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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.

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ists schwer, sie zu entbehren. -- Komst du heute zur Gräfin? -- Schreibe
mir auch, ob Ernestine froh ist und ob keine Wolke an ihr vorbeizieht.
Lebe wohl, Meine!

104. An Friedrich von Oertel in Leipzig.
5

Kein Brief kan so lange [!] sein als der, den ich dir jezt schicke in
der Gestalt meiner Freundin, der Gräfin Schlabrendorff. Sie wird
dir den Himmel meiner Liebe und mein Leben auf dem hiesigen Pflaster
am besten malen. Auch ist sie eine innige Freundin meiner Caroline. --
Glaube mir auf mein Wort die Güte ihres Karakters, nicht aber dem10
wilden Gerüchte das Gegentheil; die beste Probe ihres Werthes ist
ihr Werk, die Kopie desselben, ihr herliches Kind. -- Sie wird dich
in wichtige Geschichten hineinführen.

Die deinige lässest du mich, deiner neuern Sitte gemäs, kaum
ahnen. --15

Tiek, Bernhardi, Schleiermacher etc. besuchen mich oft; auch
Fichte ist gut mit mir, obgleich zwischen uns nur solange Waffenstill-
stand ist, als wir trinken. --

Die Königin hat mir ein silbernes Thee- und Kaffeeservice geschenkt.
-- Lasse dir die Fr. v. Krüdner von der Schl. schildern; -- ich hatte20
doch in Hof Recht.

Gehe doch mit Thieriot um; du findest in Leipzig keinen geniali-
schern associe.

Mein Arbeits-Schacht -- und die Visitenzimmer -- haben mich
bisher fast von jedem Briefwechsel abgesondert; künftig hebt sich diese[65]25
Sperre. Ich schliesse schon, weil ich mich auf das Kollaborat meiner
Freundin verlasse.

Lebe recht wohl, mein guter Oertel; dein Stilsein gegen mich schmer-
zet mich; ich aber bleibe ewig der Alte in meinem Herzen für dich.
Deine Sophie sei aus meinem Innersten gegrüsset. Es scheinen Wolken30
um deine Berghöhe zu hängen; mögen die Frühlingslüfte sie verwehen!

Richter
105. An Geheimrat Mayer.

Lieber Herr Vater! Mein frohes Ja auf Ihren lezten Brief ist ganz35
schon durch die Wünsche meines vorigen ausgedrükt. Zu dem Herbei-

iſts ſchwer, ſie zu entbehren. — Komſt du heute zur Gräfin? — Schreibe
mir auch, ob Ernestine froh iſt und ob keine Wolke an ihr vorbeizieht.
Lebe wohl, Meine!

104. An Friedrich von Oertel in Leipzig.
5

Kein Brief kan ſo lange [!] ſein als der, den ich dir jezt ſchicke in
der Geſtalt meiner Freundin, der Gräfin Schlabrendorff. Sie wird
dir den Himmel meiner Liebe und mein Leben auf dem hieſigen Pflaſter
am beſten malen. Auch iſt ſie eine innige Freundin meiner Caroline.
Glaube mir auf mein Wort die Güte ihres Karakters, nicht aber dem10
wilden Gerüchte das Gegentheil; die beſte Probe ihres Werthes iſt
ihr Werk, die Kopie deſſelben, ihr herliches Kind. — Sie wird dich
in wichtige Geſchichten hineinführen.

Die deinige läſſeſt du mich, deiner neuern Sitte gemäs, kaum
ahnen. —15

Tiek, Bernhardi, Schleiermacher ꝛc. beſuchen mich oft; auch
Fichte iſt gut mit mir, obgleich zwiſchen uns nur ſolange Waffenſtill-
ſtand iſt, als wir trinken. —

Die Königin hat mir ein ſilbernes Thee- und Kaffeeſervice geſchenkt.
— Laſſe dir die Fr. v. Krüdner von der Schl. ſchildern; — ich hatte20
doch in Hof Recht.

Gehe doch mit Thieriot um; du findeſt in Leipzig keinen geniali-
ſchern associé.

Mein Arbeits-Schacht — und die Viſitenzimmer — haben mich
bisher faſt von jedem Briefwechſel abgeſondert; künftig hebt ſich dieſe[65]25
Sperre. Ich ſchlieſſe ſchon, weil ich mich auf das Kollaborat meiner
Freundin verlaſſe.

Lebe recht wohl, mein guter Oertel; dein Stilſein gegen mich ſchmer-
zet mich; ich aber bleibe ewig der Alte in meinem Herzen für dich.
Deine Sophie ſei aus meinem Innerſten gegrüſſet. Es ſcheinen Wolken30
um deine Berghöhe zu hängen; mögen die Frühlingslüfte ſie verwehen!

Richter
105. An Geheimrat Mayer.

Lieber Herr Vater! Mein frohes Ja auf Ihren lezten Brief iſt ganz35
ſchon durch die Wünſche meines vorigen ausgedrükt. Zu dem Herbei-

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[57/0063] iſts ſchwer, ſie zu entbehren. — Komſt du heute zur Gräfin? — Schreibe mir auch, ob Ernestine froh iſt und ob keine Wolke an ihr vorbeizieht. Lebe wohl, Meine! 104. An Friedrich von Oertel in Leipzig. Berlin d. 28 März 1801. 5 Kein Brief kan ſo lange [!] ſein als der, den ich dir jezt ſchicke in der Geſtalt meiner Freundin, der Gräfin Schlabrendorff. Sie wird dir den Himmel meiner Liebe und mein Leben auf dem hieſigen Pflaſter am beſten malen. Auch iſt ſie eine innige Freundin meiner Caroline. — Glaube mir auf mein Wort die Güte ihres Karakters, nicht aber dem 10 wilden Gerüchte das Gegentheil; die beſte Probe ihres Werthes iſt ihr Werk, die Kopie deſſelben, ihr herliches Kind. — Sie wird dich in wichtige Geſchichten hineinführen. Die deinige läſſeſt du mich, deiner neuern Sitte gemäs, kaum ahnen. — 15 Tiek, Bernhardi, Schleiermacher ꝛc. beſuchen mich oft; auch Fichte iſt gut mit mir, obgleich zwiſchen uns nur ſolange Waffenſtill- ſtand iſt, als wir trinken. — Die Königin hat mir ein ſilbernes Thee- und Kaffeeſervice geſchenkt. — Laſſe dir die Fr. v. Krüdner von der Schl. ſchildern; — ich hatte 20 doch in Hof Recht. Gehe doch mit Thieriot um; du findeſt in Leipzig keinen geniali- ſchern associé. Mein Arbeits-Schacht — und die Viſitenzimmer — haben mich bisher faſt von jedem Briefwechſel abgeſondert; künftig hebt ſich dieſe 25 Sperre. Ich ſchlieſſe ſchon, weil ich mich auf das Kollaborat meiner Freundin verlaſſe. [65] Lebe recht wohl, mein guter Oertel; dein Stilſein gegen mich ſchmer- zet mich; ich aber bleibe ewig der Alte in meinem Herzen für dich. Deine Sophie ſei aus meinem Innerſten gegrüſſet. Es ſcheinen Wolken 30 um deine Berghöhe zu hängen; mögen die Frühlingslüfte ſie verwehen! Richter 105. An Geheimrat Mayer. Berlin d. 28. März 1801. Lieber Herr Vater! Mein frohes Ja auf Ihren lezten Brief iſt ganz 35 ſchon durch die Wünſche meines vorigen ausgedrükt. Zu dem Herbei-

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:08:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:08:29Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/63>, abgerufen am 28.03.2024.