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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.

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zu empfehlen. Dies Blat ist mir ein Tieffurth und Sie müssen meinem
Gedächtnis den Versuch vergeben, in Phantasie überzugehen. Sagen
Sie der Herzogin Mutter oder Mutter Herzogin -- Sie dürfen sich
am ersten versprechen -- die angenehme Nachricht, daß der Sep-
tember 30 Tage hat, welche götlich sind nämlich blau. Ihr Abendroth5
sei hel und weiche nur den hohen Sternen!

[192] 305. An Renate Otto.

Liebe Renata! Da ich zugleich Ihnen und Ihrem Manne eine Ant-
wort schuldig bin: so sollen Sie sie haben. Geben Sie ihm meine auf10
seinen Wunsch meiner Verwendung bei Hardenberg. Ausserdem, daß
ich unbestimt zu unbestimten Aemtern (denn Christoph giebt mir keines
an) nicht bei einem Minister empfehlen kan, hindert mich noch die
Gewisheit, daß Ihr Man weit mehr als jeder Brief von mir und ihm
durchsezen könte, wenn er einmal bei Hardenberg mit dem ganzen15
Werthe seiner persönlichen Darstellung und seiner französischen Sprach-
fertigkeit selber erscheinen und sich ihm für ein Fach, das französische
Sprache und französische Leichtigkeit begehrt, anbieten wolte. Sagen
Sie ihm das. Schreiben an den Minister ist hier nicht so gut als bei
ihm erscheinen.20

Ich hoffe, gute Renata, im künftigen Jahre mit Frau und Kind auf
Ihr Kanapee zu kommen. Sehr verlang' ich nach Ihrem Anblik und
den Nachrichten Ihrer Vergangenheit. Geben Sie mir doch einige
vorher. Wenn Pauline lesen kan, so lese sie hier: guten Abend, Pauline.

Grüssen Sie Ihre lieben Eltern.25

Wir haben uns lange nicht gesehen. Im Nachsommer ist die Zeit,
wo die vergangne vor uns trit und uns alle Szenen und Menschen in
mildem und wehmüthigem Lichte wiederbringt. Da wollen wir auch
an unsere Abende der schönen Gemeinschaft denken. Leben Sie recht
wohl, liebe Renata und schreiben Sie mir bald! Grüssen [Sie] alle30
Ihrige von mir.

R.
306. An Christian Otto.

Brief-Verstokter! (Denn hindernde Geschäfte sind das was ich oft
bei den Mädgen die Gründe nante, etwas zu unterlassen; die Gründe35

zu empfehlen. Dies Blat iſt mir ein Tieffurth und Sie müſſen meinem
Gedächtnis den Verſuch vergeben, in Phantaſie überzugehen. Sagen
Sie der Herzogin Mutter oder Mutter Herzogin — Sie dürfen ſich
am erſten verſprechen — die angenehme Nachricht, daß der Sep-
tember 30 Tage hat, welche götlich ſind nämlich blau. Ihr Abendroth5
ſei hel und weiche nur den hohen Sternen!

[192] 305. An Renate Otto.

Liebe Renata! Da ich zugleich Ihnen und Ihrem Manne eine Ant-
wort ſchuldig bin: ſo ſollen Sie ſie haben. Geben Sie ihm meine auf10
ſeinen Wunſch meiner Verwendung bei Hardenberg. Auſſerdem, daß
ich unbeſtimt zu unbeſtimten Aemtern (denn Christoph giebt mir keines
an) nicht bei einem Miniſter empfehlen kan, hindert mich noch die
Gewisheit, daß Ihr Man weit mehr als jeder Brief von mir und ihm
durchſezen könte, wenn er einmal bei Hardenberg mit dem ganzen15
Werthe ſeiner perſönlichen Darſtellung und ſeiner franzöſiſchen Sprach-
fertigkeit ſelber erſcheinen und ſich ihm für ein Fach, das franzöſiſche
Sprache und franzöſiſche Leichtigkeit begehrt, anbieten wolte. Sagen
Sie ihm das. Schreiben an den Miniſter iſt hier nicht ſo gut als bei
ihm erſcheinen.20

Ich hoffe, gute Renata, im künftigen Jahre mit Frau und Kind auf
Ihr Kanapee zu kommen. Sehr verlang’ ich nach Ihrem Anblik und
den Nachrichten Ihrer Vergangenheit. Geben Sie mir doch einige
vorher. Wenn Pauline leſen kan, ſo leſe ſie hier: guten Abend, Pauline.

Grüſſen Sie Ihre lieben Eltern.25

Wir haben uns lange nicht geſehen. Im Nachſommer iſt die Zeit,
wo die vergangne vor uns trit und uns alle Szenen und Menſchen in
mildem und wehmüthigem Lichte wiederbringt. Da wollen wir auch
an unſere Abende der ſchönen Gemeinſchaft denken. Leben Sie recht
wohl, liebe Renata und ſchreiben Sie mir bald! Grüſſen [Sie] alle30
Ihrige von mir.

R.
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bei den Mädgen die Gründe nante, etwas zu unterlaſſen; die Gründe35

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[172/0179] zu empfehlen. Dies Blat iſt mir ein Tieffurth und Sie müſſen meinem Gedächtnis den Verſuch vergeben, in Phantaſie überzugehen. Sagen Sie der Herzogin Mutter oder Mutter Herzogin — Sie dürfen ſich am erſten verſprechen — die angenehme Nachricht, daß der Sep- tember 30 Tage hat, welche götlich ſind nämlich blau. Ihr Abendroth 5 ſei hel und weiche nur den hohen Sternen! 305. An Renate Otto. Meiningen d. 8. Sept. 1802. Liebe Renata! Da ich zugleich Ihnen und Ihrem Manne eine Ant- wort ſchuldig bin: ſo ſollen Sie ſie haben. Geben Sie ihm meine auf 10 ſeinen Wunſch meiner Verwendung bei Hardenberg. Auſſerdem, daß ich unbeſtimt zu unbeſtimten Aemtern (denn Christoph giebt mir keines an) nicht bei einem Miniſter empfehlen kan, hindert mich noch die Gewisheit, daß Ihr Man weit mehr als jeder Brief von mir und ihm durchſezen könte, wenn er einmal bei Hardenberg mit dem ganzen 15 Werthe ſeiner perſönlichen Darſtellung und ſeiner franzöſiſchen Sprach- fertigkeit ſelber erſcheinen und ſich ihm für ein Fach, das franzöſiſche Sprache und franzöſiſche Leichtigkeit begehrt, anbieten wolte. Sagen Sie ihm das. Schreiben an den Miniſter iſt hier nicht ſo gut als bei ihm erſcheinen. 20 Ich hoffe, gute Renata, im künftigen Jahre mit Frau und Kind auf Ihr Kanapee zu kommen. Sehr verlang’ ich nach Ihrem Anblik und den Nachrichten Ihrer Vergangenheit. Geben Sie mir doch einige vorher. Wenn Pauline leſen kan, ſo leſe ſie hier: guten Abend, Pauline. Grüſſen Sie Ihre lieben Eltern. 25 Wir haben uns lange nicht geſehen. Im Nachſommer iſt die Zeit, wo die vergangne vor uns trit und uns alle Szenen und Menſchen in mildem und wehmüthigem Lichte wiederbringt. Da wollen wir auch an unſere Abende der ſchönen Gemeinſchaft denken. Leben Sie recht wohl, liebe Renata und ſchreiben Sie mir bald! Grüſſen [Sie] alle 30 Ihrige von mir. R. 306. An Chriſtian Otto. Cito.Meiningen d. 6. Sept. 1802. Brief-Verſtokter! (Denn hindernde Geſchäfte ſind das was ich oft bei den Mädgen die Gründe nante, etwas zu unterlaſſen; die Gründe 35

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:08:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:08:29Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/179>, abgerufen am 28.03.2024.