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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Olivares.
welche dem General der Offizier hinter ihm macht. Olivares,
obwol er nie im Felde mitgewesen, vielleicht gerade deshalb,
schwärmte für den Krieg, er bekannte, nicht leben könne er
ohne Krieg1). Nicht ohne Neid mag er jene von ihm selbst ent-
worfene Feldherrngalerie betrachtet haben, in der er sich ver-
misste. Jedenfalls war er der leidenschaftlichste militärische
Dilettant, den Spanien gesehen hat. Schon beim Einfall der
englischen Flotte in Cadiz (1626) hatte ihm der König den Titel
eines Generals der Cavallerie von Spanien verliehen2). Am Vor-
abend des Kriegs mit Frankreich hatte er durch den Basken
Otayza vierhundert auserwählte Soldaten zusammengebracht,
meist abgedankte Offiziere, die unter die etwas junge Armee
vertheilt werden sollten. Bei deren Musterung an der Puerta
del Sol sah man ein Banner mit Farben und Wappen der
Guzman flattern. Diese Soldateska des Ministers behandelte die
Residenz wie eine eroberte Stadt, also dass der Corregidor das
Verbot des Waffentragens aufzuheben sich genöthigt sah. Im
Jahre 1640 veranstaltete er zu Ehren eines wallonischen Regi-
ments ein Soldatenbankett in Buen Retiro. Als zur Bekämpfung
des katalonischen Aufstands von den Grossen des Hofs das Kron-
prinzenregiment geschaffen wurde, mobilisirte auch Olivares ein
Bataillon und eine Schwadron hidalgos von seinem Anhang, die
in der Schlacht bei Las Horcas am 7. Oktober 1642 "Wunder
der Tapferkeit" verrichtete, freilich war ihr Hauptmann weit
vom Schuss. Der Hofhistoriograph Virgilio Malvezzi, ein glatter
Bologneser, hatte bereits geschrieben, "dass ihm keine von den
Eigenschaften eines grossen Generals fehle, ausgenommen die,
dass er im Feld gewesen"3).

Diese akademische Generalschaft und Theaterschlacht kann
gegen das Bild verstimmen, und der Carl V Tizians, dessen
einsame Figur aus einer wirklichen Schlacht herausgenommen
war, ist eine fatale Nachbarschaft (obwol Mr. Beule das Umge-
kehrte behauptet). Dieser General ist ein humbug, wie seine
braunen Haare. Die Gewohnheiten des alternden Mannes waren

1) Nach Contarini sagte er einmal, che non puo stare senza far guerra.
2) Khevenhiller, Annales Ferdin. X, 1033.
3) El Conde Duque para ser de los mayores Generales ninguna virtud le
falta, y para que le confiesen todos que le vean, General, le falta soltanto no
pelear en los ejercitos. Le excluye del nombre del gran soldado, mas el mandar
en ellos le da el de Gran General. V. Malvezzi, Sucesos principales de la
monarquia espannola en 1639. Madrid 1640.

Olivares.
welche dem General der Offizier hinter ihm macht. Olivares,
obwol er nie im Felde mitgewesen, vielleicht gerade deshalb,
schwärmte für den Krieg, er bekannte, nicht leben könne er
ohne Krieg1). Nicht ohne Neid mag er jene von ihm selbst ent-
worfene Feldherrngalerie betrachtet haben, in der er sich ver-
misste. Jedenfalls war er der leidenschaftlichste militärische
Dilettant, den Spanien gesehen hat. Schon beim Einfall der
englischen Flotte in Cadiz (1626) hatte ihm der König den Titel
eines Generals der Cavallerie von Spanien verliehen2). Am Vor-
abend des Kriegs mit Frankreich hatte er durch den Basken
Otayza vierhundert auserwählte Soldaten zusammengebracht,
meist abgedankte Offiziere, die unter die etwas junge Armee
vertheilt werden sollten. Bei deren Musterung an der Puerta
del Sol sah man ein Banner mit Farben und Wappen der
Guzman flattern. Diese Soldateska des Ministers behandelte die
Residenz wie eine eroberte Stadt, also dass der Corregidor das
Verbot des Waffentragens aufzuheben sich genöthigt sah. Im
Jahre 1640 veranstaltete er zu Ehren eines wallonischen Regi-
ments ein Soldatenbankett in Buen Retiro. Als zur Bekämpfung
des katalonischen Aufstands von den Grossen des Hofs das Kron-
prinzenregiment geschaffen wurde, mobilisirte auch Olivares ein
Bataillon und eine Schwadron hidalgos von seinem Anhang, die
in der Schlacht bei Las Horcas am 7. Oktober 1642 „Wunder
der Tapferkeit“ verrichtete, freilich war ihr Hauptmann weit
vom Schuss. Der Hofhistoriograph Virgilio Malvezzi, ein glatter
Bologneser, hatte bereits geschrieben, „dass ihm keine von den
Eigenschaften eines grossen Generals fehle, ausgenommen die,
dass er im Feld gewesen“3).

Diese akademische Generalschaft und Theaterschlacht kann
gegen das Bild verstimmen, und der Carl V Tizians, dessen
einsame Figur aus einer wirklichen Schlacht herausgenommen
war, ist eine fatale Nachbarschaft (obwol Mr. Beulé das Umge-
kehrte behauptet). Dieser General ist ein humbug, wie seine
braunen Haare. Die Gewohnheiten des alternden Mannes waren

1) Nach Contarini sagte er einmal, che non può stare senza far guerra.
2) Khevenhiller, Annales Ferdin. X, 1033.
3) El Conde Duque para ser de los mayores Generales ninguna virtud le
falta, y para que le confiesen todos que le vean, General, le falta soltanto no
pelear en los ejércitos. Le excluye del nombre del gran soldado, mas el mandar
en ellos le da el de Gran General. V. Malvezzi, Sucesos principales de la
monarquia española en 1639. Madrid 1640.
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[111/0131] Olivares. welche dem General der Offizier hinter ihm macht. Olivares, obwol er nie im Felde mitgewesen, vielleicht gerade deshalb, schwärmte für den Krieg, er bekannte, nicht leben könne er ohne Krieg 1). Nicht ohne Neid mag er jene von ihm selbst ent- worfene Feldherrngalerie betrachtet haben, in der er sich ver- misste. Jedenfalls war er der leidenschaftlichste militärische Dilettant, den Spanien gesehen hat. Schon beim Einfall der englischen Flotte in Cadiz (1626) hatte ihm der König den Titel eines Generals der Cavallerie von Spanien verliehen 2). Am Vor- abend des Kriegs mit Frankreich hatte er durch den Basken Otayza vierhundert auserwählte Soldaten zusammengebracht, meist abgedankte Offiziere, die unter die etwas junge Armee vertheilt werden sollten. Bei deren Musterung an der Puerta del Sol sah man ein Banner mit Farben und Wappen der Guzman flattern. Diese Soldateska des Ministers behandelte die Residenz wie eine eroberte Stadt, also dass der Corregidor das Verbot des Waffentragens aufzuheben sich genöthigt sah. Im Jahre 1640 veranstaltete er zu Ehren eines wallonischen Regi- ments ein Soldatenbankett in Buen Retiro. Als zur Bekämpfung des katalonischen Aufstands von den Grossen des Hofs das Kron- prinzenregiment geschaffen wurde, mobilisirte auch Olivares ein Bataillon und eine Schwadron hidalgos von seinem Anhang, die in der Schlacht bei Las Horcas am 7. Oktober 1642 „Wunder der Tapferkeit“ verrichtete, freilich war ihr Hauptmann weit vom Schuss. Der Hofhistoriograph Virgilio Malvezzi, ein glatter Bologneser, hatte bereits geschrieben, „dass ihm keine von den Eigenschaften eines grossen Generals fehle, ausgenommen die, dass er im Feld gewesen“ 3). Diese akademische Generalschaft und Theaterschlacht kann gegen das Bild verstimmen, und der Carl V Tizians, dessen einsame Figur aus einer wirklichen Schlacht herausgenommen war, ist eine fatale Nachbarschaft (obwol Mr. Beulé das Umge- kehrte behauptet). Dieser General ist ein humbug, wie seine braunen Haare. Die Gewohnheiten des alternden Mannes waren 1) Nach Contarini sagte er einmal, che non può stare senza far guerra. 2) Khevenhiller, Annales Ferdin. X, 1033. 3) El Conde Duque para ser de los mayores Generales ninguna virtud le falta, y para que le confiesen todos que le vean, General, le falta soltanto no pelear en los ejércitos. Le excluye del nombre del gran soldado, mas el mandar en ellos le da el de Gran General. V. Malvezzi, Sucesos principales de la monarquia española en 1639. Madrid 1640.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/131>, abgerufen am 29.03.2024.