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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.

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82. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Der Auszug aus dem herrlichen Col-
quhoun
wird dich wieder zu Auszügen nöthigen; du kannst ihn aber
ganz gelassen benützen und behalten. -- Sei so gut und suche mir --5
bei Gelegenheit -- das "heimliche Klaglied" heraus, das ich irgend
einem größern Liebhaber desselben als du, muß geliehen haben.

Ich schwitze an den baierschen Bittschriften. In der an Montgelas
ist wol Erwähnung der 2ten nicht nöthig.10

83. An König Max Joseph von Bayern.
[Kopie]

Da die Huld Ew. M[ajestät] an allen Lebens-Verhältnissen Ihrer
Unterthanen beglückend Theil nimmt: so darf ich auch die meinigen
vertrauend vor das landesväterliche Auge zu bringen wagen. Im
Jahre 1808 wurde mir von dem vormaligen Fürsten Primas und15
von Aschaffenburg eine jährliche Pension von 1000 fl. rh. aus der
Zivilliste bewilligt, um den armgebornen [Schriftsteller] -- nach
25 Jahren schriftstellerischer Arbeiten für Religion, Dichtkunst und
Philosophie -- in armmachenden Zeiten zu unterstützen.

Nach der Abdankung des Großherzogs von Frankfurt wurde mir20
von dem provisorischen Gouvernement die Pension blos bis Endes
J. 1813 ausgezahlt; und ich mußte seitdem die Lasten der Zeit,
besonders des Kriegs allein und ohne andere Hülfe als die geringe
tragen, welche der gesunkne Buchhandel geben konnte.

Da nun das Fürstenthum Aschaffenburg aus der Hand eines25
Fürsten, der so eifrig die Wissenschaften belohnte, in die Hand eines
Königs übergegangen, welcher die Sonne der Wissenschaft und
Kunst über alle seine Länder aufgehen läßt: so darf ich als einge-
borner Unterthan Ew. k[öniglichen] M[ajestät] um so mehr hoffen
und bitten, daß Aller Höchst-Dieselben die unterbrochne Unter-30
stützung eines Schriftstellers allergnädigst erneuern werden, welcher
30 Jahre lang für die Wissenschaft (ohne eine andere als die seit
anderthalb Jahren verlorne) arbeitete und welcher für die Tage des
nahenden Alters, worin die schriftstellerische Fruchtbarkeit abwelkt,
die Hand der Güte zum Aufrechtbleiben bedarf. --35

82. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Der Auszug aus dem herrlichen Col-
quhoun
wird dich wieder zu Auszügen nöthigen; du kannſt ihn aber
ganz gelaſſen benützen und behalten. — Sei ſo gut und ſuche mir —5
bei Gelegenheit — das „heimliche Klaglied“ heraus, das ich irgend
einem größern Liebhaber deſſelben als du, muß geliehen haben.

Ich ſchwitze an den baierſchen Bittſchriften. In der an Montgelas
iſt wol Erwähnung der 2ten nicht nöthig.10

83. An König Max Joſeph von Bayern.
[Kopie]

Da die Huld Ew. M[ajeſtät] an allen Lebens-Verhältniſſen Ihrer
Unterthanen beglückend Theil nimmt: ſo darf ich auch die meinigen
vertrauend vor das landesväterliche Auge zu bringen wagen. Im
Jahre 1808 wurde mir von dem vormaligen Fürſten Primas und15
von Aſchaffenburg eine jährliche Penſion von 1000 fl. rh. aus der
Zivilliſte bewilligt, um den armgebornen [Schriftſteller] — nach
25 Jahren ſchriftſtelleriſcher Arbeiten für Religion, Dichtkunſt und
Philoſophie — in armmachenden Zeiten zu unterſtützen.

Nach der Abdankung des Großherzogs von Frankfurt wurde mir20
von dem proviſoriſchen Gouvernement die Penſion blos bis Endes
J. 1813 ausgezahlt; und ich mußte ſeitdem die Laſten der Zeit,
beſonders des Kriegs allein und ohne andere Hülfe als die geringe
tragen, welche der geſunkne Buchhandel geben konnte.

Da nun das Fürſtenthum Aſchaffenburg aus der Hand eines25
Fürſten, der ſo eifrig die Wiſſenſchaften belohnte, in die Hand eines
Königs übergegangen, welcher die Sonne der Wiſſenſchaft und
Kunſt über alle ſeine Länder aufgehen läßt: ſo darf ich als einge-
borner Unterthan Ew. k[öniglichen] M[ajeſtät] um ſo mehr hoffen
und bitten, daß Aller Höchſt-Dieſelben die unterbrochne Unter-30
ſtützung eines Schriftſtellers allergnädigſt erneuern werden, welcher
30 Jahre lang für die Wiſſenſchaft (ohne eine andere als die ſeit
anderthalb Jahren verlorne) arbeitete und welcher für die Tage des
nahenden Alters, worin die ſchriftſtelleriſche Fruchtbarkeit abwelkt,
die Hand der Güte zum Aufrechtbleiben bedarf. —35

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[31/0036] 82. An Otto. [Bayreuth, 8. (?) Sept. 1815] Guten Morgen, Alter! Der Auszug aus dem herrlichen Col- quhoun wird dich wieder zu Auszügen nöthigen; du kannſt ihn aber ganz gelaſſen benützen und behalten. — Sei ſo gut und ſuche mir — 5 bei Gelegenheit — das „heimliche Klaglied“ heraus, das ich irgend einem größern Liebhaber deſſelben als du, muß geliehen haben. Ich ſchwitze an den baierſchen Bittſchriften. In der an Montgelas iſt wol Erwähnung der 2ten nicht nöthig. 10 83. An König Max Joſeph von Bayern. [Bayreuth, 8. Sept. 1815] Da die Huld Ew. M[ajeſtät] an allen Lebens-Verhältniſſen Ihrer Unterthanen beglückend Theil nimmt: ſo darf ich auch die meinigen vertrauend vor das landesväterliche Auge zu bringen wagen. Im Jahre 1808 wurde mir von dem vormaligen Fürſten Primas und 15 von Aſchaffenburg eine jährliche Penſion von 1000 fl. rh. aus der Zivilliſte bewilligt, um den armgebornen [Schriftſteller] — nach 25 Jahren ſchriftſtelleriſcher Arbeiten für Religion, Dichtkunſt und Philoſophie — in armmachenden Zeiten zu unterſtützen. Nach der Abdankung des Großherzogs von Frankfurt wurde mir 20 von dem proviſoriſchen Gouvernement die Penſion blos bis Endes J. 1813 ausgezahlt; und ich mußte ſeitdem die Laſten der Zeit, beſonders des Kriegs allein und ohne andere Hülfe als die geringe tragen, welche der geſunkne Buchhandel geben konnte. Da nun das Fürſtenthum Aſchaffenburg aus der Hand eines 25 Fürſten, der ſo eifrig die Wiſſenſchaften belohnte, in die Hand eines Königs übergegangen, welcher die Sonne der Wiſſenſchaft und Kunſt über alle ſeine Länder aufgehen läßt: ſo darf ich als einge- borner Unterthan Ew. k[öniglichen] M[ajeſtät] um ſo mehr hoffen und bitten, daß Aller Höchſt-Dieſelben die unterbrochne Unter- 30 ſtützung eines Schriftſtellers allergnädigſt erneuern werden, welcher 30 Jahre lang für die Wiſſenſchaft (ohne eine andere als die ſeit anderthalb Jahren verlorne) arbeitete und welcher für die Tage des nahenden Alters, worin die ſchriftſtelleriſche Fruchtbarkeit abwelkt, die Hand der Güte zum Aufrechtbleiben bedarf. — 35

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:19:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:19:52Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/36>, abgerufen am 24.04.2024.