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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.

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Bringen Sie nicht nur mich ein wenig in das reiche Gedächtnis
des dichterischen und philosophischen Ministers v. Alvensleben --
bei dem es Schade ist, daß er mehr schreiben als drucken lässet --
sondern auch das Kanonikat, das er und Sie allein vom Thronhimmel
herunterrufen können irgend einmal auf den Autor in Meiningen, der5
aber nicht immer da bleibt.

Leben Sie wohl! Und bei der Kraft, womit Ihr Herz das Leben
nimt und lenkt, kan Ihnen dieser Wunsch nicht schwer zu erreichen
fallen.

J. P. F. Richter10
312. An Herzog Georg von Meiningen.
[Kopie]

Monseigneur! Pardonnes a ma liberte et a ma franchise. La
femme qui Vous presente ces lignes, en a voulu de moi, pour
Vous pouvoir porter les plaintes de sa destinee. Elle ne troublera15
par-la les plaisirs d'un Prince dont le plus grand est celui de
soulanger le malheureux.

313. An Herzog Georg von Meiningen.
[Kopie]

pp20

Durch einige schlechte Wilddiebe und Wildspionen unter unserer[198]
Gewerkschaft ist es leider dahin gediehen, daß wir alle mit Stadtarrest
belegt sind. Da wir wenig Vernunft haben -- indem unsere gröste
darin besteht, daß wir saufen und nicht tol sind -- so kan ich nichts
aufsezen; daher nimt sich mein treflicher Chef und Brodherr die Mühe,25
für mich Endes Unterschriebnen mehr als Endes Unterschreibenden,
eine Supplik zu machen

daß ich meinem Chef folgen dürfe, wenn er nach Welkershausen
oder nach Grimmathal geht.

Ich kan Attestate von meinem Prinzipal beibringen, daß ich so30
wenig von der Jagd verstehe als er und daß ich stets hinter seinem
Stok der nächste bin; und die einzige niedere Jagd und freie Pürsch,
die ich mir erlaube, weil mich der R[eichs] Anzeiger dazu ermuntert,
ist zu Zeiten eine Feldmaus. Da ich nun mein Brod bei meinem Brod-

12 Jean Paul Briefe. IV.

Bringen Sie nicht nur mich ein wenig in das reiche Gedächtnis
des dichteriſchen und philoſophiſchen Miniſters v. Alvensleben
bei dem es Schade iſt, daß er mehr ſchreiben als drucken läſſet —
ſondern auch das Kanonikat, das er und Sie allein vom Thronhimmel
herunterrufen können irgend einmal auf den Autor in Meiningen, der5
aber nicht immer da bleibt.

Leben Sie wohl! Und bei der Kraft, womit Ihr Herz das Leben
nimt und lenkt, kan Ihnen dieſer Wunſch nicht ſchwer zu erreichen
fallen.

J. P. F. Richter10
312. An Herzog Georg von Meiningen.
[Kopie]

Monseigneur! Pardonnés à ma liberté et à ma franchise. La
femme qui Vous présente ces lignes, en a voulu de moi, pour
Vous pouvoir porter les plaintes de sa destinée. Elle ne troublera15
par-là les plaisirs d’un Prince dont le plus grand est celui de
soulanger le malheureux.

313. An Herzog Georg von Meiningen.
[Kopie]

pp20

Durch einige ſchlechte Wilddiebe und Wildſpionen unter unſerer[198]
Gewerkſchaft iſt es leider dahin gediehen, daß wir alle mit Stadtarreſt
belegt ſind. Da wir wenig Vernunft haben — indem unſere gröſte
darin beſteht, daß wir ſaufen und nicht tol ſind — ſo kan ich nichts
aufſezen; daher nimt ſich mein treflicher Chef und Brodherr die Mühe,25
für mich Endes Unterſchriebnen mehr als Endes Unterſchreibenden,
eine Supplik zu machen

daß ich meinem Chef folgen dürfe, wenn er nach Welkershauſen
oder nach Grimmathal geht.

Ich kan Atteſtate von meinem Prinzipal beibringen, daß ich ſo30
wenig von der Jagd verſtehe als er und daß ich ſtets hinter ſeinem
Stok der nächſte bin; und die einzige niedere Jagd und freie Pürſch,
die ich mir erlaube, weil mich der R[eichs] Anzeiger dazu ermuntert,
iſt zu Zeiten eine Feldmaus. Da ich nun mein Brod bei meinem Brod-

12 Jean Paul Briefe. IV.
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[177/0184] Bringen Sie nicht nur mich ein wenig in das reiche Gedächtnis des dichteriſchen und philoſophiſchen Miniſters v. Alvensleben — bei dem es Schade iſt, daß er mehr ſchreiben als drucken läſſet — ſondern auch das Kanonikat, das er und Sie allein vom Thronhimmel herunterrufen können irgend einmal auf den Autor in Meiningen, der 5 aber nicht immer da bleibt. Leben Sie wohl! Und bei der Kraft, womit Ihr Herz das Leben nimt und lenkt, kan Ihnen dieſer Wunſch nicht ſchwer zu erreichen fallen. J. P. F. Richter 10 312. An Herzog Georg von Meiningen. [Meiningen, 14. Sept. 1802] Monseigneur! Pardonnés à ma liberté et à ma franchise. La femme qui Vous présente ces lignes, en a voulu de moi, pour Vous pouvoir porter les plaintes de sa destinée. Elle ne troublera 15 par-là les plaisirs d’un Prince dont le plus grand est celui de soulanger le malheureux. 313. An Herzog Georg von Meiningen. [Meiningen, 19. Sept. 1802] pp 20 Durch einige ſchlechte Wilddiebe und Wildſpionen unter unſerer Gewerkſchaft iſt es leider dahin gediehen, daß wir alle mit Stadtarreſt belegt ſind. Da wir wenig Vernunft haben — indem unſere gröſte darin beſteht, daß wir ſaufen und nicht tol ſind — ſo kan ich nichts aufſezen; daher nimt ſich mein treflicher Chef und Brodherr die Mühe, 25 für mich Endes Unterſchriebnen mehr als Endes Unterſchreibenden, eine Supplik zu machen [198] daß ich meinem Chef folgen dürfe, wenn er nach Welkershauſen oder nach Grimmathal geht. Ich kan Atteſtate von meinem Prinzipal beibringen, daß ich ſo 30 wenig von der Jagd verſtehe als er und daß ich ſtets hinter ſeinem Stok der nächſte bin; und die einzige niedere Jagd und freie Pürſch, die ich mir erlaube, weil mich der R[eichs] Anzeiger dazu ermuntert, iſt zu Zeiten eine Feldmaus. Da ich nun mein Brod bei meinem Brod- 12 Jean Paul Briefe. IV.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:08:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:08:29Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/184>, abgerufen am 25.04.2024.