Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.

Bild:
<< vorherige Seite

wenigstens zu deinen litterarischen Akten, nicht litterarischer sondern
politischer Rüksicht wegen, das concepit. --

Was du hier siehst, ist ganz neu angesezte Dinte, wovon ich dir
ein Näpfgen (du magst es dan durch deine verdünnen) mitgebe oder
mitbringe.5

Lebe wohl. Bitte Emanuel um Vergebung daß ich nichts an ihn
schrieb als 8 Seiten, nämlich diese. Grüsse Amöne. --

*171. An Ludwig Roentgen in Esens. [108]

Vergieb meinem unsäglichen Brief- und Bücher-Schreiben und10
Lesen jede Kürze.

Du kanst meinen ersten Brief drucken lassen, aber blos mit deinem
von meiner Frau hier kopierten, als dem Text und Defensor des
meinigen.

Du hast alle meine Werke; unbedeutende herumirrende Raupen*)15
fang ich einmal als Schmetterlinge unter die Glastafel ein. -- Die
Auswahl aus des Teufels Papieren ist nicht mehr im Buchhandel;
ausser in den Palingenesien und in künftigen Erben derselben. -- Ha-
mans "Kreuzzüge eines Philologen" und andere immer nur 1 Bogen
starke Werkgen sind ausser dem gegen Mendelssohns Jerusalem ge-20
schriebenen Golgatha und Scheblimini, nicht mehr im Umlauf; aber
Herder oder F. Jacobi, oder in der Noth ich rufen bald einmal diesen
Riesen aus seiner Höhle. In den ersten Bänden der Litteraturbriefe
findest du mehrere Briefe von ihm und über ihn.

In Rüksicht der näheren Verleger könt' ich dich nur an Perthes in25
Hamburg und Wilmans in Bremen verweisen, beide auch Verleger
eignen Menschenwerths. Ich wolte, du hättest einen närrischen Titel
gewählt: z. B. Gebetbuch aus Romanen gezogen, oder thätest es
noch. Das Buch liefe leichter, wie ein Mensch mit einem Rathstitel.

Du meinst es wie ich glaube, sehr gut mit den Menschen; darum30
geh es dir sanft und die Wolken des Lebens mögen dir nur einen leichten
Sommerschatten geben, der über Ernten fliegt. Da ich gewis einmal
deinem Nordpol zureise, wo ich noch so viele Germanismen der alt-

*) In den Mixturen unter dem Buchstaben H, in Archenholz Litteratur und
Völkerkunde unter dem Namen Hasus -- endlich die grönländischen Prozesse.35

wenigſtens zu deinen litterariſchen Akten, nicht litterariſcher ſondern
politiſcher Rükſicht wegen, das concepit.

Was du hier ſiehſt, iſt ganz neu angeſezte Dinte, wovon ich dir
ein Näpfgen (du magſt es dan durch deine verdünnen) mitgebe oder
mitbringe.5

Lebe wohl. Bitte Emanuel um Vergebung daß ich nichts an ihn
ſchrieb als 8 Seiten, nämlich dieſe. Grüſſe Amöne.

*171. An Ludwig Roentgen in Eſens. [108]

Vergieb meinem unſäglichen Brief- und Bücher-Schreiben und10
Leſen jede Kürze.

Du kanſt meinen erſten Brief drucken laſſen, aber blos mit deinem
von meiner Frau hier kopierten, als dem Text und Defenſor des
meinigen.

Du haſt alle meine Werke; unbedeutende herumirrende Raupen*)15
fang ich einmal als Schmetterlinge unter die Glastafel ein. — Die
Auswahl aus des Teufels Papieren iſt nicht mehr im Buchhandel;
auſſer in den Palingeneſien und in künftigen Erben derſelben. — Ha-
mans „Kreuzzüge eines Philologen“ und andere immer nur 1 Bogen
ſtarke Werkgen ſind auſſer dem gegen Mendelsſohns Jeruſalem ge-20
ſchriebenen Golgatha und Scheblimini, nicht mehr im Umlauf; aber
Herder oder F. Jacobi, oder in der Noth ich rufen bald einmal dieſen
Rieſen aus ſeiner Höhle. In den erſten Bänden der Litteraturbriefe
findeſt du mehrere Briefe von ihm und über ihn.

In Rükſicht der näheren Verleger könt’ ich dich nur an Perthes in25
Hamburg und Wilmans in Bremen verweiſen, beide auch Verleger
eignen Menſchenwerths. Ich wolte, du hätteſt einen närriſchen Titel
gewählt: z. B. Gebetbuch aus Romanen gezogen, oder thäteſt es
noch. Das Buch liefe leichter, wie ein Menſch mit einem Rathstitel.

Du meinſt es wie ich glaube, ſehr gut mit den Menſchen; darum30
geh es dir ſanft und die Wolken des Lebens mögen dir nur einen leichten
Sommerſchatten geben, der über Ernten fliegt. Da ich gewis einmal
deinem Nordpol zureiſe, wo ich noch ſo viele Germaniſmen der alt-

*) In den Mixturen unter dem Buchſtaben H, in Archenholz Litteratur und
Völkerkunde unter dem Namen Hasus — endlich die grönländiſchen Prozeſſe.35
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0101" n="95"/>
wenig&#x017F;tens zu deinen litterari&#x017F;chen Akten, nicht litterari&#x017F;cher &#x017F;ondern<lb/>
politi&#x017F;cher Rük&#x017F;icht wegen, das <hi rendition="#aq">concepit.</hi> &#x2014;</p><lb/>
        <p>Was du hier &#x017F;ieh&#x017F;t, i&#x017F;t ganz neu ange&#x017F;ezte Dinte, wovon ich dir<lb/>
ein Näpfgen (du mag&#x017F;t es dan durch deine verdünnen) mitgebe oder<lb/>
mitbringe.<lb n="5"/>
</p>
        <p>Lebe wohl. Bitte Emanuel um Vergebung daß ich nichts an ihn<lb/>
&#x017F;chrieb als 8 Seiten, nämlich die&#x017F;e. Grü&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">Amöne.</hi> &#x2014;</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>*171. An <hi rendition="#g">Ludwig Roentgen in E&#x017F;ens.</hi> <note place="right"><ref target="1922_Bd4_108">[108]</ref></note></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Meiningen d. 2. Aug.</hi> 1801.</hi> </dateline><lb/>
        <p>Vergieb meinem un&#x017F;äglichen Brief- und Bücher-Schreiben und<lb n="10"/>
Le&#x017F;en jede Kürze.</p><lb/>
        <p>Du kan&#x017F;t meinen er&#x017F;ten Brief drucken la&#x017F;&#x017F;en, aber blos mit deinem<lb/>
von meiner Frau hier kopierten, als dem Text und Defen&#x017F;or des<lb/>
meinigen.</p><lb/>
        <p>Du ha&#x017F;t <hi rendition="#g">alle</hi> meine Werke; unbedeutende herumirrende Raupen<note place="foot" n="*)">In den Mixturen unter dem Buch&#x017F;taben H, in Archenholz Litteratur und<lb/>
Völkerkunde unter dem Namen <hi rendition="#aq">Hasus</hi> &#x2014; endlich die grönländi&#x017F;chen Proze&#x017F;&#x017F;e.<lb n="35"/>
</note><lb n="15"/>
fang ich einmal als Schmetterlinge unter die Glastafel ein. &#x2014; Die<lb/>
Auswahl aus des Teufels Papieren i&#x017F;t nicht mehr im Buchhandel;<lb/>
au&#x017F;&#x017F;er in den Palingene&#x017F;ien und in künftigen Erben der&#x017F;elben. &#x2014; Ha-<lb/>
mans &#x201E;Kreuzzüge eines Philologen&#x201C; und andere immer nur 1 Bogen<lb/>
&#x017F;tarke Werkgen &#x017F;ind au&#x017F;&#x017F;er dem gegen Mendels&#x017F;ohns Jeru&#x017F;alem ge-<lb n="20"/>
&#x017F;chriebenen Golgatha und Scheblimini, nicht mehr im Umlauf; aber<lb/>
Herder oder F. Jacobi, oder in der Noth ich rufen bald einmal die&#x017F;en<lb/>
Rie&#x017F;en aus &#x017F;einer Höhle. In den er&#x017F;ten Bänden der Litteraturbriefe<lb/>
finde&#x017F;t du mehrere Briefe von ihm und über ihn.</p><lb/>
        <p>In Rük&#x017F;icht der näheren Verleger könt&#x2019; ich dich nur an Perthes in<lb n="25"/>
Hamburg und Wilmans in Bremen verwei&#x017F;en, beide auch Verleger<lb/>
eignen Men&#x017F;chenwerths. Ich wolte, du hätte&#x017F;t einen närri&#x017F;chen Titel<lb/>
gewählt: z. B. Gebetbuch aus Romanen gezogen, oder thäte&#x017F;t es<lb/>
noch. Das Buch liefe leichter, wie ein Men&#x017F;ch mit einem Rathstitel.</p><lb/>
        <p>Du mein&#x017F;t es wie ich glaube, &#x017F;ehr gut mit den Men&#x017F;chen; darum<lb n="30"/>
geh es dir &#x017F;anft und die Wolken des Lebens mögen dir nur einen leichten<lb/>
Sommer&#x017F;chatten geben, der über Ernten fliegt. Da ich gewis einmal<lb/>
deinem Nordpol zurei&#x017F;e, wo ich noch &#x017F;o viele Germani&#x017F;men der alt-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0101] wenigſtens zu deinen litterariſchen Akten, nicht litterariſcher ſondern politiſcher Rükſicht wegen, das concepit. — Was du hier ſiehſt, iſt ganz neu angeſezte Dinte, wovon ich dir ein Näpfgen (du magſt es dan durch deine verdünnen) mitgebe oder mitbringe. 5 Lebe wohl. Bitte Emanuel um Vergebung daß ich nichts an ihn ſchrieb als 8 Seiten, nämlich dieſe. Grüſſe Amöne. — *171. An Ludwig Roentgen in Eſens. Meiningen d. 2. Aug. 1801. Vergieb meinem unſäglichen Brief- und Bücher-Schreiben und 10 Leſen jede Kürze. Du kanſt meinen erſten Brief drucken laſſen, aber blos mit deinem von meiner Frau hier kopierten, als dem Text und Defenſor des meinigen. Du haſt alle meine Werke; unbedeutende herumirrende Raupen *) 15 fang ich einmal als Schmetterlinge unter die Glastafel ein. — Die Auswahl aus des Teufels Papieren iſt nicht mehr im Buchhandel; auſſer in den Palingeneſien und in künftigen Erben derſelben. — Ha- mans „Kreuzzüge eines Philologen“ und andere immer nur 1 Bogen ſtarke Werkgen ſind auſſer dem gegen Mendelsſohns Jeruſalem ge- 20 ſchriebenen Golgatha und Scheblimini, nicht mehr im Umlauf; aber Herder oder F. Jacobi, oder in der Noth ich rufen bald einmal dieſen Rieſen aus ſeiner Höhle. In den erſten Bänden der Litteraturbriefe findeſt du mehrere Briefe von ihm und über ihn. In Rükſicht der näheren Verleger könt’ ich dich nur an Perthes in 25 Hamburg und Wilmans in Bremen verweiſen, beide auch Verleger eignen Menſchenwerths. Ich wolte, du hätteſt einen närriſchen Titel gewählt: z. B. Gebetbuch aus Romanen gezogen, oder thäteſt es noch. Das Buch liefe leichter, wie ein Menſch mit einem Rathstitel. Du meinſt es wie ich glaube, ſehr gut mit den Menſchen; darum 30 geh es dir ſanft und die Wolken des Lebens mögen dir nur einen leichten Sommerſchatten geben, der über Ernten fliegt. Da ich gewis einmal deinem Nordpol zureiſe, wo ich noch ſo viele Germaniſmen der alt- *) In den Mixturen unter dem Buchſtaben H, in Archenholz Litteratur und Völkerkunde unter dem Namen Hasus — endlich die grönländiſchen Prozeſſe. 35

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:08:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:08:29Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/101
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/101>, abgerufen am 20.04.2024.