David&#x2019;schen Schule schrieb Salvatore Tonci (1794):<lb/>
&#x201E;Das Bildniss ist ein Unglück für alle seine Nachbarn; der herr-<lb/>
liche Guido darunter (Maria das Kind anbetend) scheint neben<lb/>
ihm von Pergament&#x201C; <note place="foot" n="5)">Descrizione ragionata della Galeria Doria. Roma 1794. 162.</note>. Reynolds nannte es das schönste Gemälde<lb/>
in Rom und kopirte es <note xml:id="seg2pn_9_1" next="#seg2pn_9_2" place="foot" n="6)">It is here the famous portrait by Velazquez is which Sir J. Reynolds</note>.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0209] Innocenz X. zeichnung wurde in der Grabschrift ausführlich erwähnt 1). Sie ist sonst meines Wissens nur Algardi zu Theil geworden, als er seine Statue gegossen hatte; hier hing an der Kette das Kreuz des Christusordens. Es wird auch erzählt 2), der Maler habe das ihm durch einen Kämmerling überbrachte Geldgeschenk abgelehnt, „weil der König sein Herr es ihm eigenhändig auszahle“, worüber der Pabst ge- lächelt habe. Es galt allerdings für korrekt, dass er als adeliger Kammermaler des Königs nur von diesem Honorare annehme. Grade am Hof von Rom hat er gewiss gern alles vermieden, was dem spanisch-edelmännischen pundonor nicht entsprach und ge- legentlich zu seinem Nachtheil gebraucht werden konnte. Das Bildniss kam beim Erlöschen des Hauses Pamfili (1760) mit der Primogenitur an die Doria Landi. Lange Zeit hatte es den Ehrenplatz in der tribunetta der Galerie des Palasts am Corso, gegenüber dem Andreas Doria von Sebastian del Piombo, der hier dem Tizian ganz nahe gekommen ist. In den letzten Jahren ist es unter einen Baldachin im grossen Eingangssaal versetzt worden. Grossen Anklang fand es schon damals auch in den Künstler- kreisen Roms, wo ja die Eifersucht gegen Fremde sich weniger als sonstwo bemerklich machte 3). Palomino spielt darauf an: „Unser Velazquez kam nach Italien; doch nicht um zu lernen, sondern um zu lehren: denn das Bildniss des Pabstes Innocenz X war das Staunen (el pasmo) Roms, alle kopirten es zum Studium und betrachteten es wie ein Wunder“ 4). Manche Zeugnisse hierfür aus italienischen Federn liessen sich anführen. Selbst zur Zeit der Mengs-David’schen Schule schrieb Salvatore Tonci (1794): „Das Bildniss ist ein Unglück für alle seine Nachbarn; der herr- liche Guido darunter (Maria das Kind anbetend) scheint neben ihm von Pergament“ 5). Reynolds nannte es das schönste Gemälde in Rom und kopirte es 6). 1) Cum ipse pro tunc etiam Innocentis X. Pont. max. faciem coloribus mire expresserit, aurea catena pretij supra ordinarij eum remuneratus est, numismate gemmis caelato cum ipsius Pontif. effigie, insculpta, ex ipsa ex annullo appenso. Palomino III, 353. 2) Description of Houghton Hall. London 1747. p. 63. 3) Roma, che gradisce più i forastieri, che i propri figliuoli. Passeri 424. 4) Palomino, Museo pictorico II, 63. 5) Descrizione ragionata della Galeria Doria. Roma 1794. 162. 6) It is here the famous portrait by Velazquez is which Sir J. Reynolds

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/209
Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/209>, abgerufen am 25.04.2024.