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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

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gürtel seiner Gegend. -- [Jacobi geht als Akademiker nach Mün-
chen. Der Himmel weiß, ob ich Zugvogel diesem Adler nicht endlich
folge, ob ich gleich auf der Erde keinen zweiten Emanuel wieder
finde. -- Meine Kinder gedeihen und knospen. Sie würden sich nicht
satt an ihnen sehen; mich kosten sie leider manche poetische Seite,5
und die väterliche Begeisterung verdrängt die dichtende. Ich sehne
mich nach Ihrem Laute, nach der Freundin,] die [so stark, wie sie
aus dem Titan und der Aesthetik sehen kann,] an meiner innern
Bildung wieder umbildete -- Unter den Weibern hat C[aroline]
Sie vielleicht wie ein Juwel am schönsten gefaßt, nämlich ein Herz10
in ein Herz.

90. An Emanuel.

Mein alter Köstlicher! Auch der Wein ist letzteres. Von den
Radieschen sollen Ihnen einige aufgetischt werden. Ich bin im15
Schreib-Feuer -- Hier Raritäten -- Mein Dank (wie meine
Schuld) ist nur eine (wiederkehrende) Antiquität. Ich beschenke
Sie -- anbei folgend -- herzoglich, wie Sie mich amtmännlich.

91. An Emanuel.
20

Ich sitze mit meinen Kindern im Garten und Winde -- las Ihren
vollen Brief zu flüchtig und erbitte die Kopie -- Sonst sei alles wie
Sie wollen.

92. An Gustav von Brinckmann in Berlin.
25

Ihr Brief -- den ich erst Ende vorigen Monats bekam -- hat
mir viele Freude, obgleich keine neue Bekanntschaft mitgebracht.
Schon in Weimar und in Berlin und sogar von meiner Frau --
deren Schwester Minna Sie kannte -- wurde mir Ihr Name mit
der Liebe genannt, die Ihre Gedichte rechtfertigen. Ich danke Ihnen30
für Ihren Lebenslauf, worin ein Stück Lebensflug ist und durch
welchen Ihre Gedichte, die mir durch ihren rein-menschlichen Stoff
und durch eine in dieser wildernden Zeit seltene Schön-Form innig

3 Jean Paul Briefe. V.

gürtel ſeiner Gegend. — [Jacobi geht als Akademiker nach Mün-
chen. Der Himmel weiß, ob ich Zugvogel dieſem Adler nicht endlich
folge, ob ich gleich auf der Erde keinen zweiten Emanuel wieder
finde. — Meine Kinder gedeihen und knoſpen. Sie würden ſich nicht
ſatt an ihnen ſehen; mich koſten ſie leider manche poetiſche Seite,5
und die väterliche Begeiſterung verdrängt die dichtende. Ich ſehne
mich nach Ihrem Laute, nach der Freundin,] die [ſo ſtark, wie ſie
aus dem Titan und der Aeſthetik ſehen kann,] an meiner innern
Bildung wieder umbildete — Unter den Weibern hat C[aroline]
Sie vielleicht wie ein Juwel am ſchönſten gefaßt, nämlich ein Herz10
in ein Herz.

90. An Emanuel.

Mein alter Köſtlicher! Auch der Wein iſt letzteres. Von den
Radieschen ſollen Ihnen einige aufgetiſcht werden. Ich bin im15
Schreib-Feuer — Hier Raritäten — Mein Dank (wie meine
Schuld) iſt nur eine (wiederkehrende) Antiquität. Ich beſchenke
Sie — anbei folgend — herzoglich, wie Sie mich amtmännlich.

91. An Emanuel.
20

Ich ſitze mit meinen Kindern im Garten und Winde — las Ihren
vollen Brief zu flüchtig und erbitte die Kopie — Sonſt ſei alles wie
Sie wollen.

92. An Guſtav von Brinckmann in Berlin.
25

Ihr Brief — den ich erſt Ende vorigen Monats bekam — hat
mir viele Freude, obgleich keine neue Bekanntſchaft mitgebracht.
Schon in Weimar und in Berlin und ſogar von meiner Frau —
deren Schweſter Minna Sie kannte — wurde mir Ihr Name mit
der Liebe genannt, die Ihre Gedichte rechtfertigen. Ich danke Ihnen30
für Ihren Lebenslauf, worin ein Stück Lebensflug iſt und durch
welchen Ihre Gedichte, die mir durch ihren rein-menſchlichen Stoff
und durch eine in dieſer wildernden Zeit ſeltene Schön-Form innig

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[33/0046] gürtel ſeiner Gegend. — [Jacobi geht als Akademiker nach Mün- chen. Der Himmel weiß, ob ich Zugvogel dieſem Adler nicht endlich folge, ob ich gleich auf der Erde keinen zweiten Emanuel wieder finde. — Meine Kinder gedeihen und knoſpen. Sie würden ſich nicht ſatt an ihnen ſehen; mich koſten ſie leider manche poetiſche Seite, 5 und die väterliche Begeiſterung verdrängt die dichtende. Ich ſehne mich nach Ihrem Laute, nach der Freundin,] die [ſo ſtark, wie ſie aus dem Titan und der Aeſthetik ſehen kann,] an meiner innern Bildung wieder umbildete — Unter den Weibern hat C[aroline] Sie vielleicht wie ein Juwel am ſchönſten gefaßt, nämlich ein Herz 10 in ein Herz. 90. An Emanuel. [Bayreuth, 1. April 1805] Mein alter Köſtlicher! Auch der Wein iſt letzteres. Von den Radieschen ſollen Ihnen einige aufgetiſcht werden. Ich bin im 15 Schreib-Feuer — Hier Raritäten — Mein Dank (wie meine Schuld) iſt nur eine (wiederkehrende) Antiquität. Ich beſchenke Sie — anbei folgend — herzoglich, wie Sie mich amtmännlich. 91. An Emanuel. [Bayreuth, 2. April 1805] 20 Ich ſitze mit meinen Kindern im Garten und Winde — las Ihren vollen Brief zu flüchtig und erbitte die Kopie — Sonſt ſei alles wie Sie wollen. 92. An Guſtav von Brinckmann in Berlin. Bayreuth d. 2. Apr. 1805 25 Ihr Brief — den ich erſt Ende vorigen Monats bekam — hat mir viele Freude, obgleich keine neue Bekanntſchaft mitgebracht. Schon in Weimar und in Berlin und ſogar von meiner Frau — deren Schweſter Minna Sie kannte — wurde mir Ihr Name mit der Liebe genannt, die Ihre Gedichte rechtfertigen. Ich danke Ihnen 30 für Ihren Lebenslauf, worin ein Stück Lebensflug iſt und durch welchen Ihre Gedichte, die mir durch ihren rein-menſchlichen Stoff und durch eine in dieſer wildernden Zeit ſeltene Schön-Form innig 3 Jean Paul Briefe. V.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/46>, abgerufen am 19.04.2024.