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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952.

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Ich bin darin andringenden Anspielungen nicht entgegen, sondern
absichtlich aus dem Wege gegangen; die Zensur wird mir also
auf keiner Zeile im Wege stehen.

Haben Sie herzlichen Dank für beide Almanache; den Kunst-
Almanach hätten Sie mir nicht so freigebig schenken sollen.5

Seltsam genug ist's daß meine Erinnerung Sie als den Ver-
fasser von Johann's Reisen blos aus einem Ihrer Briefe an mich
und aus behaltenen Bruchstücken des Buchs errieth. Desto mehr
wünsch' ich, daß der Verleger so mancher witzigen Reisen -- bis
zu Thümmel -- selber neue auf dem Papiere mache, gleichviel10
wohin, wenn er nur in der Messe ankommt.

Leben Sie wol! Belohne eine bessere Zeit den so guten Verleger!

Ihr
Jean Paul Fr. Richter
291. An Charles de Villers in Göttingen.15

Geliebter Villers! Dieses eilig geschriebne Blättchen bringt
Ihnen Mde Laffont; deren Seele viel Ähnliches von ihrem Ge-
sichte hat und schön ist. Obgleich Frau eines französischen Kapitäns,
ist sie doch eine deutsche geblieben an Gesinnung und Art. Schicken20
Sie mir nur bald die Belohnung, nämlich eine schöne Seele, die
mir von Ihnen noch mehr erzählt als diese Ihnen von meiner
Frau und meinen Kindern erzählen wird.

Hier leg' ich Ihnen die kopierte Bitte an den Herzog von Gotha
bei, den ich darin nach seiner seltsamen obwol genialen Natur be-25
handeln mußte. Ich schweige vor Ihnen so lange als er schweigt;
aber dieß wissen Sie, daß sein Ja auf unsern Doppelwunsch Ihnen
sogleich aus meiner Hand zufliegen würde; dieß wäre für mich
der froheste Brief, den ich anno 1810 schriebe.

Ihr Werkchen über Luther -- wofür ich danke -- macht mich30
desto begieriger auf Ihr Werk über ihn; komm' es nur bald!

Eben so freu ich mich auf das Werkchen, worin Sie als Sauve-
Garde
sich und mich vor und gegen Ihre Landesleute steller. wollen,
wie Sie schon in anderem Sinne in Lübeck gethan. Wollen Sie

Ich bin darin andringenden Anſpielungen nicht entgegen, ſondern
abſichtlich aus dem Wege gegangen; die Zenſur wird mir alſo
auf keiner Zeile im Wege ſtehen.

Haben Sie herzlichen Dank für beide Almanache; den Kunſt-
Almanach hätten Sie mir nicht ſo freigebig ſchenken ſollen.5

Seltſam genug iſt’s daß meine Erinnerung Sie als den Ver-
faſſer von Johann’s Reiſen blos aus einem Ihrer Briefe an mich
und aus behaltenen Bruchſtücken des Buchs errieth. Deſto mehr
wünſch’ ich, daß der Verleger ſo mancher witzigen Reiſen — bis
zu Thümmel — ſelber neue auf dem Papiere mache, gleichviel10
wohin, wenn er nur in der Meſſe ankommt.

Leben Sie wol! Belohne eine beſſere Zeit den ſo guten Verleger!

Ihr
Jean Paul Fr. Richter
291. An Charles de Villers in Göttingen.15

Geliebter Villers! Dieſes eilig geſchriebne Blättchen bringt
Ihnen Mde Laffont; deren Seele viel Ähnliches von ihrem Ge-
ſichte hat und ſchön iſt. Obgleich Frau eines franzöſiſchen Kapitäns,
iſt ſie doch eine deutſche geblieben an Geſinnung und Art. Schicken20
Sie mir nur bald die Belohnung, nämlich eine ſchöne Seele, die
mir von Ihnen noch mehr erzählt als dieſe Ihnen von meiner
Frau und meinen Kindern erzählen wird.

Hier leg’ ich Ihnen die kopierte Bitte an den Herzog von Gotha
bei, den ich darin nach ſeiner ſeltſamen obwol genialen Natur be-25
handeln mußte. Ich ſchweige vor Ihnen ſo lange als er ſchweigt;
aber dieß wiſſen Sie, daß ſein Ja auf unſern Doppelwunſch Ihnen
ſogleich aus meiner Hand zufliegen würde; dieß wäre für mich
der froheſte Brief, den ich anno 1810 ſchriebe.

Ihr Werkchen über Luther — wofür ich danke — macht mich30
deſto begieriger auf Ihr Werk über ihn; komm’ es nur bald!

Eben ſo freu ich mich auf das Werkchen, worin Sie als Sauve-
Garde
ſich und mich vor und gegen Ihre Landesleute ſteller. wollen,
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[112/0125] Ich bin darin andringenden Anſpielungen nicht entgegen, ſondern abſichtlich aus dem Wege gegangen; die Zenſur wird mir alſo auf keiner Zeile im Wege ſtehen. Haben Sie herzlichen Dank für beide Almanache; den Kunſt- Almanach hätten Sie mir nicht ſo freigebig ſchenken ſollen. 5 Seltſam genug iſt’s daß meine Erinnerung Sie als den Ver- faſſer von Johann’s Reiſen blos aus einem Ihrer Briefe an mich und aus behaltenen Bruchſtücken des Buchs errieth. Deſto mehr wünſch’ ich, daß der Verleger ſo mancher witzigen Reiſen — bis zu Thümmel — ſelber neue auf dem Papiere mache, gleichviel 10 wohin, wenn er nur in der Meſſe ankommt. Leben Sie wol! Belohne eine beſſere Zeit den ſo guten Verleger! Ihr Jean Paul Fr. Richter 291. An Charles de Villers in Göttingen. 15 Bayreuth d. 19. Jun. 1810 Geliebter Villers! Dieſes eilig geſchriebne Blättchen bringt Ihnen Mde Laffont; deren Seele viel Ähnliches von ihrem Ge- ſichte hat und ſchön iſt. Obgleich Frau eines franzöſiſchen Kapitäns, iſt ſie doch eine deutſche geblieben an Geſinnung und Art. Schicken 20 Sie mir nur bald die Belohnung, nämlich eine ſchöne Seele, die mir von Ihnen noch mehr erzählt als dieſe Ihnen von meiner Frau und meinen Kindern erzählen wird. Hier leg’ ich Ihnen die kopierte Bitte an den Herzog von Gotha bei, den ich darin nach ſeiner ſeltſamen obwol genialen Natur be- 25 handeln mußte. Ich ſchweige vor Ihnen ſo lange als er ſchweigt; aber dieß wiſſen Sie, daß ſein Ja auf unſern Doppelwunſch Ihnen ſogleich aus meiner Hand zufliegen würde; dieß wäre für mich der froheſte Brief, den ich anno 1810 ſchriebe. Ihr Werkchen über Luther — wofür ich danke — macht mich 30 deſto begieriger auf Ihr Werk über ihn; komm’ es nur bald! Eben ſo freu ich mich auf das Werkchen, worin Sie als Sauve- Garde ſich und mich vor und gegen Ihre Landesleute ſteller. wollen, wie Sie ſchon in anderem Sinne in Lübeck gethan. Wollen Sie

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:17:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:17:09Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/125>, abgerufen am 28.03.2024.