Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Einleitung.
ner Weltkörper sein Licht und Wärme zu danken hat.
Der Mensch lernete endlich sein Auge mit Gläsern be-
waffnen, und durch diese Beyhülfe mit seinem Ge-
sicht in eine unermeßlich größere Ferne einzudringen;
und er erkannte, daß sich sechs Hauptplaneten, und
zehen Nebenplaneten, die man Monden nennet, um
eine und eben dieselbe Sonne mit einer großen Ord-
nung und Uebereinstimmung bewegten; und daß hin-
gegen die Cometen, in Verhältniß der Planeten, und
eben diese Sonne, einen ganz widrigen und unordent-
lichen Lauf beobachteten. Aus richtigen Schlüssen
von übereinstimmenden Verhältnissen lernte er endlich
einsehen, daß das ganze übrige unermeßliche Heer der
Sterne, die man Fixsterne nennet, eben dergleichen
Sonnen wären, als die unsrige, und daß eine jede
solche Sonne in ihrem Weltsystem eben solche Plane-
ten um sich haben würde, als sich um unsre Sonne be-
wegen, die aber nur wegen der unbeschreiblichen Ent-
fernung auch unsern bewaffneten Augen verborgen blie-
ben. Man zählet zwischen 20 bis 30000 solcher Son-
nen oder Fixsterne, und überdies wird ein wohlgerü-
stetes Auge in der sogenannten Milchstraße noch eine
unendliche Anzahl solcher Sonnen, jedoch wegen der
unermeßlichen Entfernung, nur mit geringer Klarheit
und Deutlichkeit gewahr.

Der menschliche Verstand, so sehr er auch durch
Kenntnisse verbessert ist, stehet bey einer so unnennba-
ren Größe des ganzen Weltgebäudes gleichsam wie ent-
zückt und betäubt vor Verwunderung stille.

Diese Größe übersteiget | alles dasjenige unendlich,
was er sich vor Grade und Verhältnisse an Größe,

Weite,
A 2

Einleitung.
ner Weltkoͤrper ſein Licht und Waͤrme zu danken hat.
Der Menſch lernete endlich ſein Auge mit Glaͤſern be-
waffnen, und durch dieſe Beyhuͤlfe mit ſeinem Ge-
ſicht in eine unermeßlich groͤßere Ferne einzudringen;
und er erkannte, daß ſich ſechs Hauptplaneten, und
zehen Nebenplaneten, die man Monden nennet, um
eine und eben dieſelbe Sonne mit einer großen Ord-
nung und Uebereinſtimmung bewegten; und daß hin-
gegen die Cometen, in Verhaͤltniß der Planeten, und
eben dieſe Sonne, einen ganz widrigen und unordent-
lichen Lauf beobachteten. Aus richtigen Schluͤſſen
von uͤbereinſtimmenden Verhaͤltniſſen lernte er endlich
einſehen, daß das ganze uͤbrige unermeßliche Heer der
Sterne, die man Fixſterne nennet, eben dergleichen
Sonnen waͤren, als die unſrige, und daß eine jede
ſolche Sonne in ihrem Weltſyſtem eben ſolche Plane-
ten um ſich haben wuͤrde, als ſich um unſre Sonne be-
wegen, die aber nur wegen der unbeſchreiblichen Ent-
fernung auch unſern bewaffneten Augen verborgen blie-
ben. Man zaͤhlet zwiſchen 20 bis 30000 ſolcher Son-
nen oder Fixſterne, und uͤberdies wird ein wohlgeruͤ-
ſtetes Auge in der ſogenannten Milchſtraße noch eine
unendliche Anzahl ſolcher Sonnen, jedoch wegen der
unermeßlichen Entfernung, nur mit geringer Klarheit
und Deutlichkeit gewahr.

Der menſchliche Verſtand, ſo ſehr er auch durch
Kenntniſſe verbeſſert iſt, ſtehet bey einer ſo unnennba-
ren Groͤße des ganzen Weltgebaͤudes gleichſam wie ent-
zuͤckt und betaͤubt vor Verwunderung ſtille.

Dieſe Groͤße uͤberſteiget | alles dasjenige unendlich,
was er ſich vor Grade und Verhaͤltniſſe an Groͤße,

Weite,
A 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0031" n="3"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Einleitung.</hi></fw><lb/>
ner Weltko&#x0364;rper &#x017F;ein Licht und Wa&#x0364;rme zu danken hat.<lb/>
Der Men&#x017F;ch lernete endlich &#x017F;ein Auge mit Gla&#x0364;&#x017F;ern be-<lb/>
waffnen, und durch die&#x017F;e Beyhu&#x0364;lfe mit &#x017F;einem Ge-<lb/>
&#x017F;icht in eine unermeßlich gro&#x0364;ßere Ferne einzudringen;<lb/>
und er erkannte, daß &#x017F;ich &#x017F;echs Hauptplaneten, und<lb/>
zehen Nebenplaneten, die man Monden nennet, um<lb/>
eine und eben die&#x017F;elbe Sonne mit einer großen Ord-<lb/>
nung und Ueberein&#x017F;timmung bewegten; und daß hin-<lb/>
gegen die Cometen, in Verha&#x0364;ltniß der Planeten, und<lb/>
eben die&#x017F;e Sonne, einen ganz widrigen und unordent-<lb/>
lichen Lauf beobachteten. Aus richtigen Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
von u&#x0364;berein&#x017F;timmenden Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en lernte er endlich<lb/>
ein&#x017F;ehen, daß das ganze u&#x0364;brige unermeßliche Heer der<lb/>
Sterne, die man Fix&#x017F;terne nennet, eben dergleichen<lb/>
Sonnen wa&#x0364;ren, als die un&#x017F;rige, und daß eine jede<lb/>
&#x017F;olche Sonne in ihrem Welt&#x017F;y&#x017F;tem eben &#x017F;olche Plane-<lb/>
ten um &#x017F;ich haben wu&#x0364;rde, als &#x017F;ich um un&#x017F;re Sonne be-<lb/>
wegen, die aber nur wegen der unbe&#x017F;chreiblichen Ent-<lb/>
fernung auch un&#x017F;ern bewaffneten Augen verborgen blie-<lb/>
ben. Man za&#x0364;hlet zwi&#x017F;chen 20 bis 30000 &#x017F;olcher Son-<lb/>
nen oder Fix&#x017F;terne, und u&#x0364;berdies wird ein wohlgeru&#x0364;-<lb/>
&#x017F;tetes Auge in der &#x017F;ogenannten Milch&#x017F;traße noch eine<lb/>
unendliche Anzahl &#x017F;olcher Sonnen, jedoch wegen der<lb/>
unermeßlichen Entfernung, nur mit geringer Klarheit<lb/>
und Deutlichkeit gewahr.</p><lb/>
          <p>Der men&#x017F;chliche Ver&#x017F;tand, &#x017F;o &#x017F;ehr er auch durch<lb/>
Kenntni&#x017F;&#x017F;e verbe&#x017F;&#x017F;ert i&#x017F;t, &#x017F;tehet bey einer &#x017F;o unnennba-<lb/>
ren Gro&#x0364;ße des ganzen Weltgeba&#x0364;udes gleich&#x017F;am wie ent-<lb/>
zu&#x0364;ckt und beta&#x0364;ubt vor Verwunderung &#x017F;tille.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Gro&#x0364;ße u&#x0364;ber&#x017F;teiget | alles dasjenige unendlich,<lb/>
was er &#x017F;ich vor Grade und Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e an Gro&#x0364;ße,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Weite,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0031] Einleitung. ner Weltkoͤrper ſein Licht und Waͤrme zu danken hat. Der Menſch lernete endlich ſein Auge mit Glaͤſern be- waffnen, und durch dieſe Beyhuͤlfe mit ſeinem Ge- ſicht in eine unermeßlich groͤßere Ferne einzudringen; und er erkannte, daß ſich ſechs Hauptplaneten, und zehen Nebenplaneten, die man Monden nennet, um eine und eben dieſelbe Sonne mit einer großen Ord- nung und Uebereinſtimmung bewegten; und daß hin- gegen die Cometen, in Verhaͤltniß der Planeten, und eben dieſe Sonne, einen ganz widrigen und unordent- lichen Lauf beobachteten. Aus richtigen Schluͤſſen von uͤbereinſtimmenden Verhaͤltniſſen lernte er endlich einſehen, daß das ganze uͤbrige unermeßliche Heer der Sterne, die man Fixſterne nennet, eben dergleichen Sonnen waͤren, als die unſrige, und daß eine jede ſolche Sonne in ihrem Weltſyſtem eben ſolche Plane- ten um ſich haben wuͤrde, als ſich um unſre Sonne be- wegen, die aber nur wegen der unbeſchreiblichen Ent- fernung auch unſern bewaffneten Augen verborgen blie- ben. Man zaͤhlet zwiſchen 20 bis 30000 ſolcher Son- nen oder Fixſterne, und uͤberdies wird ein wohlgeruͤ- ſtetes Auge in der ſogenannten Milchſtraße noch eine unendliche Anzahl ſolcher Sonnen, jedoch wegen der unermeßlichen Entfernung, nur mit geringer Klarheit und Deutlichkeit gewahr. Der menſchliche Verſtand, ſo ſehr er auch durch Kenntniſſe verbeſſert iſt, ſtehet bey einer ſo unnennba- ren Groͤße des ganzen Weltgebaͤudes gleichſam wie ent- zuͤckt und betaͤubt vor Verwunderung ſtille. Dieſe Groͤße uͤberſteiget | alles dasjenige unendlich, was er ſich vor Grade und Verhaͤltniſſe an Groͤße, Weite, A 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/31
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/31>, abgerufen am 20.04.2024.