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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Fünftes Buch.
lungen des Königs gewesen; seine Entfernung aus Spanien war
eine Intrigue des Olivares. Man müsste nur annehmen, dass der
Kammermaler bloss den Kopf ausführte, das übrige skizzirte,
und andern überliess, die Leinwand für den Salon des Familien-
palasts fertig zu stellen.

Das Gemälde hat mancherlei Schicksale durchgemacht. Der
Name, der in der Ecke gegenüber dem Wappen stand, ist zuge-

[Abbildung]

Der Marques von Castel Rodrigo.

deckt worden, man
entziffert nur noch
Castel Rodrigo, aber
nicht den Vornamen.
Auch Rubens hat Don
Manuel in jüngeren
Jahren gemalt und
von Pontius stechen
lassen; hier hat der
Kopf ein etwas an-
dres Ansehen be-
kommen durch die
lange und starke
Adlernase, statt der
fast gedrückten uns-
res Bildes. Andere
Züge, die Form des
Langkopfs, die Au-
gen stimmen dage-
gen überein. Auf-
fallend ist die Hals-
krause, welche seit
1623 am Hof von Madrid nicht mehr gebräuchlich war; sie könnte
auf die Vermuthung führen, dass das Bild im Ausland gemalt
sei. Nach alle dem heften sich noch mancherlei Fragen und
Zweifel an das Bild.

D. Manuel war der Sohn des Cristobal de Moura (+ 1613),
des bekannten Ministers Philipp II, der von diesem selbst in die
hohe Politik eingeführt und zum ersten Vicekönig von Portugal
ernannt wurde. Sein Palast am Tajo mit den Thürmen und
Galerien gehörte zu den Sehenswürdigkeiten des alten Lissa-
bon1). Die Denkmäler der Familiengruft oder des Pantheons in

1) M. de Monconys, Voyage d'Espagne IV, 32 (1628).

Fünftes Buch.
lungen des Königs gewesen; seine Entfernung aus Spanien war
eine Intrigue des Olivares. Man müsste nur annehmen, dass der
Kammermaler bloss den Kopf ausführte, das übrige skizzirte,
und andern überliess, die Leinwand für den Salon des Familien-
palasts fertig zu stellen.

Das Gemälde hat mancherlei Schicksale durchgemacht. Der
Name, der in der Ecke gegenüber dem Wappen stand, ist zuge-

[Abbildung]

Der Marques von Castel Rodrigo.

deckt worden, man
entziffert nur noch
Castel Rodrigo, aber
nicht den Vornamen.
Auch Rubens hat Don
Manuel in jüngeren
Jahren gemalt und
von Pontius stechen
lassen; hier hat der
Kopf ein etwas an-
dres Ansehen be-
kommen durch die
lange und starke
Adlernase, statt der
fast gedrückten uns-
res Bildes. Andere
Züge, die Form des
Langkopfs, die Au-
gen stimmen dage-
gen überein. Auf-
fallend ist die Hals-
krause, welche seit
1623 am Hof von Madrid nicht mehr gebräuchlich war; sie könnte
auf die Vermuthung führen, dass das Bild im Ausland gemalt
sei. Nach alle dem heften sich noch mancherlei Fragen und
Zweifel an das Bild.

D. Manuel war der Sohn des Cristóbal de Moura († 1613),
des bekannten Ministers Philipp II, der von diesem selbst in die
hohe Politik eingeführt und zum ersten Vicekönig von Portugal
ernannt wurde. Sein Palast am Tajo mit den Thürmen und
Galerien gehörte zu den Sehenswürdigkeiten des alten Lissa-
bon1). Die Denkmäler der Familiengruft oder des Pantheons in

1) M. de Monconys, Voyage d’Espagne IV, 32 (1628).
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[80/0100] Fünftes Buch. lungen des Königs gewesen; seine Entfernung aus Spanien war eine Intrigue des Olivares. Man müsste nur annehmen, dass der Kammermaler bloss den Kopf ausführte, das übrige skizzirte, und andern überliess, die Leinwand für den Salon des Familien- palasts fertig zu stellen. Das Gemälde hat mancherlei Schicksale durchgemacht. Der Name, der in der Ecke gegenüber dem Wappen stand, ist zuge- [Abbildung Der Marques von Castel Rodrigo.] deckt worden, man entziffert nur noch Castel Rodrigo, aber nicht den Vornamen. Auch Rubens hat Don Manuel in jüngeren Jahren gemalt und von Pontius stechen lassen; hier hat der Kopf ein etwas an- dres Ansehen be- kommen durch die lange und starke Adlernase, statt der fast gedrückten uns- res Bildes. Andere Züge, die Form des Langkopfs, die Au- gen stimmen dage- gen überein. Auf- fallend ist die Hals- krause, welche seit 1623 am Hof von Madrid nicht mehr gebräuchlich war; sie könnte auf die Vermuthung führen, dass das Bild im Ausland gemalt sei. Nach alle dem heften sich noch mancherlei Fragen und Zweifel an das Bild. D. Manuel war der Sohn des Cristóbal de Moura († 1613), des bekannten Ministers Philipp II, der von diesem selbst in die hohe Politik eingeführt und zum ersten Vicekönig von Portugal ernannt wurde. Sein Palast am Tajo mit den Thürmen und Galerien gehörte zu den Sehenswürdigkeiten des alten Lissa- bon 1). Die Denkmäler der Familiengruft oder des Pantheons in 1) M. de Monconys, Voyage d’Espagne IV, 32 (1628).

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/100>, abgerufen am 28.03.2024.