Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952.keine Ausnahme: z. B. helfen, sterben, befehlen, schelten (er- Habe voraus Dank. 174. An Otto.15 [Bayreuth, 6. Nov. 1809]Guten Morgen! Jetzt hat in Bayreuth niemand weniger Ruhe Sag' es auch Amoene, damit die Magd nicht etwan wie ein25 Auf meinem grammatischen Blatt ist aus Irrthum schmelzen N. S. Denke ja an mich. P. S. Und vergiß es nicht. *) als Aktiv aber erschreckt dich, schrecke. So wie wieder stehen, wenden, senden etc. weil es nicht stieht hat (außer in Hof), auch nicht stieh (wiend) hat außer in Hof.35 **) aber die Ursache ist: hängen hat nicht hang, sondern hing; so regelrecht
ist die Sprache. keine Ausnahme: z. B. helfen, ſterben, befehlen, ſchelten (er- Habe voraus Dank. 174. An Otto.15 [Bayreuth, 6. Nov. 1809]Guten Morgen! Jetzt hat in Bayreuth niemand weniger Ruhe Sag’ es auch Amoene, damit die Magd nicht etwan wie ein25 Auf meinem grammatiſchen Blatt iſt aus Irrthum ſchmelzen N. S. Denke ja an mich. P. S. Und vergiß es nicht. *) als Aktiv aber erſchreckt dich, ſchrecke. So wie wieder ſtehen, wenden, ſenden ꝛc. weil es nicht ſtieht hat (außer in Hof), auch nicht ſtieh (wiend) hat außer in Hof.35 **) aber die Urſache iſt: hängen hat nicht hang, ſondern hing; ſo regelrecht
iſt die Sprache. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0073" n="64"/> keine Ausnahme: z. B. helfen, ſterben, befehlen, ſchelten (er-<lb/> ſchrecken, ſchmelzen als <hi rendition="#aq">neutr.</hi><note place="foot" n="*)">als Aktiv aber erſchreckt dich, ſchrecke. So wie wieder ſtehen, wenden,<lb/> ſenden ꝛc. weil es nicht ſtieht hat (außer in Hof), auch nicht ſtieh (wiend) hat<lb/> außer in Hof.<note place="right">35</note></note>, nehmen, werfen, werben, bergen,<lb/> berſten, gelten, eſſen, freſſen, meſſen, verderben, ſehen. — Hin-<lb/> gegen die andern irr[egulären] <hi rendition="#aq">V[erba]</hi> haben wegen der Regel-<lb/> mäßigkeit oder auch aus J-Mangel des <hi rendition="#aq">Praesens</hi> auch keinen<lb n="5"/> ſolchen Imperativ: <hi rendition="#g">gehen, heben, brennen</hi> 〈ging, hob, brannte〉,<lb/> r<hi rendition="#b">ei</hi>ben, ſpr<hi rendition="#b">i</hi>ngen, tr<hi rendition="#b">ie</hi>fen, ſprießen, fließen, ringen, ſingen, ſ<hi rendition="#b">au</hi>fen<lb/> (ſäuft), laufen, ſt<hi rendition="#b">o</hi>ßen, bl<hi rendition="#b">a</hi>ſen, tragen, h<hi rendition="#b">ä</hi>ngen ꝛc. durch <hi rendition="#g">alle</hi> Vokale<lb/> durch. Auch hier gibts keine Ausnahme, ausgenommen kaum ge-<lb/> b<hi rendition="#b">ä</hi>ren 〈gebar〉, gebiert; denn ich kann und ſoll auch ſagen: gebier.<lb n="10"/> Du ſiehſt, wie ſchon hier das ins <hi rendition="#aq">a</hi> verſchmolzne <hi rendition="#aq">e</hi> zu wirken an-<lb/> fängt; wieder in hängen; er hängt, daher hänge<note place="foot" n="**)">aber die Urſache iſt: hängen hat nicht hang, ſondern hing; ſo regelrecht<lb/> iſt die Sprache.</note>. So iſt die Sache<lb/> rein abbeſtimmt; und ſo muß es der Franzoſe auch gemeint haben.</p><lb/> <p>Habe voraus Dank.</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>174. An <hi rendition="#g">Otto.</hi><lb n="15"/> </head> <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 6. Nov. 1809]</hi> </dateline><lb/> <p>Guten Morgen! Jetzt hat in Bayreuth niemand weniger Ruhe<lb/> als ich, ſeit dem ich weiß, daß Goethen’s Roman hier iſt. Es<lb/> hilft nichts, dem Spitzbuben <hi rendition="#aq">Buchner</hi> ſagen zu laſſen, er ſoll’ es<lb/> mir ſchicken. 1000 mal, wenigſtens 20mal hat er mir verſprochen,<lb n="20"/> zu ſchicken, zu bringen, zu bewahren — und nie gehalten. Es gibt<lb/> alſo kein anderes Mittel als daß ich dich anflehe, deine Magd mit<lb/> dem Buche in der Hand zu mir zu ſchicken; ſie wird dann (ſie hats<lb/> noch immer darin) von meiner zu <hi rendition="#aq">Buchner</hi> begleitet u. ſ. w.</p><lb/> <p>Sag’ es auch <hi rendition="#aq">Amoene,</hi> damit die Magd nicht etwan wie ein<lb n="25"/> Rechtſchaffner, den <hi rendition="#g">geraden</hi> Weg geht.</p><lb/> <p>Auf meinem grammatiſchen Blatt iſt aus Irrthum <hi rendition="#g">ſchmelzen</hi><lb/> als Neutrum eingeſchlichen. Da es <hi rendition="#g">ſchmolz</hi> hat: ſo muß es wie<lb/><hi rendition="#g">bellen, fechten</hi> auch <hi rendition="#g">ſchmelze</hi> haben, es mag ſchreiben wer da<lb/> will: <hi rendition="#g">ſchmilz.</hi><lb n="30"/> </p> <p>N. S. Denke ja an mich.</p><lb/> <p>P. S. Und vergiß es nicht.</p> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [64/0073]
keine Ausnahme: z. B. helfen, ſterben, befehlen, ſchelten (er-
ſchrecken, ſchmelzen als neutr. *), nehmen, werfen, werben, bergen,
berſten, gelten, eſſen, freſſen, meſſen, verderben, ſehen. — Hin-
gegen die andern irr[egulären] V[erba] haben wegen der Regel-
mäßigkeit oder auch aus J-Mangel des Praesens auch keinen 5
ſolchen Imperativ: gehen, heben, brennen 〈ging, hob, brannte〉,
reiben, ſpringen, triefen, ſprießen, fließen, ringen, ſingen, ſaufen
(ſäuft), laufen, ſtoßen, blaſen, tragen, hängen ꝛc. durch alle Vokale
durch. Auch hier gibts keine Ausnahme, ausgenommen kaum ge-
bären 〈gebar〉, gebiert; denn ich kann und ſoll auch ſagen: gebier. 10
Du ſiehſt, wie ſchon hier das ins a verſchmolzne e zu wirken an-
fängt; wieder in hängen; er hängt, daher hänge **). So iſt die Sache
rein abbeſtimmt; und ſo muß es der Franzoſe auch gemeint haben.
Habe voraus Dank.
174. An Otto. 15
[Bayreuth, 6. Nov. 1809]
Guten Morgen! Jetzt hat in Bayreuth niemand weniger Ruhe
als ich, ſeit dem ich weiß, daß Goethen’s Roman hier iſt. Es
hilft nichts, dem Spitzbuben Buchner ſagen zu laſſen, er ſoll’ es
mir ſchicken. 1000 mal, wenigſtens 20mal hat er mir verſprochen, 20
zu ſchicken, zu bringen, zu bewahren — und nie gehalten. Es gibt
alſo kein anderes Mittel als daß ich dich anflehe, deine Magd mit
dem Buche in der Hand zu mir zu ſchicken; ſie wird dann (ſie hats
noch immer darin) von meiner zu Buchner begleitet u. ſ. w.
Sag’ es auch Amoene, damit die Magd nicht etwan wie ein 25
Rechtſchaffner, den geraden Weg geht.
Auf meinem grammatiſchen Blatt iſt aus Irrthum ſchmelzen
als Neutrum eingeſchlichen. Da es ſchmolz hat: ſo muß es wie
bellen, fechten auch ſchmelze haben, es mag ſchreiben wer da
will: ſchmilz. 30
N. S. Denke ja an mich.
P. S. Und vergiß es nicht.
*) als Aktiv aber erſchreckt dich, ſchrecke. So wie wieder ſtehen, wenden,
ſenden ꝛc. weil es nicht ſtieht hat (außer in Hof), auch nicht ſtieh (wiend) hat
außer in Hof.
**) aber die Urſache iſt: hängen hat nicht hang, ſondern hing; ſo regelrecht
iſt die Sprache.
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(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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