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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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sich gegenwärtig in Bowood, dem Landsitz des Marquis of Lans-
downe (Curtis 53 und 54; Waagen, Treasures III, 164).

Die Scenerie dieser Bildchen ist kein Park, sondern Gegend,
obwol die Personen statt in Jagd- oder Reiseanzug, in farbenpräch-
tiger Hoftracht erscheinen. Es sind lauter Bildnisse, und offenbar
in sehr bestimmten Situationen; wie sehr würde ihr Reiz sich er-
höhen, wenn man den Schlüssel zu der Novelle besässe.

Das erste Stück versetzt uns in eine weite Schlucht. Links
ein Abhang, durch Abspülung des Erdreichs entstanden, hier sitzt
eine Frau mit Kind im Gras. In der Ferne ein majestätischer
Gipfel, in gebrochenen Linien, rechts läuft die Landschaft hinter
dunklem Gebüsch in eine Ebene aus, wie eine Meeresfläche. Im
grünen Thal begegnen sich zwei Reiter. Ein Cavalier in hoch-
rothem Wams und Hose, mit weiten gelben geschlitzten Aer-
meln, kommt auf wohlgenährtem gestiefeltem Rappen grad
aus dem Grund zugeritten auf einen zweiten, der ihm gegenüber
hält, dieser mit gezogenem Hut. Er trägt ein hellblaues Wams
und reitet einen Braunschecken. Ein dritter zu Fuss, rechts vorn,
in weitem Lederwams, Reiterstiefeln, hat seinen Federhut auf
einen grossen Stein vor sich gelegt.

In dem zweiten, reicheren Bild sieht man hinter der Wiese
ein schattiges Thal mit glänzendem Wasserstreifen; in der Mitte
ein Bergzug mit tiefem Sattel, an dessen Fuss eine Stadt, in der
Ferne blauer Berg.

Mitten auf der Wiese sitzt eine vornehme Dame im Gras.
Sie trägt einen graugrünen groben Überwurf, welcher die Bestim-
mung unsrer Staubmäntel hat, denn darunter sieht man ein Stück-
chen von dem brennend rothen Kleid mit breiten Goldborten. Ihr
Kopf ist in eine schwarze Mantille gehüllt, in der Rechten hält
sie einen geschlossenen Fächer; die Linke zieht kokett die Man-
tille von einem Auge weg, wobei ein Lichtstrahl auf dieses Eckchen
des Gesichts fällt. Der Blick gilt dem zur Rechten stehenden
Cavalier, der sie anredet. Er trägt ein blassrothes Wams, breiten
fallenden Spitzenkragen; die Linke mit ein paar langen gelben
Handschuhen ruht an der Degenkoppel. Neben dieser Haupt-
person steht etwas abseits und aus dem Bild heraussehend, ein
zweiter junger Herr in blauem starrem Mantel, Stulpstiefeln, den
Hut mit Straussenfeder an der Brust haltend. Nach hinten zu
sitzt neben der jungen Dame eine ältliche, in dunkler Tracht,
eine Duenna, der ein grosser ältlicher Mann mit stark gefaltetem,
interessant hässlichem, olivenfarbigem Gesicht, die weite braune

Gruppen.
sich gegenwärtig in Bowood, dem Landsitz des Marquis of Lans-
downe (Curtis 53 und 54; Waagen, Treasures III, 164).

Die Scenerie dieser Bildchen ist kein Park, sondern Gegend,
obwol die Personen statt in Jagd- oder Reiseanzug, in farbenpräch-
tiger Hoftracht erscheinen. Es sind lauter Bildnisse, und offenbar
in sehr bestimmten Situationen; wie sehr würde ihr Reiz sich er-
höhen, wenn man den Schlüssel zu der Novelle besässe.

Das erste Stück versetzt uns in eine weite Schlucht. Links
ein Abhang, durch Abspülung des Erdreichs entstanden, hier sitzt
eine Frau mit Kind im Gras. In der Ferne ein majestätischer
Gipfel, in gebrochenen Linien, rechts läuft die Landschaft hinter
dunklem Gebüsch in eine Ebene aus, wie eine Meeresfläche. Im
grünen Thal begegnen sich zwei Reiter. Ein Cavalier in hoch-
rothem Wams und Hose, mit weiten gelben geschlitzten Aer-
meln, kommt auf wohlgenährtem gestiefeltem Rappen grad
aus dem Grund zugeritten auf einen zweiten, der ihm gegenüber
hält, dieser mit gezogenem Hut. Er trägt ein hellblaues Wams
und reitet einen Braunschecken. Ein dritter zu Fuss, rechts vorn,
in weitem Lederwams, Reiterstiefeln, hat seinen Federhut auf
einen grossen Stein vor sich gelegt.

In dem zweiten, reicheren Bild sieht man hinter der Wiese
ein schattiges Thal mit glänzendem Wasserstreifen; in der Mitte
ein Bergzug mit tiefem Sattel, an dessen Fuss eine Stadt, in der
Ferne blauer Berg.

Mitten auf der Wiese sitzt eine vornehme Dame im Gras.
Sie trägt einen graugrünen groben Überwurf, welcher die Bestim-
mung unsrer Staubmäntel hat, denn darunter sieht man ein Stück-
chen von dem brennend rothen Kleid mit breiten Goldborten. Ihr
Kopf ist in eine schwarze Mantille gehüllt, in der Rechten hält
sie einen geschlossenen Fächer; die Linke zieht kokett die Man-
tille von einem Auge weg, wobei ein Lichtstrahl auf dieses Eckchen
des Gesichts fällt. Der Blick gilt dem zur Rechten stehenden
Cavalier, der sie anredet. Er trägt ein blassrothes Wams, breiten
fallenden Spitzenkragen; die Linke mit ein paar langen gelben
Handschuhen ruht an der Degenkoppel. Neben dieser Haupt-
person steht etwas abseits und aus dem Bild heraussehend, ein
zweiter junger Herr in blauem starrem Mantel, Stulpstiefeln, den
Hut mit Straussenfeder an der Brust haltend. Nach hinten zu
sitzt neben der jungen Dame eine ältliche, in dunkler Tracht,
eine Dueña, der ein grosser ältlicher Mann mit stark gefaltetem,
interessant hässlichem, olivenfarbigem Gesicht, die weite braune

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[149/0169] Gruppen. sich gegenwärtig in Bowood, dem Landsitz des Marquis of Lans- downe (Curtis 53 und 54; Waagen, Treasures III, 164). Die Scenerie dieser Bildchen ist kein Park, sondern Gegend, obwol die Personen statt in Jagd- oder Reiseanzug, in farbenpräch- tiger Hoftracht erscheinen. Es sind lauter Bildnisse, und offenbar in sehr bestimmten Situationen; wie sehr würde ihr Reiz sich er- höhen, wenn man den Schlüssel zu der Novelle besässe. Das erste Stück versetzt uns in eine weite Schlucht. Links ein Abhang, durch Abspülung des Erdreichs entstanden, hier sitzt eine Frau mit Kind im Gras. In der Ferne ein majestätischer Gipfel, in gebrochenen Linien, rechts läuft die Landschaft hinter dunklem Gebüsch in eine Ebene aus, wie eine Meeresfläche. Im grünen Thal begegnen sich zwei Reiter. Ein Cavalier in hoch- rothem Wams und Hose, mit weiten gelben geschlitzten Aer- meln, kommt auf wohlgenährtem gestiefeltem Rappen grad aus dem Grund zugeritten auf einen zweiten, der ihm gegenüber hält, dieser mit gezogenem Hut. Er trägt ein hellblaues Wams und reitet einen Braunschecken. Ein dritter zu Fuss, rechts vorn, in weitem Lederwams, Reiterstiefeln, hat seinen Federhut auf einen grossen Stein vor sich gelegt. In dem zweiten, reicheren Bild sieht man hinter der Wiese ein schattiges Thal mit glänzendem Wasserstreifen; in der Mitte ein Bergzug mit tiefem Sattel, an dessen Fuss eine Stadt, in der Ferne blauer Berg. Mitten auf der Wiese sitzt eine vornehme Dame im Gras. Sie trägt einen graugrünen groben Überwurf, welcher die Bestim- mung unsrer Staubmäntel hat, denn darunter sieht man ein Stück- chen von dem brennend rothen Kleid mit breiten Goldborten. Ihr Kopf ist in eine schwarze Mantille gehüllt, in der Rechten hält sie einen geschlossenen Fächer; die Linke zieht kokett die Man- tille von einem Auge weg, wobei ein Lichtstrahl auf dieses Eckchen des Gesichts fällt. Der Blick gilt dem zur Rechten stehenden Cavalier, der sie anredet. Er trägt ein blassrothes Wams, breiten fallenden Spitzenkragen; die Linke mit ein paar langen gelben Handschuhen ruht an der Degenkoppel. Neben dieser Haupt- person steht etwas abseits und aus dem Bild heraussehend, ein zweiter junger Herr in blauem starrem Mantel, Stulpstiefeln, den Hut mit Straussenfeder an der Brust haltend. Nach hinten zu sitzt neben der jungen Dame eine ältliche, in dunkler Tracht, eine Dueña, der ein grosser ältlicher Mann mit stark gefaltetem, interessant hässlichem, olivenfarbigem Gesicht, die weite braune

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/169>, abgerufen am 29.03.2024.