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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.

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glänzest du mir heller und herlicher, und durchbri[ch]st das Gewölke,
das sonst andere dik bedekt. Schreibe mir einige Hauche aus deiner
heiligen Brust. Lebe wohl. Ich habe viel heute an dich gedacht und
mit immer heisserer Liebe.

59. An Karoline Mayer.5

Dein philosophisches Blätgen ist vom Baum des Erkentnisses und
duftet süs. Bis Morgen ist lang, und bis zum Sontag, wo wir erst
eigentlich beisammen sind. Auch ich arbeite den ganzen Tag; dadurch
stilt sich das Sehnen. Du erfreuest mich neu in allen Verhältnissen, also10
auch im gestrigen. Lebe wohl, meine Seele, meine Meine. Wie sol ich
dich nennen, Holdeste?

60. An Karoline Mayer. [40]

Meine Kopf-Tortur hörte wie alzeit zur bestimten Stunde gestern15
auf; ich bin also heute so gesund wie vorgestern; und wil daher wieder
eben so froh sein d. h. auf deinem Kanapee. Ich komme, Theuerste,
um 71/2 Uhr, aber gehe um 10, um morgen zu arbeiten. Dein Blätgen
war dein Besuch, vol Trost und Blumen.

61. An Karoline Mayer.20

Beste! Ich entbehre die heutige Freude so ungern als das Ende
der gestrigen. Aber bei der übriggebliebnen Mattigkeit und bei dem
Hange zu kleinen Schmerzen darf ich mich heute nicht dem Wein, dem
Essen und dem Gespräche überlassen. Glaube aber nicht, daß ich krank25
bin. Ich komme abends zu dir oder wenn du auch bei May bist, zu
ihm. Entschuldige mich bei dem Guten, dessen schöne Gabe ich heute
nicht annehmen darf. Sei froh, Theuerste.

62. An Karoline Mayer.
30

Dein herliches Blat war mir nöthig, nach dem kurzen Druk von
Gestern, du gute Träumerin. Ach wie leicht ist deine Furcht zu wider-
legen. Aber diese komt wieder aus einer andern. -- Morgen abends

3*

glänzeſt du mir heller und herlicher, und durchbri[ch]ſt das Gewölke,
das ſonſt andere dik bedekt. Schreibe mir einige Hauche aus deiner
heiligen Bruſt. Lebe wohl. Ich habe viel heute an dich gedacht und
mit immer heiſſerer Liebe.

59. An Karoline Mayer.5

Dein philoſophiſches Blätgen iſt vom Baum des Erkentniſſes und
duftet ſüs. Bis Morgen iſt lang, und bis zum Sontag, wo wir erſt
eigentlich beiſammen ſind. Auch ich arbeite den ganzen Tag; dadurch
ſtilt ſich das Sehnen. Du erfreueſt mich neu in allen Verhältniſſen, alſo10
auch im geſtrigen. Lebe wohl, meine Seele, meine Meine. Wie ſol ich
dich nennen, Holdeſte?

60. An Karoline Mayer. [40]

Meine Kopf-Tortur hörte wie alzeit zur beſtimten Stunde geſtern15
auf; ich bin alſo heute ſo geſund wie vorgeſtern; und wil daher wieder
eben ſo froh ſein d. h. auf deinem Kanapee. Ich komme, Theuerſte,
um 7½ Uhr, aber gehe um 10, um morgen zu arbeiten. Dein Blätgen
war dein Beſuch, vol Troſt und Blumen.

61. An Karoline Mayer.20

Beſte! Ich entbehre die heutige Freude ſo ungern als das Ende
der geſtrigen. Aber bei der übriggebliebnen Mattigkeit und bei dem
Hange zu kleinen Schmerzen darf ich mich heute nicht dem Wein, dem
Eſſen und dem Geſpräche überlaſſen. Glaube aber nicht, daß ich krank25
bin. Ich komme abends zu dir oder wenn du auch bei May biſt, zu
ihm. Entſchuldige mich bei dem Guten, deſſen ſchöne Gabe ich heute
nicht annehmen darf. Sei froh, Theuerſte.

62. An Karoline Mayer.
30

Dein herliches Blat war mir nöthig, nach dem kurzen Druk von
Geſtern, du gute Träumerin. Ach wie leicht iſt deine Furcht zu wider-
legen. Aber dieſe komt wieder aus einer andern. — Morgen abends

3*
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[35/0041] glänzeſt du mir heller und herlicher, und durchbri[ch]ſt das Gewölke, das ſonſt andere dik bedekt. Schreibe mir einige Hauche aus deiner heiligen Bruſt. Lebe wohl. Ich habe viel heute an dich gedacht und mit immer heiſſerer Liebe. 59. An Karoline Mayer. 5 [Berlin, 1800? 1801?] Dein philoſophiſches Blätgen iſt vom Baum des Erkentniſſes und duftet ſüs. Bis Morgen iſt lang, und bis zum Sontag, wo wir erſt eigentlich beiſammen ſind. Auch ich arbeite den ganzen Tag; dadurch ſtilt ſich das Sehnen. Du erfreueſt mich neu in allen Verhältniſſen, alſo 10 auch im geſtrigen. Lebe wohl, meine Seele, meine Meine. Wie ſol ich dich nennen, Holdeſte? 60. An Karoline Mayer. [Berlin, 1800? 1801?] Meine Kopf-Tortur hörte wie alzeit zur beſtimten Stunde geſtern 15 auf; ich bin alſo heute ſo geſund wie vorgeſtern; und wil daher wieder eben ſo froh ſein d. h. auf deinem Kanapee. Ich komme, Theuerſte, um 7½ Uhr, aber gehe um 10, um morgen zu arbeiten. Dein Blätgen war dein Beſuch, vol Troſt und Blumen. 61. An Karoline Mayer. 20 [Berlin, 1800? 1801?] Beſte! Ich entbehre die heutige Freude ſo ungern als das Ende der geſtrigen. Aber bei der übriggebliebnen Mattigkeit und bei dem Hange zu kleinen Schmerzen darf ich mich heute nicht dem Wein, dem Eſſen und dem Geſpräche überlaſſen. Glaube aber nicht, daß ich krank 25 bin. Ich komme abends zu dir oder wenn du auch bei May biſt, zu ihm. Entſchuldige mich bei dem Guten, deſſen ſchöne Gabe ich heute nicht annehmen darf. Sei froh, Theuerſte. 62. An Karoline Mayer. [Berlin, 1800? 1801?] 30 Dein herliches Blat war mir nöthig, nach dem kurzen Druk von Geſtern, du gute Träumerin. Ach wie leicht iſt deine Furcht zu wider- legen. Aber dieſe komt wieder aus einer andern. — Morgen abends 3*

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:08:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:08:29Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/41>, abgerufen am 24.04.2024.