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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Veranlassung der Reise.
Treppe; man hatte den hier befindlichen "alten Thurm" abge-
rissen. Sein Vorbild war die Tribune von Florenz, welche dem
Könige aus Erzählungen florentinischer Herrn und Maler wol-
bekannt war. Die Verbindung von Plastik und Malerei war
auch hier der leitende Gesichtspunkt. Philipp IV nannte ihn
selbst seine Tribuna. Als Ferdinand II dem Minister Haro
eine Broncestatuette seines Herrn nebst einem Consoltisch von
florentinischer Mosaik sandte, fand der König soviel Geschmack
daran, dass Don Luis sie ihm verehrte. "Er liess sie, schreibt
der florentinische Gesandte Lodovico Incontri am 30. August 1651,
im Salone ottagono zwischen den beiden Galerien aufstellen, der
gleichsam die Tribune Seiner Hoheit ist (e come la Tribuna di
S. A.
). Hier hat der König seine besten Sachen, die Wände
sind bekleidet mit Pilastern und Nischen von Jaspis mit den
besten Statuen". Als die 16 jährige Königin und die Infantin
Marie Therese ihm die Gewährung einer Expektanz auf diess
Werk abschmeicheln wollten, die erste für die Geburt des Erben,
die zweite für die Vermählung mit Louis XIV, sagte er lachend:
"Ihr macht die Rechnung falsch, denn da das Pferd schon in die
Tribune gestellt ist, bin ich nicht mehr Herr darüber: alles
was hierher kommt, das ist confiscirt für die Krone"1). Die
Gemälde bestanden in mythologischen und Jagdstücken von
Rubens und Snyders, freilich nur Kopien, und zwei verlorenen
Originalen von van Dyck, Bacchus mit Nymphen, Mercur und
Saturn. An der Decke einige musicirende Nymphen von Tintoretto.
Augenscheinlich war der Saal noch für andre Kostbarkeiten als
malerische bestimmt. Unter den Statuen sah man den Dorn-
auszieher, den schon Philipp II besass, und die sieben Planeten
von Bronze, die Ferdinand in den Niederlanden erbeutet hatte.

Da nicht zu hoffen war, dass sich Gelegenheiten zum Er-
werb griechischer Originale finden würden, so beschloss man, sich
Abformungen der gefeiertsten, gerade damals durch Kupferwerke

1) S. Mta. gl'ha fatto porre nel Salone ottagono, che vien fra le due galerie,
et e come la Tribuna di S. A., nel quale il Re tiene le cose piu preziose, essendo
le pareti ornate di pilastre, et nicchie di diaspro con statue bellissime. La Mta del-
la Regina e la Sra Infanta, in presenza del Re, stavano facendo i conti a chi di
loro haveva a toccare, pretendendolo la Regina al primo figlio maschio, et la Sa.
Infanta quando si partira della Mta Sua et andera a marito; et il Re ridendo disse
a De. Sre., che facevano male i conti, poiche essendo il cavallo et il tavolino posti
nella Tribuna, egli non n'era piu Padrone, poiche tutto quello che entrava in da.
Stanza, s'intendeva incamarato per la corona.

Veranlassung der Reise.
Treppe; man hatte den hier befindlichen „alten Thurm“ abge-
rissen. Sein Vorbild war die Tribune von Florenz, welche dem
Könige aus Erzählungen florentinischer Herrn und Maler wol-
bekannt war. Die Verbindung von Plastik und Malerei war
auch hier der leitende Gesichtspunkt. Philipp IV nannte ihn
selbst seine Tribuna. Als Ferdinand II dem Minister Haro
eine Broncestatuette seines Herrn nebst einem Consoltisch von
florentinischer Mosaik sandte, fand der König soviel Geschmack
daran, dass Don Luis sie ihm verehrte. „Er liess sie, schreibt
der florentinische Gesandte Lodovico Incontri am 30. August 1651,
im Salone ottagono zwischen den beiden Galerien aufstellen, der
gleichsam die Tribune Seiner Hoheit ist (è come la Tribuna di
S. A.
). Hier hat der König seine besten Sachen, die Wände
sind bekleidet mit Pilastern und Nischen von Jaspis mit den
besten Statuen“. Als die 16 jährige Königin und die Infantin
Marie Therese ihm die Gewährung einer Expektanz auf diess
Werk abschmeicheln wollten, die erste für die Geburt des Erben,
die zweite für die Vermählung mit Louis XIV, sagte er lachend:
„Ihr macht die Rechnung falsch, denn da das Pferd schon in die
Tribune gestellt ist, bin ich nicht mehr Herr darüber: alles
was hierher kommt, das ist confiscirt für die Krone“1). Die
Gemälde bestanden in mythologischen und Jagdstücken von
Rubens und Snyders, freilich nur Kopien, und zwei verlorenen
Originalen von van Dyck, Bacchus mit Nymphen, Mercur und
Saturn. An der Decke einige musicirende Nymphen von Tintoretto.
Augenscheinlich war der Saal noch für andre Kostbarkeiten als
malerische bestimmt. Unter den Statuen sah man den Dorn-
auszieher, den schon Philipp II besass, und die sieben Planeten
von Bronze, die Ferdinand in den Niederlanden erbeutet hatte.

Da nicht zu hoffen war, dass sich Gelegenheiten zum Er-
werb griechischer Originale finden würden, so beschloss man, sich
Abformungen der gefeiertsten, gerade damals durch Kupferwerke

1) S. M. gl’ha fatto porre nel Salone ottagono, che vien fra le due galerie,
et è come la Tribuna di S. A., nel quale il Re tiene le cose più preziose, essendo
le pareti ornate di pilastre, et nicchie di diaspro con statue bellissime. La M del-
la Regina e la Sra Infanta, in presenza del Rè, stavano facendo i conti a chi di
loro haveva a toccare, pretendendolo la Regina al primo figlio maschio, et la Sa.
Infanta quando si partirà della M Sua et anderà a marito; et il Rè ridendo disse
a De. Sre., che facevano male i conti, poichè essendo il cavallo et il tavolino posti
nella Tribuna, egli non n’era più Padrone, poichè tutto quello che entrava in da.
Stanza, s’intendeva incamarato per la corona.
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[155/0175] Veranlassung der Reise. Treppe; man hatte den hier befindlichen „alten Thurm“ abge- rissen. Sein Vorbild war die Tribune von Florenz, welche dem Könige aus Erzählungen florentinischer Herrn und Maler wol- bekannt war. Die Verbindung von Plastik und Malerei war auch hier der leitende Gesichtspunkt. Philipp IV nannte ihn selbst seine Tribuna. Als Ferdinand II dem Minister Haro eine Broncestatuette seines Herrn nebst einem Consoltisch von florentinischer Mosaik sandte, fand der König soviel Geschmack daran, dass Don Luis sie ihm verehrte. „Er liess sie, schreibt der florentinische Gesandte Lodovico Incontri am 30. August 1651, im Salone ottagono zwischen den beiden Galerien aufstellen, der gleichsam die Tribune Seiner Hoheit ist (è come la Tribuna di S. A.). Hier hat der König seine besten Sachen, die Wände sind bekleidet mit Pilastern und Nischen von Jaspis mit den besten Statuen“. Als die 16 jährige Königin und die Infantin Marie Therese ihm die Gewährung einer Expektanz auf diess Werk abschmeicheln wollten, die erste für die Geburt des Erben, die zweite für die Vermählung mit Louis XIV, sagte er lachend: „Ihr macht die Rechnung falsch, denn da das Pferd schon in die Tribune gestellt ist, bin ich nicht mehr Herr darüber: alles was hierher kommt, das ist confiscirt für die Krone“ 1). Die Gemälde bestanden in mythologischen und Jagdstücken von Rubens und Snyders, freilich nur Kopien, und zwei verlorenen Originalen von van Dyck, Bacchus mit Nymphen, Mercur und Saturn. An der Decke einige musicirende Nymphen von Tintoretto. Augenscheinlich war der Saal noch für andre Kostbarkeiten als malerische bestimmt. Unter den Statuen sah man den Dorn- auszieher, den schon Philipp II besass, und die sieben Planeten von Bronze, die Ferdinand in den Niederlanden erbeutet hatte. Da nicht zu hoffen war, dass sich Gelegenheiten zum Er- werb griechischer Originale finden würden, so beschloss man, sich Abformungen der gefeiertsten, gerade damals durch Kupferwerke 1) S. Mtà. gl’ha fatto porre nel Salone ottagono, che vien fra le due galerie, et è come la Tribuna di S. A., nel quale il Re tiene le cose più preziose, essendo le pareti ornate di pilastre, et nicchie di diaspro con statue bellissime. La Mtà del- la Regina e la Sra Infanta, in presenza del Rè, stavano facendo i conti a chi di loro haveva a toccare, pretendendolo la Regina al primo figlio maschio, et la Sa. Infanta quando si partirà della Mtà Sua et anderà a marito; et il Rè ridendo disse a De. Sre., che facevano male i conti, poichè essendo il cavallo et il tavolino posti nella Tribuna, egli non n’era più Padrone, poichè tutto quello che entrava in da. Stanza, s’intendeva incamarato per la corona.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/175>, abgerufen am 23.04.2024.