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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Fünftes Buch.
Städteansichten und Figurengruppen.
Die Ansicht von Saragossa.

Im Jahre 1645 hatte der König den Kronprinzen mit nach
dem Norden genommen um die übliche Huldigung der Stände
von Navarra und Aragon entgegenzunehmen, der die Verlobung
folgen sollte. Im August beschwor er in der Seo von Zaragoza
die Privilegien von Aragon, in Gegenwart der drei Brazos, der
König sah heimlich zu.

Als sein Vater zur Erinnerung an diese Tage eine Ansicht
der Stadt nebst seinem Hofgefolge als Staffage mitnehmen
wollte und den in solchen Veduten besonders glücklichen Mazo,
den Schwiegersohn des Velazquez damit beauftragte, soll der
Prinz den günstigsten Ansichtspunkt selbst angegeben haben.
Dieser Punkt befindet sich am linken Ufer des Ebro, unterhalb
der steinernen Brücke, in der Vorstadt Altabas und nach der
Ueberlieferung in dem damals reichen und schöngebauten Merce-
narierkloster S. Lazaro, einer Stiftung König Jakob des Eroberers.
Das Kloster ist im Unabhängigkeitskrieg zerstört worden. Der
Standpunkt ist unweit des Bahnhofs. (Grösse 1,80 x 3,31.)

Diese Ansicht von Saragossa ist das beste landschaftliche
Gemälde, welches man von Mazo besitzt -- gemalt mit einer bei
ihm beispiellosen Klarheit und Gewissenhaftigkeit; Stirling
dachte an Canaletto. Sie giebt uns nicht nur ein treues Bild der
alten Hauptstadt Aragons, dieses unverfälschten altspanischen
Städtetypus, sondern auch ein Augenblicksbild der mannich-
fachen Gesellschaft, welche sich dort um den Monarchen be-
wegte. Obwol Mazo nur seinen eignen Namen in die lateinische
Aufschrift gesetzt hat1), so hat man doch aus stärkeren inneren

1) Die Inschrift lautet:
IVSSV | PHILIPPI. MAX. HISP. REGIS | IOANNES BAPTISTA MAZO
VRBI CAESAR. AVG. VLTIMVM PENICILLVM IMP ...
ANNO. MDCXLVII.
Fünftes Buch.
Städteansichten und Figurengruppen.
Die Ansicht von Saragossa.

Im Jahre 1645 hatte der König den Kronprinzen mit nach
dem Norden genommen um die übliche Huldigung der Stände
von Navarra und Aragon entgegenzunehmen, der die Verlobung
folgen sollte. Im August beschwor er in der Seo von Zaragoza
die Privilegien von Aragon, in Gegenwart der drei Brazos, der
König sah heimlich zu.

Als sein Vater zur Erinnerung an diese Tage eine Ansicht
der Stadt nebst seinem Hofgefolge als Staffage mitnehmen
wollte und den in solchen Veduten besonders glücklichen Mazo,
den Schwiegersohn des Velazquez damit beauftragte, soll der
Prinz den günstigsten Ansichtspunkt selbst angegeben haben.
Dieser Punkt befindet sich am linken Ufer des Ebro, unterhalb
der steinernen Brücke, in der Vorstadt Altabás und nach der
Ueberlieferung in dem damals reichen und schöngebauten Merce-
narierkloster S. Lazaro, einer Stiftung König Jakob des Eroberers.
Das Kloster ist im Unabhängigkeitskrieg zerstört worden. Der
Standpunkt ist unweit des Bahnhofs. (Grösse 1,80 × 3,31.)

Diese Ansicht von Saragossa ist das beste landschaftliche
Gemälde, welches man von Mazo besitzt — gemalt mit einer bei
ihm beispiellosen Klarheit und Gewissenhaftigkeit; Stirling
dachte an Canaletto. Sie giebt uns nicht nur ein treues Bild der
alten Hauptstadt Aragons, dieses unverfälschten altspanischen
Städtetypus, sondern auch ein Augenblicksbild der mannich-
fachen Gesellschaft, welche sich dort um den Monarchen be-
wegte. Obwol Mazo nur seinen eignen Namen in die lateinische
Aufschrift gesetzt hat1), so hat man doch aus stärkeren inneren

1) Die Inschrift lautet:
IVSSV | PHILIPPI. MAX. HISP. REGIS | IOANNES BAPTISTA MAZO
VRBI CAESAR. AVG. VLTIMVM PENICILLVM IMP …
ANNO. MDCXLVII.
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[142/0162] Fünftes Buch. Städteansichten und Figurengruppen. Die Ansicht von Saragossa. Im Jahre 1645 hatte der König den Kronprinzen mit nach dem Norden genommen um die übliche Huldigung der Stände von Navarra und Aragon entgegenzunehmen, der die Verlobung folgen sollte. Im August beschwor er in der Seo von Zaragoza die Privilegien von Aragon, in Gegenwart der drei Brazos, der König sah heimlich zu. Als sein Vater zur Erinnerung an diese Tage eine Ansicht der Stadt nebst seinem Hofgefolge als Staffage mitnehmen wollte und den in solchen Veduten besonders glücklichen Mazo, den Schwiegersohn des Velazquez damit beauftragte, soll der Prinz den günstigsten Ansichtspunkt selbst angegeben haben. Dieser Punkt befindet sich am linken Ufer des Ebro, unterhalb der steinernen Brücke, in der Vorstadt Altabás und nach der Ueberlieferung in dem damals reichen und schöngebauten Merce- narierkloster S. Lazaro, einer Stiftung König Jakob des Eroberers. Das Kloster ist im Unabhängigkeitskrieg zerstört worden. Der Standpunkt ist unweit des Bahnhofs. (Grösse 1,80 × 3,31.) Diese Ansicht von Saragossa ist das beste landschaftliche Gemälde, welches man von Mazo besitzt — gemalt mit einer bei ihm beispiellosen Klarheit und Gewissenhaftigkeit; Stirling dachte an Canaletto. Sie giebt uns nicht nur ein treues Bild der alten Hauptstadt Aragons, dieses unverfälschten altspanischen Städtetypus, sondern auch ein Augenblicksbild der mannich- fachen Gesellschaft, welche sich dort um den Monarchen be- wegte. Obwol Mazo nur seinen eignen Namen in die lateinische Aufschrift gesetzt hat 1), so hat man doch aus stärkeren inneren 1) Die Inschrift lautet: IVSSV | PHILIPPI. MAX. HISP. REGIS | IOANNES BAPTISTA   VRBI CAESAR. AVG. VLTIMVM PENICILLVM IMP … ANNO. MDCXLVII.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/162>, abgerufen am 28.03.2024.