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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

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Himmel! wie sind euere Übersetzungen hoch über denen des Byron!
Nur ihr dürft den Mitabdruck der Urschrift wagen; und Göthe hat in
seinem Divan so Recht, wenn er euch lobt. -- Grüße mir doch herzlich
den Pfarrer Thielemann und seine herrliche Hausfrau, deren treu-
herzige Sprache und Physiognomie ich noch immer genieße. --5


Noch wollt' ich dir viel schreiben. Aber um die Absendung eines Buchs
herum sammeln sich so viele Nacharbeiten, daß ich wahrlich zu nichts
mehr Zeit habe als zu wärmsten Grüßen an die Deinigen -- an deine
liebliche Verwandte -- an die liebe edle Sophie Dapping -- und an10
meinen Heinrich zu aller erst.

Richter
36. An Karoline und Sophie Paulus in Heidelberg

Ich danke Ihnen, verehrte Freundin, für Ihre Worte -- wenn auch15
spät -- mit ganzem Herzen, so wie das Ihrige immer für mich ein
ganzes geblieben. Die schönen Tage in Ihrem Hause hat mir noch kein
anderes wiederholen können. Desto tiefer fühlt' ich Ihnen alle Ihre
Schmerzen nach, welche darauf kamen. Wahrlich, auf der runden glatten
Erdkugel steht fast keine Freude fest als nur die der wissenschaftlichen20
Untersuchung. Hier liegt mein Gruß an Ihren H. Gemahl sehr nahe, den
ich noch bitte, das allegorische Wurzelunkraut von Kanne so auszu-
ziehen wie das historische von Stollberg. -- Es geh' Ihnen wol.

Der Ihrige
J. P. F. Richter25

Sie haben, meine gute Sophie, mein Herz schön erwärmt durch Ihr
Andenken an unsere unvergeßlichen Tage, deren Abendroth nie unter-
gehen soll. -- Der Mörder Ihres Frühlings werde nie unter uns ge-
nannt. Im Unglücklichmachen war er zum ersten male ein kühner
Dichter.30

Immer, meine liebe Sophie, werd' ich mich erinnern, wie ver-
trauend und liebend Sie gegen mich gewesen; aber wie könnt' ich mich
erinnern, wenn ich es nicht noch voraussetzte und auch von meiner Seite
erwiederte? So bleib' es unter uns!

Ihr
Richter35

Himmel! wie ſind euere Überſetzungen hoch über denen des Byron!
Nur ihr dürft den Mitabdruck der Urſchrift wagen; und Göthe hat in
ſeinem Divan ſo Recht, wenn er euch lobt. — Grüße mir doch herzlich
den Pfarrer Thielemann und ſeine herrliche Hausfrau, deren treu-
herzige Sprache und Phyſiognomie ich noch immer genieße. —5


Noch wollt’ ich dir viel ſchreiben. Aber um die Abſendung eines Buchs
herum ſammeln ſich ſo viele Nacharbeiten, daß ich wahrlich zu nichts
mehr Zeit habe als zu wärmſten Grüßen an die Deinigen — an deine
liebliche Verwandte — an die liebe edle Sophie Dapping — und an10
meinen Heinrich zu aller erſt.

Richter
36. An Karoline und Sophie Paulus in Heidelberg

Ich danke Ihnen, verehrte Freundin, für Ihre Worte — wenn auch15
ſpät — mit ganzem Herzen, ſo wie das Ihrige immer für mich ein
ganzes geblieben. Die ſchönen Tage in Ihrem Hauſe hat mir noch kein
anderes wiederholen können. Deſto tiefer fühlt’ ich Ihnen alle Ihre
Schmerzen nach, welche darauf kamen. Wahrlich, auf der runden glatten
Erdkugel ſteht faſt keine Freude feſt als nur die der wiſſenſchaftlichen20
Unterſuchung. Hier liegt mein Gruß an Ihren H. Gemahl ſehr nahe, den
ich noch bitte, das allegoriſche Wurzelunkraut von Kanne ſo auszu-
ziehen wie das hiſtoriſche von Stollberg. — Es geh’ Ihnen wol.

Der Ihrige
J. P. F. Richter25

Sie haben, meine gute Sophie, mein Herz ſchön erwärmt durch Ihr
Andenken an unſere unvergeßlichen Tage, deren Abendroth nie unter-
gehen ſoll. — Der Mörder Ihres Frühlings werde nie unter uns ge-
nannt. Im Unglücklichmachen war er zum erſten male ein kühner
Dichter.30

Immer, meine liebe Sophie, werd’ ich mich erinnern, wie ver-
trauend und liebend Sie gegen mich geweſen; aber wie könnt’ ich mich
erinnern, wenn ich es nicht noch vorausſetzte und auch von meiner Seite
erwiederte? So bleib’ es unter uns!

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Richter35
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[23/0028] Himmel! wie ſind euere Überſetzungen hoch über denen des Byron! Nur ihr dürft den Mitabdruck der Urſchrift wagen; und Göthe hat in ſeinem Divan ſo Recht, wenn er euch lobt. — Grüße mir doch herzlich den Pfarrer Thielemann und ſeine herrliche Hausfrau, deren treu- herzige Sprache und Phyſiognomie ich noch immer genieße. — 5 d. 21ten Noch wollt’ ich dir viel ſchreiben. Aber um die Abſendung eines Buchs herum ſammeln ſich ſo viele Nacharbeiten, daß ich wahrlich zu nichts mehr Zeit habe als zu wärmſten Grüßen an die Deinigen — an deine liebliche Verwandte — an die liebe edle Sophie Dapping — und an 10 meinen Heinrich zu aller erſt. Richter 36. An Karoline und Sophie Paulus in Heidelberg Baireut d. 21ten Apr. 1820 Ich danke Ihnen, verehrte Freundin, für Ihre Worte — wenn auch 15 ſpät — mit ganzem Herzen, ſo wie das Ihrige immer für mich ein ganzes geblieben. Die ſchönen Tage in Ihrem Hauſe hat mir noch kein anderes wiederholen können. Deſto tiefer fühlt’ ich Ihnen alle Ihre Schmerzen nach, welche darauf kamen. Wahrlich, auf der runden glatten Erdkugel ſteht faſt keine Freude feſt als nur die der wiſſenſchaftlichen 20 Unterſuchung. Hier liegt mein Gruß an Ihren H. Gemahl ſehr nahe, den ich noch bitte, das allegoriſche Wurzelunkraut von Kanne ſo auszu- ziehen wie das hiſtoriſche von Stollberg. — Es geh’ Ihnen wol. Der Ihrige J. P. F. Richter 25 Sie haben, meine gute Sophie, mein Herz ſchön erwärmt durch Ihr Andenken an unſere unvergeßlichen Tage, deren Abendroth nie unter- gehen ſoll. — Der Mörder Ihres Frühlings werde nie unter uns ge- nannt. Im Unglücklichmachen war er zum erſten male ein kühner Dichter. 30 Immer, meine liebe Sophie, werd’ ich mich erinnern, wie ver- trauend und liebend Sie gegen mich geweſen; aber wie könnt’ ich mich erinnern, wenn ich es nicht noch vorausſetzte und auch von meiner Seite erwiederte? So bleib’ es unter uns! Ihr Richter 35

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/28>, abgerufen am 24.04.2024.