Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

Bild:
<< vorherige Seite
20. An Thieriot.

Meine ganze Fern- oder Naheschreibekunst ist diese nach Ihrem
lieben Briefe, daß ich nach 8 Uhr komme.

R.
21. An Emanuel in Bayreuth.[21]5

Mein immer Geliebter! Diesen Namen geben Ihnen beinahe auch
meine Ihnen unbekanten Freunde, besonders Oertel, dem ich Sie so
treu malte, daß er Sie schon jezt zu sich und seinem Weibe auf seinem
Landhaus einlädt. -- Freuden und Geschäfte ziehen zwar ihre stür-10
mischen Wirbel um mich; aber mein Inneres bewegt sich nicht als aus
Liebe. Täglich werden meiner Arbeiten, Bücher, Bekantschaften und
Zerstreuungen mehr: Christian könte Ihnen wohl etwas von meinen
hiesigen Fatis berichten, da es mir unmöglich ist, meine Geschichte
2 mal zu erzählen.15

Es wird Sie meine Nachricht freuen, daß die Juden in Berlin den
aufgeklärtern Theil Berlins ausmachen -- daß sie die jüdische Noblesse
heissen -- fremde Künstler und Gelehrte an sich ziehen -- in Grauns
Passion gegen sich selber singen und zu wizig sind.

Vorn am neuen Hesperus siz' ich en face, abscheulich und unkentlich20
zugleich. --

Ihre Bemerkung, daß die Menge der Scheidenden den Abschied er-
leichtere, ist fein und wahr.

Schreiben Sie mir bald. Herzliche Grüsse an Schaefer und Elrodt
und an den leider zu spät gesehenen Seebek.25

Ewig und gleich heis bleibt meine Achtung und Liebe für meinen
unersezlichen Emanuel. Mög' endlich einmal das Schiksal, das ihm
so viel nahm, der Natur nachahmen, die ihm so viel gab! -- Theuerster,
Sie wissen nicht wie gros und wie ewig die Liebe ist, die in Ihrem
Freunde das Herz für Sie bewegt! --30

Richter
[Adr.] Meinem Emanuel.
22. An Karoline Herold.
[Kopie]

Alle Tage unsrer vorigen Liebe werden erbleichen und erkalten vor35

2*
20. An Thieriot.

Meine ganze Fern- oder Naheſchreibekunſt iſt dieſe nach Ihrem
lieben Briefe, daß ich nach 8 Uhr komme.

R.
21. An Emanuel in Bayreuth.[21]5

Mein immer Geliebter! Dieſen Namen geben Ihnen beinahe auch
meine Ihnen unbekanten Freunde, beſonders Oertel, dem ich Sie ſo
treu malte, daß er Sie ſchon jezt zu ſich und ſeinem Weibe auf ſeinem
Landhaus einlädt. — Freuden und Geſchäfte ziehen zwar ihre ſtür-10
miſchen Wirbel um mich; aber mein Inneres bewegt ſich nicht als aus
Liebe. Täglich werden meiner Arbeiten, Bücher, Bekantſchaften und
Zerſtreuungen mehr: Chriſtian könte Ihnen wohl etwas von meinen
hieſigen Fatis berichten, da es mir unmöglich iſt, meine Geſchichte
2 mal zu erzählen.15

Es wird Sie meine Nachricht freuen, daß die Juden in Berlin den
aufgeklärtern Theil Berlins ausmachen — daß ſie die jüdiſche Nobleſſe
heiſſen — fremde Künſtler und Gelehrte an ſich ziehen — in Grauns
Paſſion gegen ſich ſelber ſingen und zu wizig ſind.

Vorn am neuen Hesperus ſiz’ ich en face, abſcheulich und unkentlich20
zugleich. —

Ihre Bemerkung, daß die Menge der Scheidenden den Abſchied er-
leichtere, iſt fein und wahr.

Schreiben Sie mir bald. Herzliche Grüſſe an Schaefer und Elrodt
und an den leider zu ſpät geſehenen Seebek.25

Ewig und gleich heis bleibt meine Achtung und Liebe für meinen
unerſezlichen Emanuel. Mög’ endlich einmal das Schikſal, das ihm
ſo viel nahm, der Natur nachahmen, die ihm ſo viel gab! — Theuerſter,
Sie wiſſen nicht wie gros und wie ewig die Liebe iſt, die in Ihrem
Freunde das Herz für Sie bewegt! —30

Richter
[Adr.] Meinem Emanuel.
22. An Karoline Herold.
[Kopie]

Alle Tage unſrer vorigen Liebe werden erbleichen und erkalten vor35

2*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0025" n="19"/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>20. An <hi rendition="#g">Thieriot.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Leipzig, Nov. oder Dez. 1797]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Meine ganze Fern- oder Nahe&#x017F;chreibekun&#x017F;t i&#x017F;t die&#x017F;e nach Ihrem<lb/>
lieben Briefe, daß ich nach 8 Uhr komme.</p>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#sameLine"> <hi rendition="#right">R.</hi> </hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>21. An <hi rendition="#g">Emanuel in Bayreuth.</hi><note place="right"><ref target="1922_Bd3_21">[21]</ref></note><lb n="5"/>
</head>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Leipzig d. 5 Dec.</hi> 97.</hi> </dateline><lb/>
        <p>Mein immer Geliebter! Die&#x017F;en Namen geben Ihnen beinahe auch<lb/>
meine Ihnen unbekanten Freunde, be&#x017F;onders Oertel, dem ich Sie &#x017F;o<lb/>
treu malte, daß er Sie &#x017F;chon jezt zu &#x017F;ich und &#x017F;einem Weibe auf &#x017F;einem<lb/>
Landhaus einlädt. &#x2014; Freuden und Ge&#x017F;chäfte ziehen zwar ihre &#x017F;tür-<lb n="10"/>
mi&#x017F;chen Wirbel um mich; aber mein Inneres bewegt &#x017F;ich nicht als aus<lb/>
Liebe. Täglich werden meiner Arbeiten, Bücher, Bekant&#x017F;chaften und<lb/>
Zer&#x017F;treuungen mehr: Chri&#x017F;tian könte Ihnen wohl etwas von meinen<lb/>
hie&#x017F;igen Fatis berichten, da es mir unmöglich i&#x017F;t, meine Ge&#x017F;chichte<lb/>
2 mal zu erzählen.<lb n="15"/>
</p><lb/>
        <p>Es wird Sie meine Nachricht freuen, daß die Juden in Berlin den<lb/>
aufgeklärtern Theil Berlins ausmachen &#x2014; daß &#x017F;ie die jüdi&#x017F;che Noble&#x017F;&#x017F;e<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;en &#x2014; fremde Kün&#x017F;tler und Gelehrte an &#x017F;ich ziehen &#x2014; in Grauns<lb/>
Pa&#x017F;&#x017F;ion gegen &#x017F;ich &#x017F;elber &#x017F;ingen und zu wizig &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>Vorn am neuen <hi rendition="#aq">Hesperus</hi> &#x017F;iz&#x2019; ich <hi rendition="#aq">en face,</hi> ab&#x017F;cheulich und unkentlich<lb n="20"/>
zugleich. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Ihre Bemerkung, daß die Menge der Scheidenden den Ab&#x017F;chied er-<lb/>
leichtere, i&#x017F;t fein und wahr.</p><lb/>
        <p>Schreiben Sie mir bald. Herzliche Grü&#x017F;&#x017F;e an <hi rendition="#aq">Schaefer</hi> und <hi rendition="#aq">Elrodt</hi><lb/>
und an den leider zu &#x017F;pät ge&#x017F;ehenen <hi rendition="#aq">Seebek.</hi><lb n="25"/>
</p><lb/>
        <p>Ewig und gleich heis bleibt meine Achtung und Liebe für meinen<lb/>
uner&#x017F;ezlichen <hi rendition="#aq">Emanuel.</hi> Mög&#x2019; endlich einmal das Schik&#x017F;al, das ihm<lb/>
&#x017F;o viel nahm, der Natur nachahmen, die ihm &#x017F;o viel gab! &#x2014; Theuer&#x017F;ter,<lb/>
Sie wi&#x017F;&#x017F;en nicht wie gros und wie ewig die Liebe i&#x017F;t, die in Ihrem<lb/>
Freunde das Herz für Sie bewegt! &#x2014;<lb n="30"/>
</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">Richter</hi> </salute><lb/>
          <address>
            <addrLine>[Adr.] Meinem <hi rendition="#aq">Emanuel.</hi></addrLine>
          </address>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>22. An <hi rendition="#g">Karoline Herold.</hi></head><lb/>
        <note type="editorial">[Kopie]</note>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Leipzig, 5. Dez. 1797]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Alle Tage un&#x017F;rer vorigen Liebe werden erbleichen und erkalten vor<lb n="35"/>
<fw place="bottom" type="sig">2*</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0025] 20. An Thieriot. [Leipzig, Nov. oder Dez. 1797] Meine ganze Fern- oder Naheſchreibekunſt iſt dieſe nach Ihrem lieben Briefe, daß ich nach 8 Uhr komme. R. 21. An Emanuel in Bayreuth. 5 Leipzig d. 5 Dec. 97. Mein immer Geliebter! Dieſen Namen geben Ihnen beinahe auch meine Ihnen unbekanten Freunde, beſonders Oertel, dem ich Sie ſo treu malte, daß er Sie ſchon jezt zu ſich und ſeinem Weibe auf ſeinem Landhaus einlädt. — Freuden und Geſchäfte ziehen zwar ihre ſtür- 10 miſchen Wirbel um mich; aber mein Inneres bewegt ſich nicht als aus Liebe. Täglich werden meiner Arbeiten, Bücher, Bekantſchaften und Zerſtreuungen mehr: Chriſtian könte Ihnen wohl etwas von meinen hieſigen Fatis berichten, da es mir unmöglich iſt, meine Geſchichte 2 mal zu erzählen. 15 Es wird Sie meine Nachricht freuen, daß die Juden in Berlin den aufgeklärtern Theil Berlins ausmachen — daß ſie die jüdiſche Nobleſſe heiſſen — fremde Künſtler und Gelehrte an ſich ziehen — in Grauns Paſſion gegen ſich ſelber ſingen und zu wizig ſind. Vorn am neuen Hesperus ſiz’ ich en face, abſcheulich und unkentlich 20 zugleich. — Ihre Bemerkung, daß die Menge der Scheidenden den Abſchied er- leichtere, iſt fein und wahr. Schreiben Sie mir bald. Herzliche Grüſſe an Schaefer und Elrodt und an den leider zu ſpät geſehenen Seebek. 25 Ewig und gleich heis bleibt meine Achtung und Liebe für meinen unerſezlichen Emanuel. Mög’ endlich einmal das Schikſal, das ihm ſo viel nahm, der Natur nachahmen, die ihm ſo viel gab! — Theuerſter, Sie wiſſen nicht wie gros und wie ewig die Liebe iſt, die in Ihrem Freunde das Herz für Sie bewegt! — 30 Richter [Adr.] Meinem Emanuel. 22. An Karoline Herold. [Leipzig, 5. Dez. 1797] Alle Tage unſrer vorigen Liebe werden erbleichen und erkalten vor 35 2*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/25
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/25>, abgerufen am 19.04.2024.