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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952.

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1.
Der Fackeltanz.

Ich kenne einen schönern Fackeltanz der Fürsten als den kurzen
der Vermählungs-Feier, ich kenn' ein Land, klein und licht, wo
Genien wohnen und den Fürsten Fackeln erschaffen und reichen;5
die Fürsten tragen sie in schöner, leichter, nichts verletzender Be-
wegung umher, und hell wird es weit in fremde Länder hinaus.
Zwei Genien und deren Gönnerin sind nicht mehr; aber die Gegen-
wart reift fort und die Zukunft blüht entgegen.

2.10
Streit der Perle mit der weissen Rose.

"Ich bin Ihr ähnlicher und gehöre Ihr mehr an als Du; denn
"ich glänze rein" -- sagte die Perle.

Aber ich trage die Unschulds Farbe noch heller -- sagte die
weisse Rose -- ich bin ähnlicher.15

"Aber mein Werth verwelket nicht" --

Aber ich hauche Lebens-Frühling dem Zephyr zu.

"Und ich berühr' als blasser Schmuck Ihr Haupt."

Und ich ruh' an Ihrer Brust zuweilen. -- --

Plötzlich that eine rothe Rose alle ihre jungen Reize aus ein-20
ander und sagte im blühenden Prangen: wetteifert nicht so ver-
geblich, ihr Schönen! Ich bin Ihr ja auch ähnlich.

3.
Die Schönheit.

Wie in Zimmern mit rosenrothem Spiegelglase jedes Angesicht25
blüht und überall Morgenröthe umher liegt: so verschönert und
verjüngt die Schönheit alles was sie umgibt. Sie -- der Frühling
der Gesellschaft -- wärmt jede Kraft zum Aufblühen und die ge-
sellige Prose zur einsamen Poesie -- das Alter wird jugendlich,
die Jugend wird ernst -- jedes Herz bewegt sich mit neuer freudiger30
Macht -- und deutsche Zepter richten sich als zartgezogne Magnet-
nadeln nach Norden.

1.
Der Fackeltanz.

Ich kenne einen ſchönern Fackeltanz der Fürſten als den kurzen
der Vermählungs-Feier, ich kenn’ ein Land, klein und licht, wo
Genien wohnen und den Fürſten Fackeln erſchaffen und reichen;5
die Fürſten tragen ſie in ſchöner, leichter, nichts verletzender Be-
wegung umher, und hell wird es weit in fremde Länder hinaus.
Zwei Genien und deren Gönnerin ſind nicht mehr; aber die Gegen-
wart reift fort und die Zukunft blüht entgegen.

2.10
Streit der Perle mit der weiſſen Roſe.

„Ich bin Ihr ähnlicher und gehöre Ihr mehr an als Du; denn
„ich glänze rein“ — ſagte die Perle.

Aber ich trage die Unſchulds Farbe noch heller — ſagte die
weiſſe Roſe — ich bin ähnlicher.15

„Aber mein Werth verwelket nicht“ —

Aber ich hauche Lebens-Frühling dem Zephyr zu.

„Und ich berühr’ als blaſſer Schmuck Ihr Haupt.“

Und ich ruh’ an Ihrer Bruſt zuweilen. — —

Plötzlich that eine rothe Roſe alle ihre jungen Reize aus ein-20
ander und ſagte im blühenden Prangen: wetteifert nicht ſo ver-
geblich, ihr Schönen! Ich bin Ihr ja auch ähnlich.

3.
Die Schönheit.

Wie in Zimmern mit roſenrothem Spiegelglaſe jedes Angeſicht25
blüht und überall Morgenröthe umher liegt: ſo verſchönert und
verjüngt die Schönheit alles was ſie umgibt. Sie — der Frühling
der Geſellſchaft — wärmt jede Kraft zum Aufblühen und die ge-
ſellige Proſe zur einſamen Poeſie — das Alter wird jugendlich,
die Jugend wird ernſt — jedes Herz bewegt ſich mit neuer freudiger30
Macht — und deutſche Zepter richten ſich als zartgezogne Magnet-
nadeln nach Norden.

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[69/0078] 1. Der Fackeltanz. Ich kenne einen ſchönern Fackeltanz der Fürſten als den kurzen der Vermählungs-Feier, ich kenn’ ein Land, klein und licht, wo Genien wohnen und den Fürſten Fackeln erſchaffen und reichen; 5 die Fürſten tragen ſie in ſchöner, leichter, nichts verletzender Be- wegung umher, und hell wird es weit in fremde Länder hinaus. Zwei Genien und deren Gönnerin ſind nicht mehr; aber die Gegen- wart reift fort und die Zukunft blüht entgegen. 2. 10 Streit der Perle mit der weiſſen Roſe. „Ich bin Ihr ähnlicher und gehöre Ihr mehr an als Du; denn „ich glänze rein“ — ſagte die Perle. Aber ich trage die Unſchulds Farbe noch heller — ſagte die weiſſe Roſe — ich bin ähnlicher. 15 „Aber mein Werth verwelket nicht“ — Aber ich hauche Lebens-Frühling dem Zephyr zu. „Und ich berühr’ als blaſſer Schmuck Ihr Haupt.“ Und ich ruh’ an Ihrer Bruſt zuweilen. — — Plötzlich that eine rothe Roſe alle ihre jungen Reize aus ein- 20 ander und ſagte im blühenden Prangen: wetteifert nicht ſo ver- geblich, ihr Schönen! Ich bin Ihr ja auch ähnlich. 3. Die Schönheit. Wie in Zimmern mit roſenrothem Spiegelglaſe jedes Angeſicht 25 blüht und überall Morgenröthe umher liegt: ſo verſchönert und verjüngt die Schönheit alles was ſie umgibt. Sie — der Frühling der Geſellſchaft — wärmt jede Kraft zum Aufblühen und die ge- ſellige Proſe zur einſamen Poeſie — das Alter wird jugendlich, die Jugend wird ernſt — jedes Herz bewegt ſich mit neuer freudiger 30 Macht — und deutſche Zepter richten ſich als zartgezogne Magnet- nadeln nach Norden.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:17:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:17:09Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/78>, abgerufen am 24.04.2024.